Rosé & Schilcher 2019 – Österreichs größte Roséwein-Verkostung, organisiert von Vinaria. Der Weststeirer Christian Reiterer fuhr dabei einen 3-fach-Erfolg ein: Gesamtsieg, bester Schilcher 2019 und Landessieg in der (West)Steiermark. Vinaria bat ihn zum Interview.

Vinaria: Gratulation zum Siegerwein aus dem Engelweingarten. Was zeichnet die Lage aus?

Christian Reiterer: Der Engelweingarten ist eine sehr karge Lage mit ganz geringer Humusauflage und zeigt seine „Bodenschätze“ schon an der Oberfläche: Bei Sonnenschein sieht man überall das Katzensilber glitzern! Diesem Boden verdanken die Weine ihre tiefe Mineralik, der späten Reife – bedingt durch kühle Winde von der Koralpe – eine besondere Würze und Komplexität. Das volle Ausreifen der Trauben ist hier dennoch kein Problem, denn der Weinberg ist nach Süden und Osten exponiert, und das Gestein im Untergrund speichert die Wärme des Tages und gibt sie in der Nacht wieder ab. Die Rebstöcke, von denen unser Lagen-Schilcher stammt, sind inzwischen mehr als 45 Jahre alt und bringen bei geringen Erträgen ein Maximum an Finesse und mineralischer Würze in den Wein.

Vinaria: Engelweingarten klingt ja himmlisch: woher kommt der Name?

Christian Reiterer: Tatsächlich ist der Engelweingarten ein himmlischer Platz, auch wenn es hier oben im Sommer höllisch heiß werden kann. Für mich ist der Engelweingarten allein schon deshalb etwas ganz Besonderes, weil es sich um eine Monopol-Lage handelt, die ausschließlich von uns bewirtschaftet wird. Ich empfinde ihn aber auch als echten Kraftplatz, und wenn ich da im Sommer bei 35 Grad ganz oben stehe und hinten auf den Felsen liegen die Eidechsen in der Sonne, dann spüre ich, dass ich hier Kraft tanken kann. Diese Lage, von der aus ich bis zur Koralpe über das ganze Sulmtal bis zur Riegersburg und nach Graz sehen kann, hat für mich etwas Mystisches.

Vinaria: Die Steiermark ist klimatisch anders als der Donauraum oder Pannonien. Wie sehen Sie die drei heißen Jahrgänge 2019, 2018 und 2017 im Vergleich? 

Christian Reiterer: ür uns waren das drei sehr gute Jahrgänge in Folge, aber der 2019er ist davon sicher der beste – und einer der besten, die ich in meiner Winzer-Laufbahn erlebt habe. Die Trauben sind nicht nur voll ausgereift, was wunderbar kraftvolle und saftige Weine gebracht hat. Sie werden auch von einer sehr harmonischen und lebendigen Säure gestützt, was in Summe einen wunderbaren Trinkfluss ergibt. Zwar waren alle drei Jahrgänge sehr heiß, aber hier kommt dem Schilcher, sprich: der Blauen Wildbachertraube ihre sortentypische Frische und Säure sehr zugute.

Vinaria: Auch Lamberg und Klassik haben in der Verkostung sehr gut abgeschnitten. Was ist der Unterschied zum Engelweingarten?

Christian Reiterer: Die Trauben für den Klassik stammen bei uns von verschiedenen Lagen, unter anderem auch von den Junganlagen am Engelweingarten, und der Klassik-Rosé wird auch früher gefüllt. Hier geht es vor allem um Frische und Fruchtigkeit. Engelweingarten und Lamberg dürfen länger reifen und kommen erst im Mai auf den Markt. Der unterschiedliche Charakter der beiden Weine spiegelt die Unterschiede dieser sehr spezifischen Lagen wider, die 28 Kilometer voneinander entfernt liegen.

Vinaria: Blauer Wildbacher wird derzeit fast ausschließlich als Schilcher Rosé vermarktet. Wird es aufgrund des Klimawandels in Zukunft mehr Wildbacher-Rotwein geben?

Christian Reiterer: Aufgrund der extrem hohen Reife der Trauben haben wir vom Jahrgang 2019 erstmals auch einen Rotwein vom Blauen Wildbacher gekeltert und freuen uns schon sehr auf dessen Premiere. Generell wird der Rotwein vom Wildbacher von der Menge her sicher keine allzu bedeutende Rolle spielen. Dennoch ist es spannend, das Potenzial dieser einzigartigen Rebsorte auch beim Rotwein auszuloten, der mit seinem kräftigen Gerbstoff und seiner dunkelbeerigen Frucht einen eigenständigen Charakter hat und damit das Zeug zu einer regionalen Spezialität mitbringt.