Dem Barolo Jahrgang 2016 folgt mit 2019 erneut ein Ausnahme-Jahrgang. Letzterem wurden schon früh Lobeshymnen gesungen, welche die große Vinaria Verkostung eindrucksvoll bestätigt. Hier ein Blick auf die herausragendsten Weine der Degustation.

Barbaresco Ikone Angelo Gaja auch in Barolo ganz TOP © Sune Eriksen

Nun, die besten Vertreter vom 2019er sind einfach großartig und bestechen durch viel Saftigkeit und Dichte in rotbeeriger Aromatik, sind vital und besitzen eine enorme Fruchttransparenz. Die für den Nebbiolo markant ausgeprägten Tannine sind feinkörnig und ausgreift, das für ein großes Lagerpotenzial der Weine garantiert.

2016 und 2019 total unterschiedlich

Wie das aktuelle Vinaria Tasting aufzeigt, strahlen die besten 2019er als auch einige Newcomer mit (noch) passablem Preisniveau in der höchsten Nebbiolo-Liga. Stilistisch wurde der Jahrgang gleich zum Klassiker apostrophiert, ganz in Anlehnung an den ebenso famosen 2016er Jahrgang.

Dennoch ist der Charakter dieser beiden Jahrgänge doch ganz verschieden, um sich zu fragen, ob „klassisch“ für den 2019 noch das adäquate Attribut ist. Als Nebbiolo-Klassiker verband man bisher Weine, die in der Jugend aufgrund der massiven wie harten Tannine genussfeindlich sind und erst nach vielen Jahren der Reife himmlische Freuden bereiten.

Das mag für den 2016er zutreffen, der als Idealbild eines Barolo mit hoher Konzentration, Power und Tannindichte, nicht den Funken von jugendlicher Genussfreude aufkommen ließ. Zum mächtigen, vertikalen Charakter des 2016ers ist der 2019er geradezu die stilistische Antipode: dieser versprüht bereits jetzt Trinkcharme, zeigt sich in einer umwerfenden Fruchttransparenz und die Besten zeigen im Jungstadium bereits eine Balance in nahezu vollendeter Perfektion.

Verglichen zum eher dunkler gefärbten 2016er ist der 2019er leuchtend hell, was sich mit den höheren Polyphenol-Werten erklärt und den Rückschluss auf ein kerngesundes Traubenmaterial zulässt.

Trotz dieser stilistischen Anlagen besitzen die 2019er alle Vorzüge eines Vin de Garde, was für Nebbiolo-Puristen ein etwas befremdliches Novum sein mag, verglichen mit den legendären Jahrgangsklassikern 2010, 2004, 1999, 1989 oder gar 1978. Die Karten werden aber neu gemischt, bedingt durch die zunehmende Klimaerwärmung, die allmählich mehr Einfluss auf die Barolo-Stilistik nimmt.

Klima ist der Game Changer

Die Winzerschaft hat dies bereits vor etlichen Jahren erkannt und mit Modifikationen (und Mehraufwand) im Weingarten- wie auch im Kellermanagement reagiert. Wie die Topwinzer der aktuell prämierten Weine dies umsetzen, schildern sie in den Kurzinterviews exklusiv für Vinaria. Die Conclusio ist einfach wie eindeutig: der Game Changer zukünftiger Barolo Stilistik ist das Klima, und: für die Nebbiolo-Rebe wird es im Barolo-Gebiet über lang gesehen zu warm werden.

Die Weine der Winzer

Zu verlockend war es diesmal, das eine oder andere versteckte Juwel dieses herausragenden Jahrgangs zu entdecken, was sich auch hinsichtlich eines attraktiven Preis Qualitätsverhältnisses bestätigt hat: Die Basisbarolo von Gianfranco Alessandria (derzeit attraktiver als sein Crù-Barolo), Carlo Revello & Figli (klassisch), Schiavenza und Batasiolo (best ever!) waren wahrlich verdiente Best Buy-Sieger.

29 Einreichungen schafften es in die Topliste Barolo 2019 DOCG, also jene Weine mit einer Bewertung von 17,5 Punkten aufwärts, verbunden mit 5 Sternen als höchste Vinaria Auszeichnung für Weine. Der Siegerwein schaffte gar 18,6 Punkte. 13 Weine insgesamt scorten jeweils mit 18+ Punkte – Rekord!

Doppel-Silber für Burlotto

Platz zwei - und in der Tastingwertung auf die zweite Kommastelle ident – gebührt den beiden Topweinen aus der MGA-Lage Castelletto (Serralunga d‘Alba) und die Lagenassemblage Acclivi vom Weingut Burlotto in Verduno. Die Weine von Fabio Alessandria, Ur-Ur-Enkel des legendären Weinbaugründers Commendatore Burlotto, zeichnen sich durch eine unverwechselbare Reintönigkeit, Komplexität und Finesse aus, die allesamt als Inbegriff handwerklichen Ethos und Können stehen.

3 x 3 = Bronze

Platz drei teilen sich drei Ex-aequo-Gewinner, die allesamt eingesessene Familienweingüter im internationalen Rang sind und in den vergangenen Jahren stets an vorderster Stelle im Ranking anzutreffen waren: La Spinetta, Giuseppe Rinaldi und Brovia.

La Spinetta der Familie um Giorgio Rivetti aus dem nördlichen Castagnole Lanze hat mit dem aus der MGA-Toplage Garretti stammenden Campè ein atemberaubendes Furioso von Eleganz, Finesse in feinwürziger Umspielung (Lakrize) mit moderater Holzeinbindung vollbracht. Einer der besten Jahrgänge im Weingut.

Die unverwechselbaren Gewächse von Marta und Carlotta Rinaldi, sind Jahr für Jahr stilsichere Meisterwerke: kraftvoll strukturierte Weine ohne modischen Firlefanz. Das Erstlingswerk aus der MAG-Lage Bussia schaffte es mit viel dunkelfruchtiger, mineralischer Aromatik gleich auf das Podest: das Ergebnis ist einfach sensationell, sowie die gesamte Rinaldi-Serie 2019, sei es der körperreich-vollmundige „Tre Tine“ oder der „Brunate“ (duftige Mineralität), beide als Crù-Assemblage ausgebaut (siehe Winzerinterview).

Beeindruckende Serien, unverwechselbare Weine

Last but not least ist der kräftige Vigna Ca’Mia von Elena und Alex Sanchez geleiteten Weingut Brovia stets ein Anwärter auf dem Vinaria Podest und strahlt heuer erneut mit enormer Fruchtfülle und tiefer Mineralik.

Beeindruckende Jahrgangsserien, was sich in mehreren Nominierungen in der Topliste widerspiegelt, präsentierten in der klassisch-traditionellen Linie die Weingüter Conterno Fantino aus Monforte d’Alba (seidige Eleganz), und aus Serralunga d’Alba die Weingüter Schiavenza (klare Fruchttiefe), Guido Porro (voluminöse Dichte), Luigi Pira (fruchttiefe Eleganz) und Massolino (strukturierte Klarheit).

Als weitere stilistische Highlights sind die glockenklar strukturierten Weine von Ceretto (pointierte Finesse, best ever) und der „M8“ des Newcomers Alan Emil Manley vom Weingut Margherita Otto (Namensgeber des Weinguts sind die Vornamen der Großeltern von Manley) hervorzuheben.

ZUR DEGUSTATION: Zum Vinaria-Tasting Barolo 2019 DOCG standen 73 Weine von 29 Winzern an. Das Tasting fand in mehreren Durchgängen im Rahmen der „Barolista Masterclass“ von Peter Roggenhofer und in einer erweiterten Finalverkostung Mitte Oktober im „Weinclub 7“ von Brigitte Achs in Wien statt. Das Vinaria-Verkostungspaneel bestand aus Erwin Goldfuß, Gerhard Heczko, Karl Kohl, Peter Schleimer, Adi Schmid, Viktor Siegl und Uwe Schögl. Verkostet wurde gedeckt in Zalto Denk’Art der Serie Burgund.

 

Top-Liste - Barolo 2019 DOCG

18,6 Angelo Gaja    Barolo Dagromis
18,5 Comm. G.B. Burlotto Barolo Castelletto
18,5 Comm. G.B. Burlotto  Barolo Acclivi
18,4 La Spinetta Barolo Campè
18,4 Giuseppe Rinaldi Barolo Bussia
18,4 Brovia Barolo Brea Vigna Ca’ Mia
18,3 Giuseppe Rinaldi        Barolo Tre Tine
18,2 Conterno Fantino        Barolo Vigna Pressenda
18,1 Ceretto Barolo Brunate
18,1 Giuseppe Rinaldi Barolo Brunate
18,1 Guido Porro Barolo Vigna Rionda 
18,0 Schiavenza      Barolo Cerretta
17,9 Carlo Revello & Figli   Barolo
17,9 Cavallotto       Barolo Bricco Boschis

 

 

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Wegweiser in die 11 Gemeinden der Barolo DOCG © Shutterstock
La Spinetta Campè Keller © La Spinetta
Fabio Alessandria, Weingut Commendatore G.B. Burlotto © Clay McLachlan
Giorgio Rivetti, La Spinetta © La Spinetta
Elena und Alex Sanchez, Weingut Brovia © azienda-agricola-brovia
Brovias Monopollage Vigna Ca‘Mia in Serralunga © Brovia
Carlotta & Marta Rinaldi, Weingut Giuseppe Rinaldi © Giuseppe Rinaldi
Guido Fantino mit Cousin Claudio Conterno vom gleichnamigen Weingut in Monforte d’Alba © Conterno Fantino
Vittoria und Marta Alessandria vom Weingut Gianfranco Alessandria, Monforte d’Alba © Cristi Serban
Alex Sanchez, Weingut Brovia © azienda-agricola-brovia
Federico Ceretto vom gleichnamigen Weingut in Alba © Marina Spironetti
Luigi Pira, Serralunga d’Alba © Luigi Pira
Luciano Pira und Walter Anselma vom Weingut Schiavenza, Serralunga d’Alba © Weingut Schiavenza
Die junge Generation Fabio Porro an Board im Weingut Porro, Serralunga d’Alba © Weingut Porro