Nach den Unwettern der vergangenen Woche überzeugten sich der Niedertösterreichische Weinbaupräsident Reinhard Zöchmann und der Vizepräsident der NÖ Landwirtschaftskammer Lorenz Mayr vom Schutz, den Begrünungen auch gegen Starkregen bieten.

Lorenz Mayr © boden-leben.at

Der Lokalaugenschein fand in den Weinbergen von Leopold Müller in Krustetten am Göttweiger Berg statt. Müller ist selbst Vizepräsdient des NÖ Weinbaubverbandes und Obmann des Regionalen Weinkomitees im Kremstal, ganz „nebenbei“ ein sehr erfolgreicher Winzer.

Thema ist der schonende Einsatz von modernen Herbiziden zur Abwelkung von Grünbepflanzung zwischen den Rebzeilen in Weingarten-Hanglagen. Hier kommt es bei Starkregen ab 50 mm Niederschlag pro Quadratmeter immer öfter zu starken Aus- und Anschwemmungen, wenn die Wassermassen durch die Weingärten schießen.

„Nur 5 Millimeter Humusabtrag bedeuten pro Hektar 50 Kubikmeter wertvollsten Humus oder 75 Tonnen, das schwemmt ein Unwetter schon mal weg“, sagt Leopold Müller: „Unser bester Boden schießt mit dem Wasser von den Weingärten auf die Feldwege, weiter in die Kellergassen, vermurt Siedlungsgebiete, gelangt dann in die Donau und landet letztlich im Schwarzen Meer!“

Zuletzt verzeichneten die Meteorologen im Kremstal, Kamptal, Traisental und der südlichen Wachau bis zu 130 Millimeter Regen pro Quadratmeter. „Ab 50 Millimeter wird es in Hanglagen kritisch“, weiß Müller. Die Natur benötigt für den Neuaufbau von 5 Millimeter Humus bis zu 10 Jahre. Kein Thema ist für den exponierten Winzer der Verzicht auf Herbizide in der Ebene.

Vinaria veröffentlicht in Auszügen den Bericht von Lorenz Mayr:

„Sofort war nach den Unwettern ersichtlich, dass die Begrünungen zwischen den Weinzeilen ihre Arbeit perfekt meistern. Sie bedecken,  durchwurzeln und schützen den Boden. Eine gute organische Auflage hat hier Großartiges geleistet, den Boden vor den intensiv aufprallenden Regentropfen geschützt, Wasser durch die vielen Regenwurmgänge schnell versickern lassen und somit Erosionen auf diesen Teilen des Weingartens verhindert.

Im Bereich unter den Weinstöcken gibt es interessante Unterschiede zu sehen. In diesem Bereich mag der Weinstock keine Konkurrenz. Deshalb wird hier ein Bodenstreifen von 40 Zentimeter frei von Konkurrenzpflanzen gehalten. Dazu gibt es mehrere Möglichkeiten:

Wertvoller Humus landet im Schwarzen Meer

Mit Geräten kann man die Weinstöcke mechanisch frei von anderen Pflanzen halten. Dabei wird der Boden dementsprechend bearbeitet. In Weingärten, in denen es der Winzer geschafft hat in diesem Bereich noch genügend Bewurzelung im Boden zu haben, waren die Erosionsschäden nicht so hoch. Mit jeder weitern Überfahrt in Zukunft, wird aber die aktive Durchwurzelung weniger werden und die Erosionsgefahr steigt.

Weinzeilen, bei denen diese Variante schon länger durchgeführt wird, hat es sehr stark ausgewaschen. Hier ging sehr viel fruchtbarer, humusreicher Boden verloren. Dieser fehlt nun in den Weinbergen und ist im Schwarzen Meer, wo er schlussendlich landet, nicht erwünscht.

Überhaupt keine Erosion gab es in den Bereichen, in denen die Konkurrenzpflanzen mit einem Herbizid zum Abwelken gebracht wurden. Die organische Masse hat so auch unter den Weinstöcken den Boden bedeckt, die Wurzeln haben alles gut zusammengehalten und somit auch wunderbaren Erosionsschutz geleistet. Zusätzlich blieb das Wasser auf den Flächen und kann in Zukunft wieder vom Weinstock genutzt werden.

Von Mitte Mai bis in den Frühherbst soll der Weinstock aus den vollen schöpfen können ohne Wasserkonkurrenz. Das ist genau die Zeit, in der es meist sehr lange sehr heiß und trocken ist und dann starke Gewitter folgen. Wo einmal Wasser geronnen ist, wird es auch bei jedem folgenden Niederschlag rinnen. Das zeigen die Erfahrungen aus den vergangenen Wochen einmal mehr. Deshalb ist es wichtig, hier auch alles daran zu setzen, um Wasser und Boden im Weingarten zu halten.

Diese beiden wichtigen Grundlagen für ein gut funktionierendes Wachstum sind essenziell. Zusätzlich bringt die Abschwemmung noch andere Probleme mit sich. Ortschaften werden überflutet, Böschungen ausgerissen. Das bedeutet großes Risiko für alle, die sich hier leben.

Bei Anlandungen droht die Reblaus

Aus der Sicht des Pflanzenbaus ergeben sich neue Probleme: wo viel Boden verloren ging, liegen die Wurzeln in der Luft. An Stellen an denen es zur Anladung kommt, ist die Veredelungsstelle bereits im Boden. Dadurch kann das Edelreis Wurzeln schlagen, was verheerende Auswirkungen hat. Wenn durch Abschwemmungen die Veredelungsstelle unter der Erde liegt und das Edelreis neu einwurzelt, ist es mit der Resistenz gegenüber der Reblaus vorbei.

Unsere Winzer sind top und produzieren Weine die welteit bekannt sind. Nun heißt es aufzupassen um sich nicht selbst zu übertopen. Eine ständige Weiterentwicklung ist gut. Dabei kommen wir auch immer wieder an Weggabelungen an, wo Entscheidungen getroffen werden in welche Richtung es weitergeht. Diese Entscheidungen sind wichtig! Genau so wichtig ist es auch zu erkennen, wenn man einmal falsch abgebogen ist. Dann heißt es sich neu zu orientieren, Entscheidungen zu überdenken und in eine andere Richtung weiter zu gehen.

Gerade wenn der Mainstream der mechanischen Konkurrenzpflanzen-Entfernung den Vorzug gibt, ist es wichtig deren Auswirkungen aufzuzeigen. Die Praxis zeigt: es gibt Möglichkeiten, um Erosionen zu Verhindern, Bodenverlust zu reduzieren und humusreichen, fruchtbaren Boden zu erhalten. Das gelingt nur, wenn wir keinen durch Geräte gelockerten Boden bei der Entfernung von unerwünschten Pflanzen im Zeitraum mit hoher Gewitterneigung produzieren. Spitz formuliert könnte man auch sagen, dass die Anwendung eines Herbizids die Maßnahme mit den geringsten Umwelteinflüssen ist.“

Lorenz Mayr

Direkt unter den Reben mag der Weinstock keine Konkurrenzpflanzen. © Lorenz Mayr
Vorbildlich begrünter Boden zwischen den Rebzeilen. Dieser hält Starkregen stand. © Lorenz Mayr
Boden im Weingarten nach Starkregen und Gewitter. © Lorenz Mayr
Auswaschungen legen auch Wurzelstöcke frei. © Lorenz Mayr
Dichtes Pflanzenwerk hält Regenwasser im Weingarten, im gesunden Boden versickert es rasch. © Lorenz Mayr
Reinhard Zöchmann, Lorenz Mayr, Leopold Müller (v.l.) © Lorenz Mayr