Die rotweißrote Banderole für österreichischen Qualitätswein gilt als eines der besten Marketinginstrumente der Weinwelt. Das Nationale Weinkomitee hat nun einen Vorschlag erarbeitet, um neue, erfolgreiche Weinstile in das Qualitätswein-System zu integrieren. Auch Naturweine.

ÖWM -Geschäftsführer Chris Yorke © ÖWM / Anna Stöcher

Seit Jahrzehnten hat das Weinland Österreich eines der weltweit strengsten Systeme zur Qualitätssicherung. Welche Weine Qualitätsweine werden dürfen, wird amtlich sehr genau überprüft: sowohl chemisch-analytisch im Labor als auch sensorisch durch eine Verkostungsprüfung. Werden beide Überprüfungen bestanden, erhält der Wein eine staatliche Prüfnummer und darf die rotweißrote Banderole auf dem Flaschenkopf tragen. Auf den ersten Blick ist für Konsumenten erkennbar, woher der Wein kommt und welche Art von Wein sie erwarten können.

Im Export erzielen Weine ohne Banderole hohe Preise

20 Prozent des gesamten Export-Umsatzes entfallen allerdings aktuell auf Nicht-Qualitätsweine in Flaschen, die aber einen höheren Durchschnittspreis erzielen als die Qualitätsweine in Flaschen mit Banderole. Die Weine ohne Banderole sind also teurer – und offensichtlich gefragter – als die „normalen“ Qualitätsweine. In der Detailanalyse zeigt sich, dass insbesondere zwei Weinstile unter diese 20 Prozent der Exportweine fallen:

Einerseits Weine, die ihren Fokus weniger auf eine präzise Fruchtigkeit legen, sondern stärker auf die Darstellung ihrer Herkunft durch minimalen Eingriff bei der Vinifikation. Sie sind international besonders erfolgreich und können daher unter dem Sammelbegriff „Weine mit internationaler Stilistik“ zusammengefasst werden. Das können zum Beispiel Weine sein, die weniger sortentypisch ausgebaut werden, dafür umso mineralischer oder burgundisch, eine bei Winzern derzeit sehr beliebte Stilrichtung.

Andererseits fallen in diese 20 Prozent Exportanteil auch Weine mit deutlich alternativen Ausbauarten, etwa Natural oder Orange Weine, also Weißweine mit längerer Maischestandzeit. Sie können unter dem Begriff „Weine mit alternativer Stilistik“ zusammengefasst werden.

Erfolgreiche Weinstile fallen bei Banderole-Prüfung durch

Weine aus beiden Stilen bestehen oftmals nicht die sensorische Qualitätswein-Prüfung und werden folglich als Landwein oder als „Wein aus Österreich“ klassifiziert. Sie fallen bei der Prüfnummern-Kommission einfach durch, weil sie nicht dem Erfordernis „sortentypisch“ entsprechen.

Beide Weinstile haben, so die Österreichische Weinmarketing (ÖWM), zuletzt jedoch immer stärker Fuß gefasst, bei Winzern und bei Konsumenten. Im Inland ist der Konsum dieser Stile noch eher verhalten, wenngleich sich in urbanen Restaurants und Weinbars ein Trend zu alternativen, weniger fruchtbetonten Stilen etabliert hat.

Im Inland wenig Nachfrage, im Ausland ein Hype

International finden diese Stile großen Zuspruch bei weinaffinen, zahlungskräftigen und meinungsbildenden Zielgruppen und tragen wesentlich dazu bei, dass Österreich als innovatives und hochwertiges Weinland wahrgenommen wird. Vor allem Sommeliers fahren geradezu ab auf diese Weinstile. Gute Märkte für österreichische Weine alternativer Stilsitik sind Skandinavien, die Benelux-Länder, Großbritannien und die USA.

ÖWM an Nationales Weinkomitee: Winzer im System halten!

„Die ÖWM hat dieses Thema deshalb ins Nationale Weinkomitee gebracht. Wenn wir nicht agieren, besteht die Gefahr, dass wir mehr und mehr international angesehene Winzer, die diese Weinstile erzeugen, aus unserem System verlieren“, meint ÖWM Chef Chris Yorke.

Weltweit hat sich in den vergangenen Jahren ein Trend zu Weinen entwickelt, die versuchen, ihre Herkunft und Lage mit möglichst wenig Intervention (etwa durch Spontangärung) oder mit Maischestandzeit herauszuarbeiten. Das Ergebnis sind Weine, deren Aromenprofil würziger und weniger fruchtbetont ist. Sie kommen speziell international gut an, schaffen es aber oft nicht durch die sensorische Verkostungsprüfung, weil ihre Stilistik nicht vollumfänglich mit den Vorgaben der klassischen Prüfkommission kompatibel ist. Diese Weine werden somit nicht als Qualitätswein deklariert, erhalten nicht die Banderole und dürfen auch keine engere Herkunft als „Österreich“ oder die jeweilige Landwein-Region angeben.

Erfolgreiche Weine fallen bei Prüfkommission durch

Als Lösungsvorschlag hat sich das Nationale Weinkomitee bei der Sitzung im Oktober 2022 darauf geeinigt, eine eigene Fach-Prüfungskommission ergänzend zur Standard-Prüfungskommission einzusetzen. Wenn ein Wein mit internationaler Stilistik die reguläre Prüfnummernverkostung nicht besteht, kann der Winzer ihn bei der vom Bundesamt speziell eingerichteten Fachkommission einreichen. Diese amtlichen Koster sind auf solche Weine speziell geschult und erstellen ein Gegengutachten, sofern der Wein den qualitativen Vorgaben entspricht und keinen Weinfehler aufweist.

Natur- und Orange Weine als große Hürde

Noch schwieriger ist es bei Weinen, die alternativ ausgebaut und deutlicher von ihrer Machart geprägt werden: etwa durch eine lange Maischestandzeit bei Weißweinen oder keine Filtration, was in einer merklichen Trübung des Weins resultiert. Auch diese Weine finden aktuell im österreichischen Qualitätswein-System keinen Platz. „Es ist uns bewusst, dass dieses Thema sehr komplex ist, da die Einordnung und Abgrenzung gegenüber anderen Weinstilen sehr schwierig ist“, sagt ÖWM Chef Chris Yorke.

Trotzdem soll es möglich sein, dass Weine dieser Machart angeben dürfen, wo sie entstanden sind. Dafür müsste im Weingesetz eine eigene Kategorie geschaffen werden, mit der auf dem Etikett klar erkennbar wird, dass es sich um einen Qualitätswein mit alternativer Stilistik handelt. Denkbar wäre ein Ansatz vergleichbar zu den Prädikatsweinen: Dort erkennen Konsumenten aufgrund der Kategorieangabe am Etikett (etwa Auslese, Trockenbeerenauslese) sofort, dass es sich um einen österreichischen Qualitätswein mit anderer Typizität handelt.

Image-Weine müssen unter der Banderole Platz finden

Ziel ist es jedenfalls, dass möglichst viele Weine, die das Image Österreichs als hochwertiges und innovatives Weinland stärken, im System der Banderole Platz finden können. Gleichzeitig muss für Konsumenten klar erkennbar sein, welcher Qualitätswein-Stil sie erwartet. Das Bundesamt für Weinbau wird die Weichen dafür stellen, dass die Fach-Prüfungskommission für Weine mit sogenannter internationaler Stilistik implementiert und der weitere Prozess umgesetzt werden kann. Eingebunden werden auch die Regionalen Weinkomitees.

Quelle: ÖWM