Raritäten & Brände von Weltklasse: die große Vinaria Destillate-Verkostung mit allen Detailergebnissen, Rankings und Beschreibungen. Ein Triumph für Martin Schosser. Österreichs Kernobstbrände sind Weltspitze!

Stolzer Sieger, Schnapsbrenner des Jahres 2022: Martin Schosser © Destillerie Schosser e.U.

Sieben Sortensiege haben Martin Schosser aus Ried im Traunkreis in Oberösterreich den Titel „Schnapsbrenner des Jahres 2022“ gesichert. Das ist beachtlich, handelt es sich dabei doch vor allem um reine und klare Obstbrände, also um 100 Prozent aus der Maische geborene Destillate. Von der Marille über Kirsche und Kriecherl bis hin zur Vogelbeere und dem Weinbergpfirsich. Zum Weinbergpfirsich muss man noch hinzufügen: Niemals im bisherigen Vinaria Verkosterdasein ist der Jury ein derart überzeugendes Destillat aus dieser Obstsorte untergekommen – die reine, saftige und brillante Frucht im Glas. Meisterlich!

Konstante Größe: Alois Gölles

Eine der konstanten Größen im Bereich der Schnapsproduktion ist Alois Gölles. Unsere Ergebnisse sprechen auch hier eine deutliche Sprache: Die Williamsbirne aus dem Jahre 2001 (!) stellt alles bisher Dagewesene in den Schatten, selbst den Legendenschnaps von Karl-Hubert Gasser aus dem Jahr 1991. Reif, dicht, saftig und dabei frisch wie ein Bergquell im Hochsommer. Dazu gesellen sich noch ein paar Brände, die von der Weltklasse der Produkte aus der Manufaktur nächst der Riegersburg Zeugnis geben.

Große Klasse im Westen

Elmar Brunn ist rüstiger Pensionist und brennt seit einem Dutzend Jahren feine Spezialitäten in Krumbach im Bregenzerwald. Er bescherte der Schnapswelt seit Langem wieder mal einen echten Subirer, der all das zeigt, was diese Sortenrarität so besonders macht: herzhafte Frucht mit Würze und Schmelz, verpackt in einem saftigen und pikanten Körper. Sensationell, aber leider nur in kleiner Menge verfügbar. Sehr ambitioniert auch Brunns Versuche, der Trendspirituose Gin neue Aspekte abzugewinnen.

Bernhard Leitner ist Beamter beim Amt der Tiroler Landesregierung, wo er seit rund 20 Jahren für das niederrangige Straßennetz in Tirol zuständig ist. Im Grunde jedoch war er immer ein Obstbauer, dem die Früchte seiner Umgebung sehr am Herzen liegen. Und welche sind die wichtigsten Früchte dort, wo er wohnt, in Grins bei Landeck? Ja, richtig, es sind Äpfel und Birnen, es sind Zwetschken und Pflaumen, vor allem auch sind es Beeren. Himbeeren, Brombeeren, Vogelbeeren.

Jahr für Jahr werden in seiner Brennerei kleine und kleinste Mengen („Schon eher homöopathische Mengen“, wie Leitner sagt) gesammelt, eingefroren und, wenn dann 60 oder 100 Kilo beisammen sind, auch eingemaischt und destilliert.

Brandnews aus dem Osten

Ganz aus dem Osten kommen ebenfalls brandneue News: Die Arbeit des verdienstvollen Kukmirner Leitbetriebs in Sachen Schnaps, jene der Brennerei von Kurt Lagler, hat eine Fortsetzung gefunden. Josef Puchas und sein Sohn Marcel leiten den gesamten Betrieb, den sie vor wenigen Jahren übernommen haben und zu einem regionalen Genusszentrum entwickeln wollen. „Ich bin überzeugt, dass wir hier in perfekter Natur die idealen Voraussetzungen für unser touristisches Gesamtkonzept vorfinden“, sagt Josef Puchas.

Schnapsmäßig gesehen setzt Puchas die Linie von Lagler fort, markttechnisch wurde diese erweitert. Gin ist jetzt das Hauptprodukt und wird im Lohnbrennverfahren auch für Dutzende Kunden hergestellt.

Weltklasse aus Weilling und Rosá

Dreimal platzierten sich die Wurm-Sisters in der diesjährigen Verkostung auf Platz 1. Einmal so hoch oben, dass es zum zweitbesten Schnaps insgesamt gereicht hat. Die Traubenkirsche hat genau das, was man sich von dieser Wildfrucht wünscht: eine grandiose Typizität, vielschichtige Balance und Kraft ohne Ende. Man notierte dazu „Weltklasse“. In der St. Florianer Distille ist noch viel Potenzial vorhanden, aber die Schwestern Irene und Barbara lassen sich Zeit und fluten die Verkostungen keineswegs mit Masse. Klein, aber fein, hohe Klasse und viel Persönlichkeit stecken in den Produkten vom Gustergut.

Weiter geht die Reise zu Vittorio Capovilla. Noch so einer der Großen in der obersten Schnapsliga. Eigentlich schon jenseits profaner Bewertungen – denn was will man da schon viel kritisieren?! Überflüssig zu sagen, dass nicht jeder Schnaps aus Capovillas Produktion in Rosá (bei Bassano del Grappa, Italien) gleich der beste der Welt ist, aber zumindest ein Dutzend davon bewegen sich auf dieser Ebene.

Etwa der Prunus Aurum oder die einzigartigen Grappe von Amarone, Ribolla Gialla, Traminer und den Grappa Tabacco Nostrano di Brenta. Dazu Obstbrände von der Ribes Nero vulgo Ribisel, der Himbeere oder von der Wildkirsche. Mindestens ein, wenn nicht gleich zwei Dutzend Schnäpse auf absolutem Top-Niveau.

Genusswerkstatt bei der Basilika

Kenner pilgern gerne nach Maria Taferl, imposant und malerisch gelegen am nördlichen Donauufer zwischen Pöchlarn und Persenbeug. Hier dominiert die Genusswerkstatt von Lukas Schüller Panorama und Kulinarik. Jedenfalls jene der Mehlspeisen und der Destillate.

Aus dem umfangreichen Angebot von Edelbränden und aromatisierten Destillaten ragen klare sowie fassgelagerte Obstbrände und der Gin heraus. Heuer in blendender Verfassung zeigt sich die Williamsbirne, gefolgt von der Mirabelle und der Quitte. Alter Apfel, Birne im Eichenfass, die Zwetschke und der O-Strong-Obstbrand sind von herausragender Qualität, Gleiches gilt schon seit Jahren für den Gin, insbesondere in seiner fassgelagerten Form.

Hilfreich und gesund – der Kräutergeist

The best: der Nothelfer Kräutergeist von Zöchmeister! Nicht nur medizinisch wertvoll, sondern mit diversen Kräutern gut komponiert und vielschichtig. Hilfreich und wohlschmeckend. Ebenso wertvoll ist auch die Schlehe aus dem Hause Zöchmeister, und das nicht nur, wenn’s um die Verdauung geht. Schon 2019 hat Christian Zöchmeister aus Großhöflein aus dieser Frucht einen „Schnaps des Jahres“ destilliert, auch mit dem neuen Jahrgang konnte er sich mit der Schlehe als Sortensieger etablieren.

Vor den Vorhang: ambitionierte Spezialisten

Bemerkenswert außerdem eine Handvoll überaus ambitionierter Spezialisten, die feine Destillate und Mazerate in ihren Werkstätten herstellen: Peter Piesch vom Haus der edlen Brände im fränkischen Randersacker liefert einen grandiosen Whisky. Der „Fränkische Ur-Whiskey“ ist ein Lackel aus Kraft und Aroma und mit seinen 66% vol. nichts für Angsthasen. Aber wer wagt, gewinnt. Und zwar lange und anhaltend.

Gleiches gilt auch für die Produkte von Walter Trausner von der gleichnamigen Genußmanufaktur in Mauterndorf im Lungau. Gin, Wodka und Whisky sind kraftvoll und authentisch, dazu kommt eine experimentelle Freude an der Arbeit mit exklusiven Materialien. Trausners Wodka etwa wird – wie auch sein Gin – aus Lungauer Weizen gewonnen, und man schmeckt die süßlichen Nuancen des Korns. Gleiches gilt für den Rye Malt aus Roggenmalz, von dem erst eine Kleinmenge abgefüllt ist.

Jahr für Jahr schickt auch Michael Schneider, der auf der Kräuteralpe Hörmoos im Allgäu einen außergewöhnlichen Absinth herstellt, eine Spezialität zur Verkostung. Diesmal war es ein Enzian-Brand, der mit seiner klaren Sortentypizität überzeugte. Wer Erde und Wald, Wurzeln und Pilze mag, der ist mit dieser ungewöhnlich intensiven und dabei eleganten Cuvée gut beraten.

Vene Maier und Hermann Botolen

Die Vinaria Destillate Verkostung wird traditionell und hochkompetent durchgeführt von Vene Maier („Brandnews“) und Sommelier-Legende Hermann Botolen, zugleich Patron im Restaurant Fuhrmann in der Fuhrmannsgasse 9 in 1080 Wien.

 

BEST OF SCHNAPS 2022: der Medallienspiegel

Gold / Silber / Bronze

Destillerie Schosser | Brennerei des Jahres 2022
7/5/3

Brennerei Gölles
5/3/1

Brennerei Brunn
5/0/3

Brennerei Leitner
3/7/1

Kukmirn Destillerie Puchas
3/6/7

Brennerei Wurm & Wurm
3/2/0

Distilleria Capovilla
3/1/2

Brennerei Zöchmeister
2/0/1

Stin Gin
2/0/0

Brennerei Schüller
1/4 /4

Trausner KG
1/1/0

Haus der edlen Brände
1/1/0

Kräuteralp Hörmoos
1/0/0

Jin Spiritsmanufaktur
1/0/0

 

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Alois Gölles, Meister der Schnapskunst © Manufaktur Gölles
Mit der Ruhe und Reife des Alters: Elmar Brunn aus Krumbach © Brennerei Brunn
Bernhard Leitner macht Schnäpse mit Eleganz und Feinschliff © Vene Maier
Nachfolger von Kurt Lagler in Kukmirn: Josef Puchas © Kukmirn Destillerie Puchas
Die Schnapsbrennerin aus Weilling: Irene Wurm © Wolf-Dieter Grabner
Der Großmeister aus Bassano del Grappa: Vittorio Capovilla © Vene Maier
Christian Zöchmeister, Großhöflein © Manufaktur Zöchmeister
Lukas Schüller, Maria Taferl © Franz Crepaz
Jin Spirits: Frau Horvath und Herr Kantor (Judith Horvath & Michael Kantor) © Jin Spiritusmanufaktur
Spezialist aus dem Allgäu: Michael Schneider, Kräuteralpe Hörmoos © Kräuteralp Hörmoos
Reinhard Jagerhofer (links) und Johannes Firmenich © Stiefkind Fotografie
Walter Trausner, Spezialist für feine Brände © Fa. Trausner KG