Die Österreichischen Traditionsweingüter (ÖTW) setzen auf Expansion und möchten die Themenführerschaft bei Lagenklassifizierungen und Herkunft von Spitzenweinen in Österreich weiter ausbauen. Nach dem ÖTW-Subverein in der Thermenregion wird 2024 einer im Weinviertel gegründet werden.

„Mastermind and mentor of Austrian Wine“ nennt es ÖTW Bundesobmann Michael Moosbrugger (Weingut Schloss Gobelsburg, Kamptal) in der englischsprachigen Präsentation vor internationalen Journalisten im Rahmen der eben zu Ende gegangenen VieVinum 2022 in der Wiener Hofburg. Das ist schlicht das Ziel, das die ÖTW in naher Zukunft erreichen möchten. Zudem will man künftig eine nationale Bewegung sein, nicht nur regional agieren („From regional to national movement“).

Neuer ÖTW Verein Thermenregion

Am 5. Mai 2022 wurde der Subverein ÖTW Thermenregion gegeründet, dem Vinaria 5 Kronen-Winzer Hannes Reinisch vorsteht. Zahlreiche Topbetriebe aus dem Weinbaugebiet südlich von Wien in Niederösterreich sind bereits Mitglieder: die Weingüter Alphart, Auer, Leopold Aumann, Gebeshuber, Hartl, Landauer-Gisperg, Johanneshof Reinisch, Schneider und Stadlmann. Next step ist das Weinviertel, Österreichs größtes Weinbaugebiet, wo in zwei Jahren – 2024 – der Verein ÖTW Weinviertel aus der Taufe gehoben werden soll.

Derzeit sind die Österreichischen Traditionsweingüter in den Weinbaugebieten entlang dert Donau präsent: Im Kamp-, Krems- und Traisental, am Wagram, in Wien und in Carnuntum sowie nun auch in der Thermenregion. Seit 30 Jahren bestehen die ÖTW, derzeit zählt der Verein 77 Mitglieder, davon – Vinaria berichtete – 68 Vollmitglieder und neun assozierte. Anno 1991 taten sich 17 Weingüter im Kamp- und Kremstal zusammen, um die Herkunft österreichischer Topweine zu strukturieren und zu forcieren. Mit dem primären Ziel einer Lagenklassifizierung.

Reibungsflächen mit der Weinbaupolitik und der breiten Masse an Winzern, die mit Know-how und Terroirs nicht so gesegnet sind, waren die logische Folge. Die ÖTW sahen ihre Intentionen immer abseits oder neben dem gesetzlichen DAC-System. Wobei die dreistufige Herkunft – Gebiets-, Orts- und Riedenweine -die gemeinsame Basis bildet, die verfeinerte Auflösung im Detail dann aber differenziert.

ÖTW-Prinzipien sollen Gesetz werden

Man wollte von Beginn an den Weinliebhabern ein System der Orientierung bei Herkünften aus Österreich geben, so Michael Moosbrugger in seinem Rückblick. Fast 20 Jahre lang widmeten die ÖTW-Winzer der gründlichen Analyse vor allem ihrer Weingärten, ehe 2009 das vereinseigene System der Ersten Lagen (1ÖTW) vorgestellt wurde.

Weitere knapp 15 Jahre beanspruchte bis dato die Entwicklung dieser 1ÖTW hin zur Basis für Große Lagen. Und noch einige Jährchen mehr möchten sich Moosbrugger & Co gönnen, um ihre Prinzipien in gesetzliche Formen gegossen zu wissen. Da muss die Weinbaupolitik mitspielen, die auch Willens ist, allerdings um ein System ringt, das für alle Winzer – ÖTW oder nicht – gleiche Geltung hat, vom Gesetzgeber kontrolliert und umgesetzt. Das Ziel ist nahe, der letzte Teil des Weges aber dornenvoll. 2023 könnte es soweit sein.

Historie der Rieden, Geologie, (Mikro)Klima, Rebsorten, das Know-how des Winzerbetriebes zählen für die ÖTW zu den Inhalten ihrer Prinzipien. Im wirtschaftlichen Bereich sind das Quantitäten (Mengenbeschränkungen), Arbeit im Weingarteh (keine Herbizide, Handlese), das Timing (Riedenweine erst ab September des Folgejahres), die Art der Distribution und Exportstrategien sowie mediale Relevanz und Expertenratings (Punkte, Sterne, Kronen).

95 Erste Lagen (1ÖTW) weisen die 77 Mitglieder derzeit auf Vereinsbasis aus. Insgesamt werden von diesen Winzern rund 3.000 Hektar bewirtschaftet, das sind sieben Prozent der österreichischen Rebfläche. Im Rückblick stolz sind die Macher der ÖTW auf Meilensteine wie die Tour de Vin (Vorläufer aller Frühlings-Weinevents, das Silent Tasting in Grafenegg– das größte Herkunftstasting des Landes mit regem internationalem Zuspruch – und die aufwändige Riedendokumentation in Buch- und Kartenform. Die exakte Herausarbeitung von Einzellagen (single vineyards) ist schließlich das Meisterstück der ÖTW.

Ziel: Einheitliches Klassifizierungssystem im DACH-Raum

Mit den Steirischen Terroir- und Klassikweingütern (STK) und dem Verband deutscher Prädikatsweingüter (VDP) verbinden die ÖTW-Winzer enge Kooperationen. Zu dritt möchte man im deutschsprachigen Raum ein einheitliches System der Lagenklassifizierung etablieren. Die Frage nach einem ÖTW Verein in der Grünen Mark stellt sich daher im Moment nicht – auch nicht jene, ob dereinst die STK als ÖTW-Ableger integriert werden wird, kann, darf oder soll.

Personell wird der Verein ÖTW geleitet von Gründungs- und Bundesobmann Michael Moosbrugger sowie den Obleuten der regionalen ÖTW Vereine: Michael Malat für die Donauregion (Kamp-, Krems-, Traisental und Wagram), Fritz Wieninger für Wien, Gerhard Markowitsch für Carnuntum und Hannes Reinisch für die Thermenregion.