Wenn von französischen Globetrottern aus pannonischen Rieden die Rede ist, sind meist Cabernet, Merlot und Syrah gemeint. Zwar stammen die ursprünglich aus Frankreich, doch gelten diese – ebenso wie der Pinot Noir – schon längst als Einheimische im Burgenland.

Gerhard, Stephanie, Herbert und Claudia Weingut Ernst Triebaumer aus Rust mit ihren Schafen. © Mang Stefan

Genau dokumentiert ist der Siegeszug der weltweit gefragten Bordelaiser Sorten Cabernet Sauvignon, Cabernet Franc und Merlot, die in den 1980er-Jahren im österreichischen Rebkataster Aufnahme fanden, nachdem sie – endlich – weinrechtlich zur Auspflanzung freigegeben worden waren. Diese überfällige Neuerung oder vielmehr Ergänzung war nicht zuletzt das Verdienst des burgenländischen Weinbau-Urgesteins und Qualitätspioniers Anton Kollwentz, der auf Reisen mit Winzerkollegen nach Bordeaux und anderswo die Rebsorte Cabernet kennen- und schätzen gelernt hatte und deren Auspflanzung mit großem Nachdruck verfolgte.

Jedenfalls hat die burgenländische Initiative letzten Endes zum Erfolg geführt, der freilich dadurch gekrönt wurde, dass sich der Kollwentz’sche Erstling aus dem Jahrgang 1983 gleich als rundum gefeierter Volltreffer entpuppte. Dass seine Winzerkollegen auf den Fuß folgten und der Cabernet allenthalben ausgesetzt wurde, war die logische Folge. Als ebenso logischen Schritt kann man die folgende Aufnahme von Cabernet Franc und Merlot in das Verzeichnis der in Österreich zugelassenen Rebsorten betrachten.

Erst wesentlich später erfolgte auch die offizielle Anerkennung des Syrah, der in den 1980er-Jahren eigentlich an der nördlichen Rhône eine einsame Heimat hatte, während er im übrigen Südfrankreich entweder unbekannt oder auf dem Rückzug war. Dies änderte sich dann mit dem Siegeszug des Shiraz genannten australischen Artgenossen in den 1990er-Jahren ebenso dramatisch wie nachhaltig.

Cuvée oder reinsortig – das ist die Frage

Anfangs wurde der im Burgenland mit Begeisterung ausgesetzte Cabernet vornehmlich reinsortig ausgebaut. In den klimatisch sehr wechselhaften 1980er- und 1990er-Jahren sind aber auch diese anerkannten Edelreben nicht gleich in den Himmel gewachsen, vielmehr gab es Weinjahre, wie 1987, 1989, 1991, 1995, 1996 oder 1998, in denen das Keltern wirklich ausgereifter und harmonischer Cabernet-Gewächse schwer möglich war.

Ein wenig später rollte die Auspflanzungswelle für den Merlot an, der bei den burgenländischen Winzern zunächst für Erstaunen sorgte, da seine eher kleinen Beeren bis spät in den Herbst grün blieben, sich aber dann nahezu blitzartig umfärbten und bei der Lese schließlich überraschend hohe Zuckergrade realisierten. Auch für diese Rebsorte wurde zum Teil auf den reinsortigen Ausbau, zum Teil auf die aus Bordeaux bekannte Allianz mit dem Cabernet gesetzt.

Gleichzeitig keimte jedoch das Bedürfnis auf, nach internationalem Vorbild auch Cuvées mit den führenden heimischen Rebsorten wie Blaufränkisch, Zweigelt und allenfalls St. Laurent zu versuchen. Mit dieser Methode konnten mitunter (zumindest theoretisch) auf einen Schlag mögliche Defizite ausgeglichen werden. Darunter wären ein allzu grasiger, unreifer Charakter von Cabernet aus den zuvor angeführten schwächeren Jahrgängen ebenso zu verstehen wie Merlot, der zwar die erwünschten Zuckerwerte aufwies, doch aufgrund von Bodenbeschaffenheit und Kleinklima gar zu weich und indifferent ausgefallen war. Zumeist hat sich in der Regionen des Burgenlandes als heimischer Blend-Bestandteil jene Rebe durchgesetzt, die dort ohnehin dominant war, demnach rund um Gols und im Seewinkel der Zweigelt, im Mittelburgenland und im Süden hingegen der Blaufränkische.

Friedliche Koexistenz

Seit einigen Jahren scheint die Frage, ob reinsortigen Rotweinen oder Cuvées der Vorrang gebührt, ad acta gelegt, oder besser gesagt: einem harmonischen Miteinander gewichen zu sein. Vielleicht auch aufgrund der beinahe unheimlich anmutenden Serie sehr guter bis ausgezeichneter Rotweinjahre – Wer hätte jemals sechs von den vergangenen sieben Jahren eine derartige Einstufung zugetraut? – scheint vor allem der reinsortige Ausbau der Cabernet-Spielarten an Charme und Bedeutung gewonnen zu haben. Aber auch der Merlot hat eine tragende Rolle erworben, zumal er seiner Eigenschaften wegen selbst in weniger günstigen Weinjahren und Lagen verlässliche Resultate liefern kann.

Hohes Durchschnittsniveau, exzellente Spitzen

Den Modellfall eines ganz ausgezeichneten 2019ers repräsentierte der Rêve de Jeunesse von René Pöckl, der reintönige, puristische Frucht mit unbändiger Kraft und seltener Eleganz zu verbinden versteht. Ebenfalls exemplarisch gelungen sind die mit hoher Finesse, cremigem Schmelz und samtigen Tanninen prunkende, äußerst preiswerte Merlot Reserve des immer stärker auffallenden Newcomers Alexander Egermann sowie der engmaschige und substanzreiche CALX-Cabernet des Weingutes Leberl. Auch die noch etwas unentwickelte Weite Welt von Günter und Regina Triebaumer, die vor allem auf Cabernet Franc basiert, ist mit ihrer dunkelbeerigen, rassigen Stilistik stets einen Verkostungsschluck wert, während der pikante, kirschfruchtige Syrah von Paul Achs das Potenzial dieser Rebsorte aufzeigt.

Die vorwiegend aus den Bordeaux-Rebsorten gebildeten 2018er dieser Degustation beeindruckten und gefielen überwiegend mit Fruchttiefe, schönem Volumen und reifen Tanninen. Zudem ließen Balance und Vitalität der meisten Proponenten überraschenderweise nichts zu wünschen übrig. Ein Musterexemplar war beispielsweise der mit puristischem Cabernet-Feeling und makelloser Eleganz auftrumpfende Bordeaux-Blend von Ernst Triebaumer, der sich enorm positiv entwickelt hat und mit seiner festen Struktur und dem herzhaften Biss den Jahrgang nahezu verleugnet. Genauso prachtvoll rollte die Cuvée 3-5-8 des Illmitzer Seewinkelhofs über den Gaumen: was für ein chicer, vor dunkelbeerigen Fruchtaromen überquellender Top-Wein, der auch punkto Holzeinsatz und Equilibre Maßstäbe setzt und es zweifellos mit den besten Maremma-Exemplaren ähnlicher Stilistik aufzunehmen verstünde.

Rundum überzeugend präsentierte sich auch das Neckenmarkter Rotweingut Lang, und zwar sogar mit gleich zwei nahezu gleichwertigen Premium-Weinen, wobei der kraftvolle wie geschliffene Excelsior nur um ein Alzerl vor dem ebenso körperreichen, feinkörnigen Fusion One landete, der überdies sehr preiswert erscheint. Wahrhaft vielversprechend zeigte sich außerdem der Cabernet von Andi Kollwentz, der einfach noch einige Zeit braucht, um seine Vielschichtigkeit und schiere Kraft im Glas adäquat umzusetzen.

Für ein spezielles Highlight sorgten dann die Ruster Gewächse von „Luigi“ Follner, der gleich ein Duo aus dem tollen Rotweinjahr 2011 ins Rennen schickte, das die hohen Erwartungen sogar noch übertroffen hat. Während wir im Vorjahr bei der Verkostung gereifter Weine die pure Liebe aus 2012 noch klar favorisierten, war diesmal die 2011er Liebe pur eine Klasse für sich. Der klassische Bordeaux-Blend brillierte mit hocheleganter Stilistik und herrlich samtigem Schmelz sowie verblüffender Zeitlosigkeit. Nur wenig dahinter positionierten sich der nur aus Merlot bereitete Follner pur, der – obwohl etwas weiter entwickelt – ebenfalls mit Extraktsüße und hochfeiner Struktur glänzte, sowie der noch recht schneidige, glockenklare und vitale 2017er Liebe pur.

 

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Französisch im Burgenland Rot Toplist (Auszug)

18,0
Weinmanufaktur Follner              2011 Liebe pur

17,9
Ernst Triebaumer Rust, 2018 Cabernet Merlot

17,8
Weingut Pöckl, 2019 Rêve de Jeunesse

17,8
Salzl Seewinkelhof, 2018 3-5-8 Premium

17,6
Rotweine Lang, 2018 Cuvée Excelsior

17,5
Weingut Alexander Egermann, 2019 Merlot Reserve

17,5
Weinmanufaktur Follner, 2011 Follner pur

17,4
Weinmanufaktur Follner, 2017 Liebe pur

17,4
Weingut Kollwentz, 2018 Cabernet Sauvignon

17,4
Rotweine Lang, 2018 Cuvée Fusion One

17,2 
Weingut Leberl, 2018 Cabernet Sauvignon CALX

17,2
Weingut Franz Schindler, 2018 Merlot

17,1
Weingut Leberl, 2019 Cabernet Sauvignon CALX

17,0
Günter + Regina Triebaumer, 2018 Cabernet Franc Ried Gillesberg

16,9
Maria Kerschbaum, 2018 Merlot

16,9
Weingut Franz Schindler, 2018 Cabernet Sauvignon

16,8
Weingut Paul Achs, 2019 Syrah

16,8
Weingut Alexander Egermann, 2019 Cabernet Sauvignon Reserve

16,8
Weingut Gerhard Pfneisl, 2018 Hexenberg

16,8
Günter + Regina Triebaumer, 2019 Weite Welt

16,7
Weingut Ernst, 2018 La Mission

16,7
Weingut Nehrer, 2018 Cabernet Sauvignon Ried Schauerkreuz

16,6
Weingut Mad, 2019 Cabernet Sauvignon-Merlot Ried Neugebirge

16,6
Weingut Martin Reinfeld, 2018 Merlot

 

Französisch im Burgenland Best Buy bis 15 Euro (Auszug)

17,5
Weingut Alexander Egermann, 2019 Merlot Reserve, € 15,00

17,4
Rotweine Lang, 2018 Cuvée Fusion One, € 12,90

16,8
Weingut Alexander Egermann, 2019 Cabernet Sauvignon Reserve, € 15,00

16,5
Günter + Regina Triebaumer, 2019 Cabernet Sauvignon, € 11,80

16,2
Weingut Georg Seiler, 2019 Cabernet Franc, € 15,00

16,1
Weingut Kummer, 2018 Cuvée Kardinal, € 12,50

16,0
Weingut Martin Reinfeld, 2019 VIER, € 9,50

15,9
Bio-Weingut Ettl, 2018 Merlot Prädium, € 7,80

15,8
Winzerschlössl Kaiser, 2018 Cabernet Sauvignon, Kastanienfass, € 12,80

15,7
Klosterkeller Siegendorf, 2019 Klosterkeller Siegendorf O’Dora, € 10,80

15,6
Weinbau Kovacs, 2018 Feuer, € 8,90

15,5
Weingut Kummer, 2018 Syrah, € 10,50

15,5
Weingut Sagmeister, 2016 Cabernet Sauvignon, € 14,00

René Pöckl © Steve Haider
Christoph Salzls 3-5-8 überzeugte mit perfektem Holzeinsatz und Balance. © Thomas Schmid
Traubenübernahme im Weingut Stefan Lang durch Sohn Stefan jun.. © Sebastian Philipp
Andi Kollwentz © Weingut Kollwentz
Martin Reinfeld © Paul Szimak
Paul Achs - 4 Kronen im aktuellen Vinaria Weinguide! © Franz Helmreich
Alexander Egermann lieferte Klassiker mit tollem Preis-Leistungs-Verhältnis. © Steve Haider
Regina und Günter Triebaumer © Steve Haider
Ramona und Johannes Kummer © Barbara Amon
Georg Seiler © Weingut Seiler
Franz Schindler senior und Ferry Schindler © Jerzy Bin
Fleißige wie günstige Weingartenarbeiter in den Weingärten des Weinguts Ernst Triebaumer. © Weingut Ernst Triebaumer