Nach der mit vielen tollen Rotweinjahren gesegneten Zehnerdekade hat sich das neue Jahrzehnt wechselhafter gezeigt; as gilt auch für 2022. Die Bandbreite reicht von gefälligen Trinkweinen über Fruchtbomben bis zu samtig-strukturierten Kreszenzen.

Moderater Preis, geschmeidiges Trinkvergnügen: Gerade im Rotweinbereich sind preiswerte Vertreter von sehr guter Qualität stark nachgefragt. Gerade im Rotweinbereich gehören die krassen Jahrgangsschwankungen von früher der Vergangenheit an – eine positive Auswirkung des dennoch nicht gutzuheißenden Klimawandels.

Staubtrocken, dann feucht

Lässt man das Jahr 2022 Revue passieren, so ist es auch nicht ganz unerwartet, dass nicht alles Gold ist, was dunkelrubinrot glänzt. Das Jahr startete mit einem sehr trockenen, eher milden Winter, der Austrieb fand erst Ende April statt. Warme Witterung in der Folge führte zu einer recht frühen Blüte, die vielerorts durch Niederschläge gestört wurde. Prägend war der Sommer, der von vielen Hitzetagen, vor allem aber extremer Dürre gekennzeichnet war.

Hitze und Trockenheit erwiesen sich auch im Bereich der üblicherweise diesbezüglich weniger empfindlichen blauen Sorten vielerorts als problematisch. Vor allem in Junganlagen sowie in Rebanlagen mit allzu leichten, durchlässigen Böden war beträchtliches Leidenspotenzial vorhanden.

Die an sich das Rebenleben wieder erleichternden – regional unterschiedlich stark ausgeprägten – Niederschläge im Spätsommer brachten nicht durchwegs Wonne, auch wenn diese in den klassischen Rotweinherkünften Pannoniens sowie im Carnuntum und in der Thermenregion deutlich moderater ausfielen als in der östlich von Wien gelegenen Donauregion.

Von zart bis kräftig

Unter den Sorten der großen Vinaria Verkostung schien sich der Zweigelt 2022 etwas mehr als andere Sorten zu plagen; so gab es unerwartet viele Weine, die sich sanft, mild und rotfruchtig zeigtenj – die Ausnahme bildeten diesbezüglich vor allem Carnuntum sowie die Herkunft Neusiedlersee, wo etliche sehr gute bis ausgezeichnete Exemplare herkamen. Auch die meisten Pinot Noirs und St. Laurents konnten sich nicht so recht behaupten.

Besonders auffällig war auch, dass der Merlot 2022 hinter den vielleicht etwas zu hochgesteckten Erwartungen blieb. Dafür gab es eine Reihe von sehr charaktervollen Roten aus Blaufränkisch sowie den beiden Cabernets, dazu auch viele gelungene Cuvées.

Die Rotweine sind generell etwas alkoholärmer als jene aus Topjahren, die Säure ist meist mild, das Tanningerüst von dezent bis fest, aber selten markant. Ein Eindruck, der sich im Lauf der Verkostung manifestiert hat, ist, dass Fingerspitzengefühl beim Holzeinsatz gefragt war.

Bio holte Sieg mit fliegenden Fahnen

Den Sieg holte sich diesmal mit fliegenden Fahnen ein Blaufränkisch aus Rust, noch dazu bio. Gernot und Vici Schreiner haben einen Klassiker namens Rhodolith mit beachtlicher Struktur und Länge herausgeschossen, der solo die Spitze beanspruchte.

Das Duell um Rang zwei fiel dafür trotz mehrerer Finalrunden ex aequo aus: Markus Iro aus Gols beeindruckte wieder einmal mit seinem Cabernet Franc, Martin Reinfeld aus Schützen im Gebirge mit der Cuvée Vier. Silvia Heinrich aus Deutschkreutz war mit Blaufränkisch Vitikult einen Deut dahinter, dafür knapp vor einer Phalanx an Zweigelt-Weinen: Werner Achs und Lukas Markowitsch lagen vor Philipp Grassl und wiederum Markus Iro.

Dicht gedrängt folgten etliche weitere hochwertige Vertreter: Ettl mit Cabernet Sauvignon und Taferner mit Carnuntum Cuvée, dahinter Vertreter von Reinfeld, Günter Triebaumer und Prickler vor zahlreichen weiteren gelungenen roten Vertretern im moderaten Preisniveau. Das Genussfenster ist bei den meisten Vertretern schon einen Spalt offen, bei manchen Weinen sollte man noch ein bisschen warten.

 

Topliste Rotweine bis 12 Euro

17,0 Bioweingut Schreiner 2022 Blaufränkisch Rhodolith BG
16,7 Weingut Markus IRO  2022 Cabernet Franc Heideboden BG
16,7 Weingut Martin Reinfeld 2022 Vier BG
16,5 Weingut Silvia Heinrich 2022 Vitikult Blaufränkisch BG
16,4 Weingut Werner Achs 2022 Zweigelt Goldberg BG
16,4 Weingut Lukas Markowitsch 2022 Zweigelt Rubin Carnuntum CA
16,3 Weingut Philipp Grassl 2022 Zweigelt Rubin Carnuntum CA
16,3 Weingut Markus IRO  2022 Zweigelt ND
16,2 Bio-Weingut Ettl 2022 Cabernet Sauvignon Ried Alter Satz BG
16,2 Weingut Taferner 2022 Carnuntum Cuvée CA
16,1 Weingut Martin Reinfeld 2022 Syrah Ried Seeberg BG
16,1 Weingut G + R Triebaumer     2022 Cabernet Sauvignon Rust BG
16,0 Rotweingut Prickler    2022 Zweigelt Select BG
15,8 Weingut Artner 2022 Cuvée Carnuntum Klassik CA
15,8 Bio-Weingut Ettl 2022 Zweigelt Classic ND
15,8 Weingut Kurz 2022 Roesler NÖ
15,8 Weingut Julia Reischer 2022 Steinmauer Ried Ober Kirchen (ZW/CS) TH

 

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Silvia Heinrich aus Deutschkreutz punktete mit Vitikult Blaufränkisch. © Mili Badic
Johann und Lukas Markowitsch haben einen modellhaften Rubin Carnuntum 2022 erzeugt. © Caio Kauffmann
Philipp Grassl zählt zu den innovativsten Zweigelt-Spezialisten im Lande. © Weingut Grassl
Die Bio-Winzer Christian und Michael Ettl aus Podersdorf. © Weingut Ettl
Victoria und Gernot Schreiner © Maria Hollunder
Martin Reinfeld © Mag. Paul Szimak
Markus Iro © Steve Haider
Talentierte Weinmacherin Karoline Taferner aus Göttlesbrunn. © Weingut Taferner
Regina und Günter Triebaumer aus Rust. © Steve Haider
Gerhard Lichtscheidl © Matthias Heisler
Das Oggauer Weingut Mad mit Familien Mad, Händler und Siess (v.l.): Willi, Maria, Christian & Rafaela, Sebastian & Barbara mit Frederik, Tobias sowie Maria und Matthias Siess. © Maria Hollunder
Sigrid & Kerstin Schwertführer © Die Schwertführerinnen
Daniela & Andreas Knötzl © Weingut Knötzl
Christina und Christian Prickler aus Lutzmannsburg überzeugten mit Zweigelt. © Rotweingut Prickler
Peter, Hannes und Christoph Artner aus Höflein in Carnuntum. © Katharina Roßboth
Eric Kurz aus Paasdorf lieferte einen beachtlichen Roesler ab. © Weingut Kurz
Mit Cuvée Steinmauer erfolgreich: Julia Reischer (Betriebsleiterin) mit Bruder & Kellermeister Christof. © Johann Ployer