Für die Vinaria Sommerwein-Verkostung wurden so viele Weine wie nie zuvor eingereicht. Trinkvergnügliche Weine findet man im Jahrgang 2022 in großer Zahl. Die Mega-Verkostung brachte fast 270 Weine an den Start.

© Weingut Hahn

Insgesamt waren bei der diesjährigen Verkostung über 50 Neueinsteiger zu begrüßen, ein paar von ihnen konnten sich im durchaus schon anspruchsvoll trinkfreudigen Bereich von 15+ Punkten neben alten Bekannten behaupten.

Der Sieger-Hahn und sein Sommergewitter

Das Weingut Hahn ist für das weininteressierte Publikum kein unbekannter Betrieb. Seit bald 400 Jahren werken die Hahns im Hügelland des östlichen Weinviertels. Der Gemischte Satz Sommergewitter – so der Name des Siegerweins - ist ein ungemein freundlicher, fideler Wein, der mit seiner verspielten Aromatik viele Weinliebhaber begeistern wird. Das Weingut Hahn holt damit den Gesamtsieg und den ersten Platz bei den Gemischten Sätzen.

Beim nächsten dräuenden Sommergewitter zieht man sich daher mit einem Glas, besser noch einer Flasche desselben, unter ein blitzableitergeschütztes Vordach zurück, spielt den zweiten Teil von Vivaldis „Vier Jahreszeiten“ so laut, wie es die Nachbarn vertragen (alternativ lädt man sie gleich dazu ein), und genießt den Sommer mit allen Sinnen. Wenn der so gut wird wie dieser Wein, dann gibt es öfter etwas zu feiern.

Der Zweitplatzierte bei den Gemischten Sätzen trägt das Thema ebenfalls im Namen; der Summertime („And the livin’ is easy, fish are jumpin’, and the cotton, the cotton is high“) von Stefan Potzinger ist ein lange Zeit bewährter, verlässlicher Begleiter. Diese Cuvée setzt ebenfalls auf den Charme der Aromatik, in diesem Fall Sauvignon Blanc, dem der Welsch die aufmunternde Säure beisteuert; der mineralische Untergrund sorgt bei allem Trinkfluss für gewisse Seriosität.

Trinkvergnügen mit 11 Volumenprozent

Vom Weingut Geist in Pulkau etwa lockt der White Ghost, ein mit Welschriesling und Müller-Thurgau verzierter Veltliner um sensationelle 5,50 Euro. Philipp Schmidt aus Hagenbrunn hat von der Wiener Seite des Bisambergs aus Welschriesling und Veltliner das Wiener Duo gekeltert, das eindrucksvoll zeigt, wie viel Wein und Trinkspaß in elf Prozent Alkohol stecken können.

Riesling top bei den aromatischen Sorten

Bei den aromatischen Sorten ritterten Rieslinge und Sämlinge mit Sauvignon Blancs um die besten Plätze. In der Vorrunde wurden die Weine nach Sorten verkostet, im Finale hieß es „jeder gegen jeden“, und da war diesmal von den oft recht leisen Rieslingen ein deutliches Lebenszeichen zu vernehmen.

Der Riesling Venesse von Markus & Reinhard Waldschütz aus dem Kamptal lieferte sich mit dem Federspiel Dürnstein von der schon im Vorjahr hoch bewerteten Domäne Wachau ein Kopf-an-Kopf-Rennen. Beide Weine brauchen ein paar Umdrehungen im Glas und erfreuen dann mit klassischer, sehr attraktiver Sortenauslegung, wie man sie so früh im Jahr eher selten antrifft.

Dem Weingut Waldschütz gelang damit neben dem Gruppensieg auch der zweite Platz in der Gesamtwertung der besten Sommerweine des Jahres. Die Domäne teilt sich den dritten Gesamtplatz mit dem besten Veltliner.

Knapp dahinter folgte eine Scheurebe vom Weingut List aus der Südsteiermark, ein fideler Bilderbuchwein mit ausgeprägtem Sortencharme, ohne ins Kitschige abzugleiten. Einen weiteren sehr feinen Sämling brachte der Neuzugang Weingut Assigal aus Leibnitz. Dieser liegt gleichauf mit den beiden höchstbewerteten Sauvignons vom Weingut Primus und der Domäne Kranachberg vom Weingut Peter Skoff. Punktgenau auf die Drei-Sterne-Kategorie setzten sich noch die Rieslinge von Norbert Bauer und vom Schloss Gobelsburg.

Grüner Veltliner: Überraschung aus der Südbahn

Gegenüber dem Vorjahr hat sich die Anzahl der teilnehmenden Veltliner aus der Thermenregion um 50 Prozent erhöht. Bereits der 2021er vom Weingut Barbach wurde in seiner eigenständigen, spaßbetonten, wenn auch recht Sauvignon-haften Art gut beurteilt. Gefallen hat wieder der eigenständige Ansatz, der mit seiner enormen Zitrusfülle und dem Duft nach grünen Oliven fast mediterranes Flair versprühte. Der beste Veltliner kommt heuer also aus Perchtoldsdorf, und der dritte Platz im Gesamtranking geht damit an die Familie Barbach.

Das Weingut Gschweicher aus Röschitz sicherte sich mit seinem lebendigen, fruchtbetonten GrooVee den zweiten Platz. Den dritten Platz teilen sich der Grünschnabel vom Weingut Steininger und der Weinviertel DAC von Christoph Bauer. Auf den nächsten Plätzen wird es enger und bunter, da tummeln sich sehr feine und beschwingte Weine mit gutem PLV vom Weingut Eder aus dem Kremstal, von Tom Dockner, Traisental, und Gudrun Grill vom Wagram.

Mittelburgenland gegen Südsteiermark

Zwei Welschrieslinge waren es, die sich nebeneinander weit oben im Ranking platzieren konnten. Erfreulicherweise handelt es sich auch bei diesen beiden um Newcomer. Der Wein von Edwin Weber aus Lutzmannsburg ging mit einem guten Vorsprung ins Finale, wurde aber auf den letzten Metern vom Weingut Sternat aus Eichberg-Trautenburg fast noch überholt.

Knapp dahinter positionierte sich ein weiterer Welschriesling vom Weinwurm, der schon mit Veltliner und Gemischtem Satz weit oben hatte mitmischen können.

Neu im Wettbewerb war ein eher leichtgewichtiger, sehr sympathischer Chardonnay vom Weingut Hirschbüchler aus Obersdorf bei Wolkersdorf.

Ein einsam gestarteter Neuburger vom Weingut Dopler aus Tattendorf überzeugte als recht freundlicher Sorten- und Themenvertreter. Mayer-Hörmann konnte mit einem sehr pikanten Frühroten Veltliner punkten. Für Freunde des weiß gepressten Zweigelt überzeugt wieder Johann Topfs [W] mit freundlichem Spiel aus Fruchtsüße und erfrischender Säure.

Etliche Betriebe sind in mehreren Disziplinen angetreten, zwei davon waren sogar mit drei Weinen erfolgreich: Georg Weinwurm mit Welschriesling, Veltliner und Gemischtem Satz, Stefan Potzinger mit Welschriesling und zwei Cuvées. Letztlich ist jeder dieser Weine eine Empfehlung, die deutlich über dem Durchschnitt liegenden Bewertungen beweisen die Kontinuität der Betriebe.

Für Vinaria verkostet haben Karl Kohl, Hans Pleininger und Peter Schleimer sowie Autor Dietmar Bruckner. Besonderer Dank gilt Wolfgang Hamm und seiner Crew von der Vinothek Stift Klosterneuburg, die Lokalität und Infrastruktur zur Verfügung gestellt hatten.

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© Eugenie Sophie
Roman Horvath und Heinz Frischengruber von der Domäne Wachau. © Rogl
Roland Sternat überzeugte mit seinem Welschriesling. © Werner Krug
© Werner Hahn
Matthias List erzeugte eine charaktervolle Scheurebe. © Weingut List
© Michael Parak
© Weingut Barbach
Bernhard Gschweicher © Weingut Gschweicher
Patrick und Edwin Weber (v.l.) aus der mittelburgenländischen Gemeinde Lutzmannsburg. © Weingut Edwin Weber
Stefan und Heidi Potzinger konnten mit Summertime punkten. © Weingut Potzinger
Christoph und Heidi Bauer flankiert von Kindern Simon und Adele. © Astrid Bartl
Eva, Peter, Brigitta und Karl Steininger wussten mit Grünschnabel zu überzeugen. © POV
Christine, Ing. Heribert, Heribert und Eva Wenzl waren mit Grüner Veltliner im Ranking. © Michael Himml
Georg und Lisa Weinwurm spazieren durch die Ried Schilling. © Michael Reidinger
Gudrun Grill war mit Grüner Veltliner im Spitzenfeld vertreten. © Weingut Grill
Franz, Roswitha und Patricia Hinteregger (v.l.) © Jürgen Heimbach
Betriebsführerin Stephanie Geist mit Gatte Harald Geist samt Söhnen © Weingut Geist
Jungwinzer Michael Gaitzenauer spaziert durch die Ried Brenner in Sollenau. © Weingut Gaitzenauer
Inzersdorf und Theyern, Heimat von Tom Dockner, aus der Vogelperspektive. © Robert Herbst
Peter, Hannes und Christoph Artner aus Höflein (v.l.). © Katharina Roßboth
Christian und Thomas Polz vom Weingut Primus. © Karin Bergmann
Peter Skoff jun. mit Bruder Markus aus Kranachberg. © Gregor Schiefer