Einige Lagen sind seit über 1000 Jahren berühmt, andere erste seit Jahrzehnten. Alle Weine stammen jedoch von besonderen Terroirs. Das Elsass ist so ganz anders als der Rest Frankreichs und gerade dabei, sich neu zu erfinden. Jünger und leichter sind Weine und Winzer.

Das Elsass ist als Region geprägt vom Einfluss der deutschen und französischen Kulturräume. Dies prägt auch die Jahrtausend alte Geschichte des Weinbaus in dem exponierten Gebiet an der Grenze zu Deutschland. Besondere Terroirs bilden die Grundlage für herausragende Weine. Das entlang des Rhein durchaus wechselnde Mikroklima im langgestreckten Weinbaugebiet Elsass wird zu einem erheblichen Teil von den westlich gelegenen Mittelgebirgszügen der Vogesen geprägt. Dadurch herrscht eines der trockensten Klimate Frankreichs, was den Trauben eine lange Reifezeit ermöglicht.

Einer der faszinierendsten Aspekte des Elsass ist seine unglaubliche Vielfalt an Bodentypen – von vulkanischen, kalkhaltigen und granithaltigen Böden bis hin zu Lehm und Sandstein. Riesling etwa gedeiht auf Granitböden, bringt Eleganz und Mineralität, während Gewürztraminer seine exotischen und würzigen Noten auf Kalksteinböden besonders gut zur Geltung bringt. Im Elsass liegt der Fokus auf sortenreinen Weinen. Dies unterscheidet sich deutlich von vielen anderen französischen Regionen, wo Verschnitte üblich sind.

51 Grand Cru Lagen & die Elsässer Flöte

Die traditionellen, hohen, geriffelten Flaschen – die „Elsässer Flöte“ – ist zu einem Markenzeichen geworden. Die Region verfügt über 51 Grand-Cru-Lagen, die für ihr außergewöhnliches Terroir bekannt sind. Neben der Bezeichnung Grand Cru finden sich auf den Etiketten auch die Bezeichnungen Alsace (Gebiet) und Alsace Villages (Orte). Diese Klassifizierungen bieten meist hervorragende Qualität und in der Regel ein gutes Preis-Leistungs-Verhältnis.

Die Elsässer Weine erlebten während ihrer langen Geschichte viele Höhen und Tiefen. Rund um die Jahrtausendwende galten Elsässer Weine als barock, fett, schwer, botrytisbehaftet, alkoholisch und vorgestrig. Die Weine wurden in dieser Zeit von der Pariser Spitzengastronomie sozusagen durch die Krise getragen und auf den Weinkarten belassen.

Neuer Weinstil mit Frische, Frucht und Komplexität

Nun hat ein Umdenken im Elsass eingesetzt, auch dank einer jungen Winzergeneration, die dem Konsumtrend der Gegenwart folgt und leichtere, fruchtigere, bekömmlichere Weine herstellt ohne ihre Wurzeln zu vergessen. Neue Facetten werden aus den einmaligen Terroirs herausgeholt, mehr Frische, Frucht und Komplexität in die Flaschen gebracht. Daneben entwickelt sich eine beachtenswerte Naturweinszene.

In Österreich fristen Elsässer Weine abseits einiger Toprieslinge ein Nischendasein. Kein Wunder, Herr und Frau Österreicher trinken zu 85 Prozent einheimische Weine und einige der Elsässer Paradesorten haben es doppelt schwer: Pinot Gris, Sylvaner, Gewürztraminer. In Wien hält sich eine kleine, feine Szene von Weinfreunden des Elsass. Im Pub Klemo in 1040 Wien findet man sehr gute Exemplare aus dem Elsass ebenso wie in der Rundbar in 1070 Wien und beim Naturwein-Spezialisten Weinskandal in 1030. Einige Händler halten die Region ebenfalls hoch, so gut es halt geht (u.a. Derksen, Kate & Kon, Vinothek Klemo).

Ein spezielles Tasting fand kürzlich in der genannten Rundbar statt (Deep Dive Alsace), im Auftrag das Elsässer Winzerverbands. Eine Masterclass mit Sascha Speicher, einem führenden deutschen Kritiker, bot Einblick in die aktuellen Entwicklungen im Elsass. Dabei gefielen etwas Albert Manns 2023 Pinot Noir Clos de la Faille (****/*; Klemo) und Catherine Riss‘ 2022 beeindruckender Naturwein Pinot Noir T’as pas du Schiste (****; Weinskandal). 

Die Domaine Ostertag wiederum brillierte mit 2022 Pinot Gris Fronholz (****; Klemo), die Domaine Neumeyer mit einem soliden 2020 Riesling Grand Cru Bruderthal (***; Wagners Weinshop) und Trimbach mit einem herausragenden 2021 Riesling Grand Cru von der Paradelage Schlossberg (****/*; Kate & Kon) sowie dem 2021 Riesling Grand Cru Mandelberg (***/*; Kate & Kon).

Nicht unerwartet holten die Gewürztraminer die Stockerlplätze, allen voran der in eleganter Frische gereifte 2014 Grossi Laüe – eben aus großer Lage – von Hugel (*****; Derksen) vor dem herausragenden 2017 Réserve von Trimbach (*****; Kate & Kon) und dem preiswerten 2020 Grand Cru Zotzenberg der Domaine Boeckel (*****; Miller-Aichholz).

 

Die Geschichte des Elsass ist geprägt vom Einfluss zweier der großen Kulturräume Europas: des germanischen (deutschen) und romanischen (französischen).
Zwischen 1871 und 1918 gehörte das Elsass als Teil von Elsass-Lothringen zum von Preußen geführten deutschen Kaiserreich. 1918 kamen die beiden elsässischen Bezirke aufgrund der Niederlage Deutschlands im 1. Weltkrieg wieder zu Frankreich. 1972 wurde aus den beiden rheinischen Départements die Region Elsass gegründet. 2016 wurde im Zuge einer Territorialreform in Frankreich die Region Elsass aufgelöst und in die Region Grand Est eingegliedert.

Ebenfalls typisch für das Elsass ist die sanft hügelige Geländeform; im Hintergrund Ausläufer der Vogesen. © Shutterstock
Der bekannte Weinort Ribeauville Riquewihr ist typisch für die Weinregion Elsass am Rhein. © Shutterstock