Ausnahmewinzer Willi Bründlmayer aus Langenlois hat mit einem Meisterstück die Vinaria Verkostung mittelgewichtiger Rieslinge gewonnen und streut der Lage Rosen: „Jeder Quadratmeter ist ein weltweit einzigartiges Stück Weinkultur!“

Vinaria: Wie gelingt ein vielschichtiger, eleganter Wein in einer derart warmen, reifen Lage wie dem Heiligenstein?

Willi Bründlmayer: Glücklicherweise stammt mittlerweile auch der normale Heiligenstein aus wirklich voll erwachsenen Reben, die tief im Gestein wurzeln und so klimatische Extreme gut wegstecken. Gewisse Anpassungen an das wärmer werdende Klima haben wir schon vorgenommen, beispielsweise: Triebe entfernen, dass der Wind gut durchs Laubwerk ziehen kann, nicht zu viel Ertrag, über den Trauben genug Laub als Sonnenschutz  belassen, zwei Wochen früher lesen als noch vor 20 oder 30 Jahren:

Ist die Riede Heiligenstein homogen?

Geologisch ist die Lage durch das etwa 250 Millionen Jahre alte Permgestein des Heiligenstein recht homogen und einzigartig, manche Inseln verweisen auch auf kleine Lössablagerungen, an manchen Stellen findet man Kalkeinschlüsse und am Hangfuss des Heiligensteins gibt es fruchtbare, von oben angeschwemmt Braunerde. Auf jeden Fall ist jeder Quadratmeter ein weltweit einzigartiges Stück Weinkultur.

Die Unterschiede des Mikroklimas innerhalb der Lage sind bedeutender als die geologischen Unterschiede: Auf der westlicheren Zöbinger Seite zieht kühlen Waldviertler Luft ins Donautal, man kann die frische Brise sehr gut bei Sonnenuntergang spüren. Die Ostseite Richtung Kammern und Ried Lamm ist windgeschützter und bringt etwas wuchtigere Rieslinge hervor. Bründlmayer Heiligenstein ist immer westliches Mittelstück, Urried Heiligenstein.

Warum machen Sie drei unterschiedliche Heiligenstein-Rieslinge?

Die Einführung der Alten Reben gehen auf den Jahrgang 1988 zurück, als ich den historischen Weingarten von Franz Führer übernehmen durfte, mit vielen Rebstöcken noch aus den 1920er Jahren. Natürlich wollte ich wissen, wie diese alten Reben für sich allein genommen schmecken. Die Einführung der Lyraerziehung begann in den 1980er Jahren. Durch die Architektur der Reben können die Blätter besser beschattet werden, die Aromen bleiben frisch, lebendig und ausdruckstark. 1997 kelterten wir den ersten Heiligenstein Lyra, der Vergleich dreier Archetypen des Heiligenstein über all die Jahre war für uns alle extrem lehrreich.

Ob wir die Trennung in drei Heiligenstein Weine 2020 noch beibehalten werden? Ich kann das jetzt noch nicht sagen, da steckt sehr viel Herzblut drinnen. Diese Frage wird demokratisch entschieden werden. Unsere Liste an Lagen und Weinen ist extrem umfangreich und jeder Kellermitarbeiter wäre glücklich, wenn wir unsere Sorten-, Lagen- und Typenvielfalt etwas straffen würden. 2019 ist ein wahrhaft großer Jahrgang, es wäre nicht unvernünftig, damit mit einem Ausrufzeichen die Aufteilung in 3 x Heiligenstein Weine zu beenden. Aber 2020 ist auch das Geburtsjahr eines Enkelkindes, da will man schon auch extra spannende und reifefähige Weine hinterlassen.

Wie würden Sie den einzigartigen Heiligenstein-Charakter beschreiben?

Ja, der Charakter des Heiligenstein ist einzigartig und unterscheidet sich von allen anderen Rieslingen. Wir bewirtschaften unter anderem auch die sehr wichtige Spitzenried Steinmassl, wo die Reben auf dem typischen Gesteinstyp Gneiss/Amphibolit/Quarz gedeihen. Heiligenstein ist immer anders: Vorerst zurückhaltender, vornehm, sich allmählich öffnend, nie zu rustikal breit, immer etwas Zitrusfrische im Nachklang und unendlich feine typische Heiligenstein Würze.