Exakt am 22.02.22. feiert die älteste Landwirtschaftskammer Österreichs ihren 100. Geburtstag. An der Selbstorganisation der Land- und Forstwirtschaft hat sich seither nichts geändert. An Ansprüchen und Aufgaben sehr wohl. Die Kammer gilt als die mit Abstand mächtigste des Landes.

LK NÖ-Präsident Johannes Schmuckenschlager (Mitte) mit seinen Vizepräsidenten Andrea Wagner und Lorenz Mayr. © LK NÖ, Philipp Monihart

Am 22. Februar 1922 beschloss der Niederösterreichische Landtag als erste Landesregierung Österreichs die Errichtung der „Niederösterreichischen Landes-Landwirtschaftskammer mit Bezirksbauernkammern“ als zentrale Berufsvertretung der Land- und Forstwirtschaft. Seither haben sich die Themen und Herausforderungen für die bäuerlichen Betriebe laufend verändert. „Die Kernaufgabe der Kammer erfüllt jedoch ihren ursprünglichen Auftrag, das ist ganz klar die Vertretung der Anliegen und Werte der Bäuerinnen und Bauern“, so Landwirtschaftskammer NÖ-Präsident Johannes Schmuckenschlager.

Die Land- und Forstwirtschaft organisiert sich selbst

Im Mittelpunkt stehen dabei immer die bäuerlichen Familienbetriebe und eine nachhaltige Entwicklung der Land- und Forstwirtschaft. Das ist, auf kurzen Nenner gebracht, auch das Programm für die Zukunft.

Die Land- und Forstwirtschaft organisiert sich selbst: „In den 100 Jahren hat sich bestätigt, dass sich die Bäuerinnen und Bauern selbst besser organisieren können, als jede andere staatliche Behörde es jemals könnte“, erklärt Johannes Schmuckenschlager. Mit dem Zukunftsplan 2020 bis 2025 stellt die Landwirtschaftskammer NÖ den Anspruch auf Themenführerschaft in der Agrarpolitik.

Die LK NÖ ist die mit Abstand größte Landwirtschaftskammer im Vergleich der Kammern in den Bundesländern. Entsprechend großes Gewicht hat diese in agrarpolitischen Fragen und Weichenstellungen.

Gefeiert wird das Jubiläum natürlich auch. So lädt die Landwirtschaftskammer NÖ am 25. und 26. Juni 2022 zu landesweiten Bezirksfesten. In einem eigenen Landwirtschaftscorner sollen 100 Jahre Landwirtschaft erlebbar machen. Weitere Events sind geplant.

Vom hungernden Land bis zum Klimawandel

Mit dem Zerfall der Monarchie nach dem Ersten Weltkrieg waren die großen Kornkammern, wie Ungarn, Polen und Westrumänien, weggebrochen. Großes Ziel war es, die Bevölkerung mit Lebensmitteln zu versorgen. Diese Herausforderung konnte nur durch eine effizientere landwirtschaftliche Produktion im eigenen Land gemeistert werden. Mit dem Anschluss Österreichs an Deutschland verlor 1938 das Prinzip der gesetzlichen Interessenvertretung seine Gültigkeit. Erst 1945 erhielten die österreichischen Rechtsvorschriften wieder ihre Wirkung. Damit gab es auch wieder eine Landwirtschaftskammer und erneut die dringliche Aufgabe, die hungernde Bevölkerung zu ernähren.

Der Wiederaufbau der Landwirtschaft nach dem Zweiten Weltkrieg war schwierig. Es mangelte praktisch an allem. Bauernhöfe waren zerstört, der Viehbestand dezimiert. Es fehlte an den notwendigsten Betriebsmitteln. Hamsterkäufe und Schwarzhandel verursachten irreguläre Marktzustände. Die Landwirtschaftskammer strebte eine Harmonisierung von Produktion und Bedarf an. Dabei halfen die 1950 eingeführten Marktordnungsgesetze, die erstmals Maßnahmen zur Preisregulierung vorsahen.

Mit der wirkungsvollen Starthilfe durch den „Marshallplan“ wurde das Ziel der Kammer erreicht: weitgehende Selbstversorgung und sogar ansteigender Agrarexport. Große Veränderungen brachte der EU-Beitritt 1995. Die nationalen Marktregelungen wurden von der Gemeinsamen EU-Agrarpolitik abgelöst. Heute zählen unter anderem auch die Anpassung an den Klimawandel und der Dialog mit den Konsumenten zu den primären Aufgaben der Bauernvertretung.

Kammerdirektor Franz Raab und sein Präsident Johannes Schmuckenschlager. © LK NÖ, Philipp Monihart