Intensives Bukett nach Weichseln, Tabak und Eukalyptus, ausgereift und kraftvoll, pfeffrige Töne; der uralte Rebbestand verleiht enorme Dichte, muskulös und vielschichtig, lang und ausbaufähig – ein Meisterwerk!

Hannes, Christian & Michael Reinisch
2523 Tattendorf
Im Weingarten 1
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Im Fokus der Jungweinverkostung standen diesmal die Weißweinjahrgänge 2019 und 2018 sowie die Rotweine aus 2018 und 2017. Auf dem weißen Sektor ist der klassische Rotgipfler diesmal besonders animierend und zupackend geraten, ohne dass er die nötige Dichte vermissen ließe. Sogar so gut wie noch nie ist der halbtrockene, traditionelle Gumpoldskirchner ausgefallen, in dem sich die beiden Rebsorten perfekt ergänzen: so steuert der Zierfandler Pistazienwürze und Ribiselfrucht bei, während der Rotgipfler für Druck und Schmelz sorgt. Ein wenig unscheinbar, aber ebenfalls sehr sauber erscheint im Vergleich dazu der „einfache“ Chardonnay, der vom aus der gleichen Rebsorte bereiteten Lagenwein Lores doch klar übertroffen wird. Dieser ist bei unaufdringlicher Eichenumrahmung so gepolstert und balanciert wie immer geraten, wenn wir auch zum gegenwärtigen Zeitpunkt erst den Genuss des Vorgängerjahres empfehlen würden. Dieser Rat gilt umso mehr für den Zierfandler von der Ried Spiegel, zumal sich der 2018er bei aller Opulenz doch noch etwas verhalten und unausgewogen zeigt, weshalb man in diesem Fall wohl besser zum nunmehr mit einiger Flaschenreife versehenen 2017er greift. Auf dem Gebiet der Rotweine brennen die drei Brüder ein wahres Feuerwerk an Fruchtaromen und geschliffener Eleganz ab, sodass einige Rotweine aus 2018 sogar ihre Vorgänger der gleichen Kategorie mehr oder weniger deutlich übertreffen, womit nach unseren bisherigen Verkostungserfahrungen keineswegs zu rechnen war. In der Betrachtung der Einsteiger-Kategorie wirkt der Zweigelt noch etwas streng und rustikal, während der zartblumige und feingliedrige Pinot Noir in seiner schlanken Art schon bezaubernden Fruchtcharme ins Glas bringt. Auf gleichem Niveau präsentiert sich der kernige und pfeffrige St. Laurent, der mit Luftzufuhr immer mehr Profil gewinnt. Die größte Überraschung lieferte aber der nach den großen Tattendorfer Lage Frauenfeld benannte Mittelbau, in dem bereits der engmaschige Zweigelt mit bildhübscher Zwetschkenfrucht zu überzeugen mag. Ob man in dieser Gewichtsklasse dem zarten und nuancierten Pinot Noir Grillenhügel oder dem ebenso puristischen wie mit tiefer Kirschfrucht prunkenden St. Laurent den Vorzug gibt, bleibt zweifellos Geschmacksache. Auffallend ist sicherlich, dass der St. Laurent Frauenfeld so leichtfüßig, schlank und elegant wie niemals zuvor ausgefallen ist. Bei den Topweinen aus der Ried Holzspur brilliert der intensive wie komplexe St. Laurent, der aus einem uralten Weingarten stammt, mit Fruchttiefe und Länge und hat im Moment gegenüber dem zwar facettenreichen und überaus sortentypischen Pinot Noir die Nase vorne, weil Letzterer noch eine Spur spröde und unentwickelt erscheint. Ein tolles Ausrufzeichnen ist mit dem Pinot Noir von der Ried Kästenbaum aus dem Jahrgang 2016 gelungen: hier wird der eher dunkle Früchtereigen von einer Dichte und Balance begleitet, wie sie österreichischen Pinots bislang kaum gelungen ist. In seiner hochattraktiven und selbstverständlichen Erscheinung kommt dieser Pinot gleichsam einer gelungenen Melange aus den besten badischen Proponenten und einem Premier Cru von der Côte-de-Nuits gleich. Der Schlussapplaus gebührt dem erstmals aus der legendären Rebsorte Zierfandler gekelterten Eiswein, der glockenklare, helle Fruchtaromen mit pikantem Süße-Säure-Spiel verbindet.