Aromatiker mit Zurückhaltung: Im Ping-Pong-Jahr 2022 hatte es der Muskateller ob wankelmütiger Bedingungen nicht immer leicht: Vinaria organisierte die größte Sortenverkostung des aktuellen Jahrgangs, die Steiermark und Niederösterreich matchen sich an der Spitze.

Markus Waldschütz © Michael Parak

Vor allem die sommerliche Dürre und der nasse Herbst waren für Winzer wie Reben herausfordernd. Dennoch dürfen sich Muskatellerfans freuen, denn herausgekommen ist ein Jahrgang mit eleganter Aromatik, der Frucht und Schliff mitbringt

Traubiges Trinkvergnügen: Muskateller & Co. zählen nach wie vor zu den beliebtesten Aperitif- und Sommerweinen im Alpenland. Das ist leicht nachvollziehbar, bieten sie doch – zumindest in der Version leicht und trocken – einerseits prägnantes Aroma, andererseits frischen und unbeschwerten Trinkgenuss, womit sie eine Nische besetzen, die ihnen keine andere Sorte wirklich streitig machen kann.

Etwas burschikoser und erdiger kommen freilich ihre Cousins in Gestalt des Muskat-Ottonel daher, intensiver geben sich Muscaris und Blütenmuskateller. Von der Bedeutung her ist der klassische Muskateller mit großem Abstand führend – nach einem längeren Tief ab Mitte der 1980er-Jahre steht er laut jüngster Statistik bei knapp 1500 Hektar und mit 3,3 Prozent Anteil an neunter Stelle unter den Sorten insgesamt.

Fallende Tendenz zeigt seit Jahren der Muskat-Ottonel, der derzeit bei rund 320 Hektar oder 0,7 Prozent Anteil liegt. Im Steigen sind dafür die Piwi-Sorten Muscaris und Blütenmuskateller begriffen.

Elegante Aromatik & breites Qualitätsspektrum

Im Jahrgang 2022 sind Duftexplosionen und aromatische Feuerwerke eher Mangelware, die Sortenvertreter geben sich vielfach dezent bis teils zurückhaltend, selten ist die Aromatik expressiv, plakativ fast nie. Dennoch präsentieren sich die Muskateller aus dem Jahrgang 2022 im Duft mehrheitlich sortenaffin, viele Vertreter zeigen verlockende Aromen, wobei die Frucht häufig an Orangen und Orangenschalen erinnert, teils auch an Kernobst, vor allem Birnen. Dazu Wiesenblüter und Wiesenkräuter, frisch und getrocknet.

Neben einer überschaubaren Spitzengruppe und einem soliden Mittelfeld gab es etliche Vertreter, die zwar keine Fehler, dafür aber teils deutliche Mankos in Sachen Ausdruck, vor allem aber Substanz und Reife aufwiesen. Gehört ein eher schlanker Körperbau gerade bei den als Aperitif angelegten Vertretern quasi zur Job Description, so ist bei solchen Vertretern eine entsprechende Balance der Einzelkomponenten umso wichtiger.

Ein Mindestmaß an physiologischer Reife muss vorhanden sein, damit Gaumenfeeling und vor allem sensorischer Ausklang passen. Dass Letzteres 2022 sehr wohl zu erreichen war, zeigen nicht nur die top platzierten Weine, sondern auch das Mittelfeld der eingereichten Muskateller. Mehrfach wurden Ausdünnen und Selektion als wesentliche Faktoren angeführt, zusätzlich wurde aber auch angemerkt, dass in jenen Muskateller-Weingärten, die dank penibler Pflege in optimalem Zustand waren, eine spätere Lese möglich und vor allem erfolgversprechend war.

An der Spitze: Steiermark gegen Niederösterreich

Im Spitzenbereich kam es wieder zu einem Match zwischen Steiermark und Niederösterreich – jene zwei Bundesländer, die mit Abstand über die meiste Rebfläche verfügen –, wobei Letztere heuer die absolute Spitze wieder für sich sicherten. Der Sieg ging etwas überraschend, dafür umso deutlicher an das Weingut Waldschütz in Elsarn, das sich mit seinem kernigen und reifzitrusfruchtigen Gelben Muskateller Niederösterreich durch alle Vorverkostungen kämpfte, um dann schließlich auch im Finale zu reüssieren.

Waldschütz vor Gritsch, Kodolitsch und Windisch

Auf dem zweiten Platz folgte mit Franz Josef Gritsch aus Spitz ein alter Bekannter in Sachen Muskateller, der mit seinem vom Hartberg stammenden Federspiel überzeugen konnte. Knapp dahinter ex aequo auf dem dritten Platz landeten das Weingut Kodolitsch aus Leibnitz mit einem gebündelten, pointierten Gamlitz Ortswein sowie Niki Windisch aus Großengersdorf mit Ried Satzen Privat, der Frucht und Holznote bestens vermählte.

Wiederum einen Augenaufschlag dahinter war der immer für Spitzenleistungen gute Lagenwein Ried Gaisriegl vom Weingut Schmölzer aus St. Andrä-Höch. Aus dem folgenden Trio war der Blütenmuskateller von Winzer Krems eine tolle Überraschung, der sich Schulter an Schulter mit zwei höchst renommierten Vertretern aus Styria platzieren konnte: Stefan Krispel aus Neusetz bei Straden überzeugte mit dem Ried Rosenberg, Gustav Schneeberger vom Weingut Schmölzer zum zweiten Mal mit seinem Privat.

Überraschender Blütenmuskateller & ein Orange Wine

In gewohnter Manier ging es dicht an dicht weiter mit Weinen von Skoff Original, Trabos und Adam-Lieleg aus der Steiermark sowie Holzmann, Vorspannhof Mayr und Weinwurm aus Niederösterreich; bei Letzterem handelt es sich um einen nur 10,5 Prozent „schweren“ Orange Wine. In knapper Abfolge jede Menge weiterer höchst empfehlenswerter Muskateller, die alle anregendes Trinkvergnügen bieten.

 

Topliste Gesamt Muskateller & Co

16,8 Weingut Waldschütz 2022 Gelber Muskateller NÖ
16,5 FJ Gritsch 2022 Muskateller Spitz Federspiel WA
16,4 Weingut Kodolitsch 2022 Gelber Muskateller Gamlitz SST
16,4 Niki Windisch 2022 Gelber Muskateller Ried Satzen Privat NÖ
16,3 Weingut Schmölzer 2022 Gelber Muskateller Ried Gaisriegl SST
16,1 Winzer Krems 2022 Blütenmuskateller NÖ
16,1 Weingut Krispel 2022 Gelber Muskateller Stradener Rosenberg VLST
16,1 Weingut Schmölzer 2022 Gelber Muskateller Kitzeck-Sausal Privat SST
16,0 Skoff Original 2022 Gelber Muskateller Großklein Ried Hohenegg SST
16,0 Weingut Trabos 2022 Gelber Muskateller Klassik SST
15,9 Weingut Adam-Lieleg 2022 Muskateller Eichberg SST
15,9 Weingut Holzmann 2022 Roter Muskateller NÖ
15,9 Vorspannhof Mayr 2022 Gelber Muskateller NÖ
15,9 Weingut Weinwurm 2022 Gelber Muskateller Hommage Ö
15,8 Weingut Felberjörgl – Familie Temmel 2022 Gelber Muskateller Kitzeck-Sausal SST
15,8 Winzerhof Scheit 2022 Gelber Muskateller Ried In Ölbergen NÖ
15,8 Skoff Original 2022 Gelber Muskateller Eichberg SST
15,7 Weingut Anton Eitzinger 2022 Gelber Muskateller Terrassen NÖ
15,7 Weinbau Harald Groll 2022 Gelber Muskateller NÖ
15,7 Weingut Kollerhof 2022 Muscaris SST
15,7 Weingut Pfeifer 2022 Gelber Muskateller VLST
15,7 Weingut Schwarzböck 2022 Gelber Muskateller NÖ
15,6 Weingut Gilg 2022 Gelber Muskateller NÖ
15,6 Weingut Höllmüller 2022 Gelber Muskateller Von den Terrassen WA
15,6 Weingut Neunteufl 2022 Gelber Muskateller NÖ
15,6 Weingut Rixinger 2022 Muskateller WA
15,6 Weingut Schmölzer 2022 Gelber Muskateller Ried Grillbauer SST
15,6 Weingut Peter Skoff – Domäne Kranachberg 2022 Gelber Muskateller Gamlitz SST

 

Abo bestellen - Die gesamte Reportage und alle Interviews finden Sie in der Ausgabe Vinaria 04/2023. Bestellen Sie Vinaria jetzt einfach & bequem zum Erscheinungstermin nach Hause. Das Jahresabo Vinaria mit 8 Ausgaben pro Jahr inklusive dem großen Weinguide Österreich ist um € 69,00 (EU-Ausland € 89,00) erhältlich. Jetzt im Vinaria Abo-Shop bestellen.

Franz-Josef Gritsch © Weingut Gritsch
Weingärten in Steillage vom Weingut Kodolitsch. © Werner Krug
Niki Windisch aus Groß Engersdorf begeisterte mit Privat Ried Satzen. © Alexander Seidl
Nicol und Gustav Schneeberger vom Weingut Schmölzer sind Muskateller-Spezialisten aus dem Sausal. © Michael Schaffer-Warga
Winzer Krems: (v.l.) Obmann Florian Stöger und Geschäftsführer Ludwig Holzer. © Robert Herbst
Stefan Krispel vom Weingut Krispel. © Weingut Krispel
Eva Skoff und Walter Skoff aus Eckberg. © Weingut Skoff Original
Florian und Mathias vom Weingut Adam-Lieleg. © Werner Krug
Nina, Karl, Lorenz & Leonhard Holzmann, dazu im Hintergrund die Riede Saubergen. © Tomas Dananai
Silke Mayr vom Vorspannhof Mayr in Dross. © Klaus Vyhnalek
Johannes Hess vom Weinbauernhof Hess © Astrid Bartl
Friedrich Rixinger © Siebenhandl
Martina und Harald Groll mit Kindern Manuel und Laurenz © Weingut Groll
Renate und Reinhard Greilinger © Weinbau Greilinger
Hans-Peter Temmel vom Weingut Felberjörgl. © Johannes Sommer
Daniela und Bernhard Scheit aus Karnabrunn. © Jörg Uckermann
Nadja und Toni Eitzinger aus Langenlois. © Weingut Eitzinger
Harald Lieleg vom Weingut Kollerhof. © Werner Krug
Daniel Pfeifer vom Weingut Pfeifer aus Sankt Anna am Aigen. © Alexander Koch