Die aktuelle Personalie des erstmals bestellten Geschäftsführers der Österreichischen Traditionsweingüter (ÖTW) nimmt es vorweg: die ÖTW wollen und müssen sich neu aufstellen, wollen alle österreichischen Weinbauregionen abdecken. In den nächsten drei bis fünf Jahren wird kaum ein Stein am anderen bleiben.

Weingutsleiter Stefan Tscheppe, Hofkellerei Liechtenstein © Hofkellerei Liechtenstein

Michael Tischler-Zimmermann, noch bis Ende Februar als Leiter Märkte International & Strategische Kooperationen Spitzenmanager der Österreichischen Weinmarketing, wechselt als neuer und erstmals bestellter Geschäftsführer zu den Österreichischen Traditionsweingütern (ÖTW). Der zugezogene und begeisterte Kremstaler wird seinen Bürositz in der Region aufschlagen, praktischerweise nahe der ÖTW-Bundesgeschäftsstelle und nahe seinem Obmann Michael Moosbrugger, der im Kamptal Schloss Gobelsburg höchst erfolgreich führt.

Die Mitte 2023 in Kraft getretene gesetzliche Verordnung zur Lagenklassifizierung haben die Traditionsweingüter durchaus federführend mitgestaltet, nun brauchen sie aber eine neue Ausrichtung mit neuen Kernkompetenzen. Diese zu definieren und die Strukturen dazu aufzubauen, zusammen mit dem Bundesvorstand und den Regionalvereinen, wird eine der Hauptaufgaben des neuen Geschäftsführers sein, der am 1. März 2024 sein Amt antreten wird.

Rund 80 Betriebe, durch die Bank Spitzen des heimischen Weinbaus, sind in den ÖTW organisiert. Vereine gibt es im Kamp-, Krems- und Traisental, am Wagram, in Carnuntum, in Wien sowie seit dem Vorjahr in der Thermenregion im Süden Niederösterreichs.

„Tischler-Zimmermann ist perfekte Besetzung“

„Michael Tischler-Zimmermann ist die perfekte Person als Geschäftsführer der ÖTW, weil er ein absoluter Profi des Dachmarketings ist“, streut Michael Moosbrugger seinem neuen operativen Manager Rosen. Dieser freut sich darauf, sein enormes Know-how im internationalen Weinmarketing und sein gewaltiges Netzwerk künftig für die Neuformierung der Traditionsweingüter einsetzen zu dürfen.

Der neue Geschäftsführer wird zudem das gemeinschaftliche Herkunftsmarketing für die ÖTW-Mitglieder aufbauen, „da wenden wir uns völlig neuen Aufgaben zu“ (Moosbrugger). Die ÖTW sehen sich als Vereinigung von Spitzenwinzern, die spezielle Bedürfnisse in der Marktbearbeitung haben. In den Kernmärkten Österreich und Deutschland sieht Moosbrugger seine Mitglieder individuell recht gut aufgestellt, das ÖTW-Management soll künftig in allen anderen Märkten rund um die Welt greifen.

„Imageträger des österreichischen Weins“

„Wir sind die Imageträger des österreichischen Weins“, gibt sich Michael Moosbrugger gar nicht bescheiden. Eine mögliche Konkurrenzsituation zur Österreichischen Weinmarketing sieht er nicht, eher das Gegenteil: „Wir sind eine gute Ergänzung zu ÖWM, die sich ja Kraft Eigendefinition und breit aufgestellter Finanzierung auch an der Breite orientieren will und muss.“

In den kommenden drei bis fünf Jahren sieht Michael Moosbrugger die ÖTW bundesweit aufgestellt, in allen relevanten Weinbaugebieten mit Regionalvereinen vertreten. Dann sollen 100 bis 120 Mitglieder stolz das ÖTW-Logo führen. Als nächster Regionalverein wird sich jener im Weinviertel konstituieren. Ein Projektverein hat die Arbeit bereits aufgenommen, dessen Obmann ist Stefan Tscheppe, seines Zeichens höchst erfolgreicher Leiter und Önologe der Hofkellerei des Fürsten von Liechtenstein in Wilfersdorf. Tscheppe hatte dem fürstlichen Traditionsweingut zusammen mit Prinzessin Marie von und zu Liechtenstein in jüngster Vergangenheit einen Modernisierungs- und Qualitätsschub sondergleichen verpasst.

Im Projektverein hat Stefan Tscheppe 14 Weingüter versammelt, die die Basis für ÖTW Weinviertel legen werden. Solle nicht weiter verwundern, wenn ÖTW Weinviertel zur diesjährigen VieVinum ins Licht der Öffentlichkeit treten würde. Hatte doch Michael Moosbrugger bei der VieVinum 2020 den Verein der Thermenregion aus der Taufe gehoben und die Anker in Richtung Weinviertel ausgeworfen.

Im Burgenland laufen ebenfalls vorbereitende Gespräche für einen ÖTW Regionalverein, zumal Moosbrugger dort „einigen Nachholbedarf in Sachen Herkunftsmarketing“ ortet. Die Fokussierung auch der besten Betriebe im Burgenland auf Sorten und Marken mache die Sache aber nicht leichter.

Gemeinsame Sache mit STK Winzern in Griffweite

Einfacher - und spektakulärer – dürfte der künftige Auftritt der ÖTW in der Steiermark sein. Enge Kontakte, zahlreiche Gemeinsamkeiten und beste persönliche Chemie zwischen den Spitzen der ÖTW und den zwölf Weinbaubetrieben der Steirischen Terroir- und Klassikweingüter (STK) sind evident. Eine Fusion der beiden Vereine dürfte, so schätzen Insider, nur eine Frage der Zeit sein.

Auch die Wachau im Augenwinkel

Bleibt das Flaggschiff des heimischen Weinbaus, die Wachau. Dort hat es zuletzt durch den Austritt von Topwinzer Franz-Josef Gritsch (5 Kronen Vinaria) ordentlich gerumpelt, nachdem sich schon im Jahr 2020 F.X. Pichler verabschiedet hatte. „Wenn es in der Wachau Interesse an den ÖTW gibt, sind wir sicher offen und bereit“, lächelt Gobelsburg-Boss Moosbrugger und sähe darin „gar keinen Widerspruch zur Vinea Wachau.“

Weiter intensivieren möchte der ÖTW-Obmann die Kooperationen und Verflechtungen mit dem Verband deutscher Prädikatsweingüter (VDP). Hier soll ein künftig engerer Schulterschluss auch auf internationaler Ebene zu gemeinsamer Wahrnehmung der beiden Vereinigungen führen.

Michael Tischler-Zimmermann © ÖWM, Anna Stöcher