Das Traiskirchner Weingut Johann Stadlmann hat den besten Zierfandler gestellt in der großen Vinaria Verkostung Thermenregion in Weiß. Bernhard Stadlmann im Interview über die schwer zu zähmende Diva in seinem Keller, die Rivalität seiner beiden Toplagen, Selektionen und Klone.

2021 Zierfandler Ried Traiskirchner Igeln © Weingut Stadlmann

Vinaria: Ihre Lagen-Zierfandler haben beeindruckt – welchen Stellenwert hat die Sorte im Betrieb? 

Bernhard Stadlmann: Die traditionsreiche Sorte Zierfandler hat für uns schon seit Generationen hohen Stellenwert; sie war auch immer Basis für die wertvollsten Weine rund um Gumpoldskirchen. Im Sortiment stehen heute vier (trockene) Zierfandler-Weine. In manchen Jahren erlaubt uns die Natur, zusätzlich hohe Prädikatsweine zu ernten.

Vinaria: Zierfandler gilt bei vielen als schwer zu zähmende Diva, das Weingut Stadlmann scheint Spezialist für die Sorte zu sein?

Bernhard Stadlmann: Grundsätzlich ist es enorm wichtig, den richtigen Standort für die Rebe zu erkennen. Es gelten hohe Ansprüche an Boden und Klima: Ein seichtgründiger, tonreicher Bodenhorizont mit hohem Kalkanteil ist Voraussetzung. Diese Rebe verträgt trockene Bedingungen besser als zu feuchte. Eine lange Vegetationsperiode mit wechselnden Temperaturen im Herbst unterstützt eine optimale Reife. Die Dichte der Beeren an der Traube kann zur Herausforderung werden, um diese auch bis zur späten Ernte gesund zu erhalten – besonders wo der Boden zu viel an Wüchsigkeit mit sich bringt. In seiner Physiologie ist der Zierfandler ähnlich dem Riesling – stabil in der Säure und späte aromatische Reife, jedoch mit höherem Alkoholpotenzial.

Vinaria: Wie weit kann man in der Kellerarbeit eingreifen?

Es ist meiner Meinung nach eine Sorte, bei der man nicht versuchen sollte, zu viel zu erzwingen, denn dabei können Balance und Charakter leicht verloren gehen. Planvolles Arbeiten ist entscheidend, aber die Erfahrung ist unersetzlich. Schon bei der Ernte arbeiten wir mit besonderen Bedingungen: hohe Säure bei gleichzeitig hohen pH-Werten. Grund dafür ist der hohe natürliche Extraktwert. Weiters findet sich ein markanter Gehalt an ausgereiften Tanninen in Zierfandler-Weinen. Traubeneigenes Tannin sorgt für die straffe und zugleich feine Struktur, verlangt aber Erfahrung und Geduld. Dieser Prozess wird bei uns durch Ausbau in großen alten Holzfässern unterstützt. Zierfandler ist zurückhaltender bei Primäraromen und profitiert von Flaschenreife.

Vinaria: Welche Rolle spielen Selektionen oder Klone? 

Bernhard Stadlmann: Bei Zierfandler gibt es keine registrierten Klone. In einem gemeinschaftlichen Projekt wurden Reben aus alten Weingärten ausgewählt und zusammengetragen. Daraus haben wir für uns 19 Selektionen an einem für Zierfandler typischen Standort gepflanzt. Nach nun 15 Jahren Beobachtung nehmen wir aktuell acht Selektionen davon für unsere Neupflanzungen. Die Unterschiede zeigen sich signifikant am Laub und an der Größe der einzelnen Beeren.

Vinaria: Sie produzieren zwei benachbarte Lagen-Zierfandler, Igeln und Mandel-Höh. Wodurch unterscheiden sich die beiden? 

Bernhard Stadlmann: Die beiden Rieden liegen entlang einer Hanglinie, geprägt von tonreicher Braunerde und Kalkstein-Sedimenten. Riede Mandel-Höh befindet sich an der Hangkuppe und am Oberhang. Dort unterscheidet sich die Bodenstruktur deutlich zum Mittelhang-Bereich der Riede Igeln und ist durch eine Terrassenstufe klar getrennt. Riede Mandel-Höh hat einen seichten, tonhaltigen Bodenhorizont mit grobem Kalkkies und sandigem Muschel-Sediment. In der Riede Igeln ist im Vergleich der Oberboden erheblich tiefer und hat einen höheren Tonanteil. Diese Unterschiede zeigen sich sehr deutlich in den Zierfandler-Weinen. Das Alter der Reben in beiden Rieden liegt im Durchschnitt zwischen 40 und 50 Jahre.

Vinaria: Mandel-Höh ist die berühmtere Lage, jüngst hatte Igeln die Nase vorne, wie sehen Sie das? 

Bernhard Stadlmann: Meist zeigt sich Zierfandler Igeln ein wenig zugänglicher im Jungstadium. Es sind ähnlich kraftvolle Weine, sie zeigen sich jedoch deutlich fruchtiger und mit herbaler Würze. Mandel-Höh präsentiert sich hingegen floral und kerniger in seiner Struktur. Ernte und Vinifikation verlaufen im Grunde gleich. Die Entwicklungsspanne von Zierfandler Mandel-Höh erleben wir im Vergleich immer wieder etwas länger. Allgemein aber durchleben Zierfandler in den ersten drei Jahren auf der Flasche eine nicht immer lineare Entwicklungsphase – für Verkostungen oft eine aufregende Zeit.

 

Topliste  Thermenregion Weiß

17,6 Weingut Martin Niegl 2021 RG TH
17,5 Weingut Stadlmann 2021 ZF Ried Traiskirchner Igeln TH
17,4 Weingut Johannes Gebeshuber 2019 RG Ried Student TH
17,3 Weingut Drexler-Leeb 2022 RG Ried Goldbiegel TH
17,2 Weingut Johannes Gebeshuber 2019 ZF Ried Wiege TH
17,0 Weingut Alphart 2021 CH Privat TH
16,9 Weingut Alphart 2021 RG Ried RosenberG Pfaffstätten TH
16,8 Weingut Alphart am Mühlbach 2021 ZF Ried Otzler TH
16,7 Weingut Johannes Gebeshuber 2020 ZF Ried Wiege TH
16,7 Weingut Johann Gisperg 2021 CH Ried Gestein Reserve TH
16,7 Weingut Martin Niegl 2022 CH Ried Heugasse TH
16,7 Weingut Alphart 2021 RG Ried Rodauner Top Selektion TH
16,7 Weingut Stadlmann 2021 ZF Mandel-Höh TH
16,5 Weingut Stadlmann 2020 ZF Ried Traiskirchner Igeln TH
16,5 Weingut Pferschy-Seper 2022 Weißburgunder Reserve Ried In den Haberln TH
16,5 Weingut Biegler 2022 RG Ried Brindlbach TH

 

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