Tierwohl, Nachhaltigkeit, Bio, Regionalität, Frische, Herkunft: Attribute, die Gesellschaft und die Konsumenten lautstark einfordern, wenn es um Lebensmittel geht. Den Aufwand zu honorieren – sprich: zu bezahlen – sind aber nur wenige bereit.

© Landwirtschaftskammer Niederösterreich

Die Landwirtschaftskammer Niederösterreich (LKNÖ) setzt gemeinsam mit der Erzeugergemeinschaft Gut Streitdorf (EZG Gut Streitdorf) auf eine abgestimmte herkunftsbasierte Qualitätsstrategie innerhalb der gesamten Wertschöpfungskette bei erstklassigem Fleisch aus Österreich. Gut Streitdorf ist eine der größten Erzeugergenossenschaften Österreichs und verzeichnet 2.600 Bauern aus Niederösterreich als Mitglieder.

Die Landwirtschaft wird rund um das Thema Nutztierhaltung mit immer höheren gesellschaftlichen Erwartungshaltungen konfrontiert. Die Landwirtschaftskammer NÖ und die EZG Gut Streitdorf zeigen die derzeitige Situation rund um Qualitätsfleisch auf und betonen, welche Entwicklungsperspektiven sich daraus ergeben.

Österreichs Eigenversorgung sichern

Landwirtschaftskammer NÖ-Präsident Johannes Schmuckenschlager: „Österreich setzt im Bereich Tierwohl hohe Standards in der Produktion um. Dieses hohe Qualitätsniveau wollen wir weiter ausbauen. Dabei ist es jedoch zwingend erforderlich, dass alle Akteure entlang der Wertschöpfungskette – vom Bauern über den Handel bis zu den Konsumenten - diesen Weg mittragen und auch ihren Beitrag dazu leisten.“

Konkret müssen, so Schmuckenschlager, entsprechende Mehrkosten am Ladentisch abgegolten werden. Nur so kann künftig die Eigenversorgung in Österreich mit heimischem Qualitätsfleisch garantiert und den Bauern eine klare Zukunftsperspektive geboten werden. Der Mehraufwand – neue Stallbauten (Stichwort: Nein zum Vollspaltenboden bei den Schweinen), höhere Futter-und Personalkosten – schlägt sich zwangsläufig in etwas höheren Preisen für die Tierwohl-Produkte nieder.

Lippenbekenntnisse bringen nichts

„Reine Lippenbekenntnisse bringen nicht, nicht den Produzenten, nicht den Tieren und nicht den Konsumenten“, so Schmuckenschlagert weiter. Planungssicherheit und Herkunftskennzeichnung sind Voraussetzung für die weitere Entwicklung. Landwirtschaftlicher Investitionen rechnen sich oft erst über zehn oder mehr Jahre. Bei der Umstellung der Betriebe auf Tierwohl-Produktion sind daher Abnahme- und Preisgarantien des Handels ebenso gefragt, wie punktgenaue Förderungen und die Bereitschaft der Konsumenten, den höheren Preis im Geschäft zu bezahlen.

Die Herkunftskennzeichnung soll Gastro-und Hotelbetriebe verpflichten, die Lieferanten klar auszuweisen. Damit der Kunde und der Gast sieht, von wo die Grundprodukte von Schwein, Rind, Kalb, Lamm, Geflügel herkommen. Weil es nicht wurscht ist, wo’s herkommt, wenn es um Tierwohl und Umwelt geht. Eine Stossrichtung der Bauernvertreter geht in Richtung Großküchen der öffentlichen Hand, wo Regelungen leicht umsetzbar wären.

Ja zu Tierwohl auch im Geschäft!

Die für die Nutztierhaltung zuständige Landwirtschaftskammer NÖ-Vizepräsidentin Andrea Wagner: „Bei der Kennzeichnung brauchen wir einheitliche Systeme und kein Siegel-Wirr-Warr. „Ich rufe ich alle Konsumenten, denen Tierwohl ein Anliegen ist, dazu auf, unbedingt Tierwohl-Produkte im Geschäft zu kaufen.“

EZG Gut Streitdorf-Obmann Franz Rauscher und Geschäftsführer Werner Habermann stoßen ins selbe Horn: „Nur, wenn die nachhaltigen Produkte auch gekauft werden, können diese erfolgreich sein.“ Konkret gemeint sind damit etwa die Linien „Mehr Tierwohl“ Schwein und Kalb Rosé. Das Kalb ist überhaupt ein Musterbeispiel: Österreich exportiert unter viel (medialem) Wehkalgen rund 40.000 Kälber jährlich ins Ausland, weil es im Inland aufgrund Personalmangels und -kosten zu teuer ist. Die Kälbchen landen dann nach wochenlangen Transporten in Weltgegenden, wo das Wort Tierschutz unbekannt ist. Von Spanien über den Nahen Osten bis China. Gleichzeitig werden 80.000 Kälber verarbeitet importiert, vor allem aus den Niederlanden. Weil das Fleisch im Handel billiger ist.

Oder Schweinflesich: rund zwei Drittel der Schweineproduktion geht in verarbeitete Produkte, etwa Wurst. Ein Drittel wird in Form von zerlegten Fleischteilen verkauft (Koteletts, Ripperl, Stelzen, Schnitzel, Lungenbraten). Nur 3 (in Worten: drei Prozent) der Schweineproduktion ist bio, mit Tierwohl-Produkten sind es knapp 6 Prozent. Aufgrund der Teuerungen der vergangenen Wochen (Inflation, Strom, Gas, Lebensmittel, Sprit) brach der Bio-Absatz sofort ein. Die Konsumenten steigen sofort auf Billigware um. Tierwohl, Umwelt, Klimaschutz – gute Nacht!