Der Ernährungswissenschaftler Prof. Nicolai Worm von der Deutschen Hochschule für Prävention und Gesundheitsmanagement in Saarbrücken hat zum Thema Wein und Krebs auf die Mängel in wissenschaftlichen Studien hingewiesen. Lesen Sie, warum die Ergebnisse in die Irre führen.

Professor Worm (71) hat zuletzt bei einem Online-Seminar der Deutschen Weinakademie auf die Mängel in wissenschaftlichen Studien hingewiesen, die im Auftrag der Weltgesundheitsorganisation WHO, dem World Cancer Research Fund International (WCRF) und anderen Gesundheits-Institutionen veröffentlicht wurden.

Die genannten Institutionen begründen die These, jedes Maß an Alkoholkonsum stelle ein Gesundheitsrisiko dar. Die Organisationen würden "Daten ignorieren, die ihrer Agenda widersprechen“, so Nicolai Worm. Er betonte, es gebe „zahlreiche, glaubwürdige wissenschaftliche Studien“, die zeigen, dass "leichter bis mäßiger Weinkonsum zu den Mahlzeiten das Risiko von Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Krebs und der Gesamtsterblichkeit reduziert".

Verzerrte Angaben führen zu verfälschten Ergebissen der Studien

Zudem gäbe es ein Problem bei Studien zum Alkoholkonsum: "Die Teilnehmer geben an, weniger zu trinken, als sie es tatsächlich tun. Das macht die Daten unzuverlässig“, ist Prof. Worm überzeigt. Studienteilnehmer, die zwei bis drei Gläser Wein pro Tag trinken, würden darin sehr häufig angeben, täglich nur ein bis zwei Gläser zu konsumieren. Das tatsächliche Risiko, gesundheitliche Probleme aufgrund von Alkohol zu entwickeln, liege aufgrund der häufigen Untertreibung daher auf einem niedrigeren Niveau. Für Worm ist daher die Untererfassung der Mengen ein großes Problem, wenn es um die Bewertung von Alkohol und Krebsrisiko geht.

Das andere große Problem vieler Studien seien die Störfaktoren, die das Ergebnis beeinflussen könnten. Damit eine Studie zum Thema zuverlässig sei, erklärte Prof. Worm, müsse sie Faktoren wie Alter, Geschlecht, Fettleibigkeit, Schlaf, Bewegung, Bildung, Einkommen, soziale Schicht, Sonneneinstrahlung und unzählige andere Faktoren, einschließlich des Trinkverhaltens sowie Ernährungsfaktoren, berücksichtigen. Das werde oft nicht ausreichend einbezogen.

Zudem wies Nicolai Worm darauf hin, ein besonders einflussreicher Faktor für den Zusammenhang zwischen Alkoholkonsum und Krebs sei die Intensität der körperlichen Betätigung. Die Ergebnisse einer britischen Studie von 2016 mit mehr als 36.000 Männern und Frauen über 40 Jahren belegten deutlich, dass das Krebsrisiko für Studienteilnehmer mit aktivem Lebensstil "überhaupt nicht steigt"; selbst bei denjenigen nicht, die auf einem "gefährlichen Niveau" tranken. Diese Studie komme zum Ergebnis, dass die Einhaltung der aktuellen Empfehlungen zur körperlichen Betätigung einen Teil des mit dem Alkoholkonsum verbundenen Krebs- und Gesamtmortalitätsrisikos ausgleicht.

ZUR PERSON: Dr. Nicolai Worm (71) studierte Oecotrophologie an der TU München und promovierte an der Universität Gießen.
Von 1979 bis 1985 war er am Institut für Sozialmedizin, Prävention und Rehabilitation in Tutzing/Starnber­ger See als wissenschaftlicher Mitarbeiter tätig und arbeitete dort schwerpunktmäßig an epidemiologischen Fragestellungen im Bereich „Nahrungsfett und Koronare Herzkrankheit“. Seit 1986 ist er selbstständig als wissenschaftlicher Berater und Dozent tätig. Unter anderem übernahm er Lehrtätigkeiten im Bereich Sporternährung (TrainerAkademie, Deutscher Sportbund, Köln; Universität Innsbruck). Zwischen 2008 und Juni 2020 war er Professor an der Deutschen Hochschule für Prävention und Gesundheitsmanagement (DHPG) in Saarbrücken.

Quelle: Deutsche Weininstitut (DWI) und Deutsche Weinkademie