Aus dem Gartenhotel Erika wird zur Wintersaison das Erika Boutiquehotel Kitzbühel: dahinter steht der derzeit skandalumwittertste Industrielle Deutschlands, Clemens Tönnies (64). In seiner Riesen-Fleischfabrik brach Covid-19 aus, m Kreuzfeuer stehen zudem katastrophale Arbeitsbedingungen.


1897 erbaut, zählt das Gartenhotel Erika zu den bekanntesten Häusern in Kitzbühel. Hinter der Jugendstil-Fassade streift das Hotel jetzt sein plüschiges Interieur ab und wird sich künftig als Boutiquehotel präsentieren. Die Neueröffnung ist für Mitte Dezember 2020 als „Erika Boutiquehotel“ geplant. Mit der Frischekur will die Eigentümerfamilie Tönnies und der Betreiber, die arcona Hotels & Resorts aus Rostock (Deutschland), modernem Lifestyle forcieren und künftig auf Ganzjahresbetrieb umstellen. Tönnies kaufte das Hotel 2018 um rund 19 Mio Euro, damals mit einem Partner aus der Immobilienbranche, der Hanseatic Group.

Alle 55 Zimmer und Suiten des Hotels mit über 100 Betten werden renoviert, ebenso Restaurant, Lounge und Bar. Der Wellnessbereich wird ebenfalls umgestaltet. Direktor Christian Krempl, der das Hotel seit November 2019 leitet, setzt künftig auf Nachhaltigkeit und Regionalität auf allen Ebenen.

Corona-Skandal um Eigentümer - Für Aufsehen sorgt einstweilen weniger der geplante Umbau als der Eigentümer der Immobilie, der Industrielle Clemens Tönnis. In seiner Fleischfabrik in Nordrhein-Westfalen, der größten Deutschlands und Europas größtem Schweineschlachtbetrieb, brach vor wenigen Wochen eine gewaltige Covid-19-Neuinfektionswelle aus. Mittlerweile stehen tausende Menschen unter Quarantäne, in der ganzen Region wurde das öffentliche Leben wieder herunter gefahren, Schulen geschlossen.

Die Tönnies Holding beschäftigt 16.500 Mitarbeiter und setzte 2019 satte 6,65 Milliarden Euro um. Dafür wurden unter anderem 17 Millionen Schweine geschlachtet. Etwa die Häfte der Mitarbeiter ist im Großbetrieb beschäftigt, in dem Covid-19 ausbrach. Medien, Behörden und Politker machen die katastrophalen Arbeits- und Lebensbedingungen der großteils aus Osteuropa stammenden Arbeiter dafür verantwortlich. Diese hausen dem Vernehmen nach in „Wohncontainern“ unter katastrophalen Umständen und mangelnder Hygiene. Die Tönnies Holding bestreitet die Vorwürfe.

Tönnies steht in der deutschen Fleischindustrie nicht alleine da. Der Skandal um Tönnies soll nun tiefgreifende und strukturelle Änderungen anstoßen. Clemens Tönnies ist zudem Präsident des deutschen Fussball-Erstligisten FC Schalke 04 und geriet kürzlich wegen rassistischer Äußerungen an einer weiteren Front ins Kreuzfeuer der Kritik. Er musste sich dafür entschuldigen.

Riesige Kartellstrafe - Auch Kartellverstöße und Preisabsprachen begleiten die jüngere Geschichte des Fleischunternehmers Tönnies. Am Ende stand vor wenigen Jahren eine satte Kartellstrafe über 128 Mio Euro wegen Preisabsprachen. Der entging die betroffene Firma, die ebenfalls Tönnies gehörende Zur-Mühlen-Gruppe, angeblich durch einen Trick in der Firmenkinstruktion. Die Tiroler Tageszeitung wußte 2018 rund um den Kauf des Gartenhotels Erika zu berichten:

Beim zweiten Investor handelt es sich um den deutschen Fleischunternehmer Clemens Tönnies. Er ist Aufsichtsratschef des deutschen Fußball-Bundesligisten Schalke 04…. Vor allem aber ist Clemens Tönnies Miteigentümer des deutschen Lebensmittelkonzerns Tönnies Holding …. sowie Alleineigentümer der Zur-Mühlen-Gruppe, die Fleisch und Würste produziert. Das deutsche Kartellamt hatte Töchter der Zur-Mühlen-Gruppe wegen Preisabsprachen im Zuge des „Wurstkartells“ zu 128 Millionen Euro Strafe verdonnert. Die Zur-Mühlen-Gruppe entging aber der Strafe, weil die betroffenen Tochterfirmen auf andere Gesellschaften der Gruppe übertragen und sie anschließend liquidiert wurden. Da die Tochterfirmen rechtlich nicht mehr existierten, gab es für die Strafbescheide keinen Adressaten mehr und die Verfahren wurden eingestellt.