Gerade noch abgewendet werden konnte ein Beschluss des EU-Parlaments, der dem europäischen Weinbau irreparablen Schaden zugefügt hätte. Nichts weniger als die Gleichsetzung von Wein- mit Tabakkonsum stand auf der Agenda. Interessant das Abstimmungsverhalten der österreichischen EU-Abgeordneten.

Johannes Schmuckenschlager © Gerald Lechner

Die EU-Kommission in Person der Gesundheitskommissarin Stella Kyriakides aus Zypern hat sich zum Ziel gesetzt, den hohen Anteil an Krebserkrankungen in Europa zu bekämpfen. Ein Teil dieses BECA genannten Vorhabensberichtes zielt auch auf die Zurückdrängung von missbräuchlichem Alkoholkonsum ab, der ebenfalls mitverantwortlich für viele Krebserkrankungen sei.

Dazu wurde im EU-Parlament in Straßburg ein eigener Sonderausschuss für Krebs(bekämpfung) gebildet, der den Vorhabensbericht der EU-Kommission insofern verschärfte, als die Mitglieder der Meinung sind, dass jeglicher Alkoholkonsum mitverantwortlich für Krebserkrankungen sei. Gefordert wurden Schock-Warnhinweise auf Weinetiketten wie die Horrorfotos auf Zigarettenschachteln, Werbe- und Sponsoringverbote.

Viele Änderungsanträge, auch aus Österreich

Bei den Abstimmungen im Plenum des Europäischen Parlaments wurde eine Fülle von Abänderungsanträgen eingebracht. Neben den großen Weinproduzenten Italien, Frankreich und Spanien, die auch um das immaterielle Welterbe der „mediterranen Diät“ und der damit verbundenen Ernährungsweise fürchteten, brachte auch Österreichs Weinbauverband Änderungsanträge ein. Zusammen mit dem europäischen Bauernverband COPA und dem Verband der Weinbauregionen AREV.

Kernpunkte: Nicht jeglicher Alkoholkonsum sollte als krebserregend gebrandmarkt werden, sondern der missbräuchliche (übermäßige). Nicht nur eine einseitige, den Alkohol und damit auch den Wein verteufelnde Studie der Weltgesundheitsorganisation WHO sollte Basis der Beschlussfassung sein, sondern auch jene Studien, die massvollem Konsum gesundheitsfördernde Wirkung attestieren. Zudem sollten die irreführenden Warnhinweise auf Etiketten abgelehnt werden.

Wein kann man nicht mit Tabak gleichsetzen

„Ein Großteil dieser auch österreichischen Abänderungsanträge ging bei der Abstimmung durch“, freut sich Bundes-Weinbaupräsident Johannes Schmuckenschlager: „Wein kann man nicht mit dem nachweislich extrem schädlichen Tabakkonsum gleichsetzen!“ Es wird bei künftiger EU-Gesetzgebung von missbräuchlichem Konsum gesprochen werden. Statt Warnhinweisen am Etikett wird an verantwortungsvollem Konsum appelliert werden, das Werbeverbot ist vorerst vom Tisch, lediglich bei Jugendsportevents soll es Einschränkungen geben. Die Umsetzung wird bis 2024 erfolgen. Eine Kriminalisierung von Wein wird es daher nicht geben. Zumal Wein nicht nur ein Lebens- und Genussmittel ist, wertvolles Kulturgut Europas.

Bei der Abstimmung votierten Österreichs EU-Abgeordnete unterschiedlich. Während die Mandatare von ÖVP und FPÖ geschlossen, die Mandatarin der NEOS weitgehend den Interessen der Winzer folgten, stimmten die Abgeordneten von SPÖ und Grünen geschlossen dagegen (siehe Tabelle im Anhang).

Im letztlich verabschiedeten Bericht nimmt das EU-Parlament eine durchaus kritische Position gegenüber Alkohol und damit Wein ein. Etwa, dass es generell keinen unbedenklichen Alkoholkonsum gäbe. Auch wird die WHO-Studie weiterhin als Basis zur Krebsbekämpfung gesehen. Die Rechtsvorschriften sollten dementsprechend verschärft, Sondersteuern auch auf Wein in Betracht gezogen werden. Das Programm der EU für moderaten Weinkonsum nennt sich „wine in moderation“.

Noch wesentlich: für die politische Erfüllung der Forderungen des EU-Parlaments sind die einzelnen EU-Staaten verantwortlich. Hier bleibt zu hoffen, dass dies mit Umsicht geschieht, nicht nur in den weinbautreibenden Ländern.

In der Tabelle im Anhang ersehen Sie das Abstimmungsverhalten der österreichischen EU-Abgeordneten.