Reife Veltliner mit Biss: Das Weinjahr 2020 hat es in sich gehabt und den Winzern vieles abverlangt. Die aus dem Kremstal, der Wachau und dem Kamptal stammenden Spitzenweine besitzen aber zweifellos Potenzial.

Lorenz Haas vom Weingut Allram in Strass. © Julius Hirtzberger

Die Grünen Veltliner aus 2020 wirken etwas schlanker und rassiger als in den Jahren davor. Daneben konnten einige spannende Reserve-Weine aus den Jahren 2019 und 2017 überzeugen.

Das nasskalte und feuchtwarme Wetter verlangte von den Winzern im Herbst viel Fingerspitzengefühl und Arbeitsaufwand bei der Lese – und das Wetter sorgte vielerorts für alkoholleichtere und säurehaltigere Premium-Veltliner. Das Idiom vom „klassisch österreichischen Jahrgang“ wurde oft bemüht.

Wirkt der Jahrgang 2020 zu schlank?

Obwohl das auf manche Weine durchaus zutrifft, muss man diese Frage dennoch verneinen. Denn es geht nicht nur um „Körper“ und „Wucht“ – und davon waren wir die vergangenen drei Jahre verwöhnt und auch ein bisschen geblendet –, sondern es geht auch um „Trinkvergnügen“ – und hier kann 2020 in der großen Mitte mit vielen etwas spritzigeren Weinen punkten, vor allem wenn man nicht allzu säureempfindlich ist. Wobei die Säure nicht exorbitant hoch ist beim Grünen Veltliner, vor allem im Vergleich zum deutlich säurebetonteren Riesling.

Dabei gefallen die Premium-Veltliner von 2020 im Zusammenspiel und die Harmonie von Frucht und Säure trotz ihrer jugendlichen Ecken und Kanten besser als bei den mittelgewichtigen Veltlinern, bei denen eine gewisse Unterreife immer wieder Thema war.

Der Jahrgang hat aber auch bei den Premium-Weinen in beide Richtungen merkbare Spuren hinterlassen. Einerseits kann der Gerbstoff nicht wegdiskutiert werden, der immer wieder mit grünen Bitternoten aufgetreten ist. Etliche Grüne Veltliner entfernten sich von einer erkennbaren Sortentypizität und schlugen mehr in Aromatik um mit gewürzigen, sämlinghaften und Sauvignon-Noten.

Daneben die spannende Seite des jungen Jahrgangs: schlanke, filigrane Weine, deren Spitzengewächse Eleganz und Zukunftspotenzial versprechen. Grüne Veltliner eines Jahrgangs, den man am ehesten mit dem Jahrgang 2016 vergleichen kann.

Bester Grüne Veltliner 2020 kommt vom Vater-Sohn-Gespann Proidl

Der beste Grüne Veltliner kommt diesmal vom Kremstaler Vater-Sohn-Winzergespann Franz und Patrick Proidl. Ihr Sieger-Veltliner ist aus der Ried Ehrenfels in Senftenberg, einer Monopollage und 1ÖTW-Lage unterhalb der Burgruine, die nur die Proidls bewirtschaften. Auf der zwei Hektar großen Steillage wächst der Veltliner im unteren Bereich, nach oben breitet sich der Riesling aus.

Sieger Silber Prager: Veltliner aus 110 unterschiedlichen Genotypen

Der Zweitplatzierte kommt aus der Wachau – vom Weingut Prager. Guts-Chef Toni Bodenstein beeindruckte mit seinem Smaragd-Veltliner vom Wachstum Bodenstein. Ein ganz besonderer Weingarten, den Bodenstein im Jahr 1997 in Weißenkirchen im oberen Drittel der Ried Achleiten gepflanzt hat. Für sein sogenanntes Wachstum hat Bodenstein damals 110 unterschiedliche Genotypen vom Veltliner vernetzt. Beständig kommt ein ungemein komplexer Wein heraus, der auch in schwierigen Zeiten seine Klasse aufblitzen lässt.  Toni Bodenstein sieht viel Potenzial: „2020 wird im Spiel der Jahrgänge einen prominenten Platz bekommen.“

Allram, Knoll, Gritsch

Der dritte Wein auf dem Vinaria-Stockerl kommt auch aus einer bekannten Lage – von der Ried Gaisberg und vom Kamptaler Weingut Allram. Kellermeister Lorenz Haas hat einen charakterstarken Veltliner mit präziser Frucht und mineralischem Unterbau gemacht.

Und zwei weitere Weine, beide aus der Wachau, sind besonders hervorzuheben: Einerseits ist das ein heuer ungemein charmanter und tiefgründiger Loibner Loibenberg Smaragd vom Weingut Knoll; ein, Wein, der aus jetziger Sicht den sonst oft eleganteren Veltliner aus der Ried Schütt überstrahlt. Andererseits hat es auch der Spitzer Winzer Franz Josef Gritsch mit seinem super-sortentypischen schwarzpfeffrigen Smaragd-Veltliner aus der Wösendorfer Ried Hochrain unter die Top fünf geschafft.

Andreas Eder bringt neues Veltliner-Flaggschiff vom Wachauer Südufer

Abseits des jungen Veltliner-Jahrgangs haben auch ein paar Weine von 2019 sowie ein ziemlich außergewöhnlicher Veltliner vom rechten oder Südufer der Wachau aus dem Jahr 2017 mächtig aufgezeigt: der „Leopold Smaragd“. Der Mauternbacher Andreas Eder hat diesen Veltliner seinem Vater gewidmet. Es ist ein üppiger Wein mit 15 PS, die man aber in keiner Weise so kräftig spürt – kein Solo-Wein, sondern einer, der sich als Essensbegleiter förmlich aufdrängt. Mit 16,9 Punkten landete Eders Leopold ganz vorne in der Gesamtwertung.

Ebenso viele Punkte schaffte der beste Veltliner aus dem Jahr 2019. Der Smaragd-Wein wächst auch am Wachauer Südufer – in der Ried Kirnberg, einer der besten Lagen auf dieser Wachau-Seite. Der Kirnberg ist ein felsiges Hochplateau in Rossatz. Dort zieht Heinz Sigl diesen ungemein schmelzigen zart-mineralischen Wein aus mittlerweile 60 Jahre alten Rebstöcken.

Mit seinem Wein von 2019 und aus seiner Neusiedler Ried Hochschopf hat sich der Traisentaler Tom Dockner ebenfalls bestens empfohlen. Nicht nur als zweitbester 2019er – sondern generell im gesamten Spitzenfeld. Punktemäßig mit leichtem Abstand folgt der drittbeste 19er. Über diesen Platz darf sich wieder die Südseite der Wachau freuen und einmal mehr Andreas Eder, der mit seinem Veltliner Ried Süßenberg Smaragd nochmals punktete.

ZUR VERKOSTUNG
Zugelassen waren ausschließlich Premium-Weine aus dem Jahrgang 2020 und gegebenenfalls Reserven und Einzellagenweine aus den Jahrgängen davor, wenn diese aktuell im Sortiment geführt wurden und noch nicht bei Vinaria eingereicht worden waren. Beim Restzuckergehalt gilt die Etikettenangabe „trocken ausgebaut“. Vorgabe für einen Mindestalkoholgehalt gab es keine. Alle Weine wurden sowohl in der Vorverkostung als auch im Finale wie immer verdeckt verkostet. Für Vinaria degustiert und bewertet haben: Dietmar Bruckner, Rüdiger Pröll, Peter Schleimer, Adi Schmid, Viktor Siegl sowie der Autor Hans Pleininger.

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Die gesamte Verkostungs-Reportage mit allen Weinbewertungen und -beschreibungen und den Winzer-Interviews sowie Fotos finden Sie in der Ausgabe Vinaria 06/2021. Bestellen Sie Vinaria jetzt einfach & bequem zum Erscheinungstermin nach Hause. Das Jahresabo Vinaria mit 7 Ausgaben pro Jahr inklusive dem großen Weinguide Österreich ist um € 49,00 (EU-Ausland € 65,00) erhältlich. Jetzt im Vinaria Abo-Shop bestellen!

Emmerich sen., Monika, August und Emmerich jun. vom Weingut Knoll können auf die Serie im etwas kniffligen Jahrgang 2020 stolz sein. © Standl
Franz-Josef Gritsch in den Steilterrassen bei Dürnstein. © Gregor Semrad
Mathias Hirtzberger | 01.04.2023 © Julius Hirtzberger
Andreas Wickhoff, Thomas Klinger, Edwige und Willi Bründlmayer © Weingut Bruendlmayer/Anna Stöcher
Michael Nastl und Silke Mayr - 4 Kronen im aktuellen Vinaria Weinguide! © Buchegger
Robert Bodenstein, Sophie-Helen Hinterhölzl, Ilse Bodenstein und Toni Bodenstein vom Weingut Prager © Ralph Darabos
Ludwig Neumayer © Katharina Stögmüller/Weingut Neumayer
Thomas Dockner © Mathias Völkl
Johannes Strudler © Steve Haider
Johannes und Niki Haimerl © Julius Hirtzberger
Julius Klein - 3 Kronen im aktuellen Vinaria Weinguide! © Weingut Julius Klein
David und Alfred Reinberger © Weingut Reinberger
Kellermeister Franz Arndorfer und Geschäftsführer Ludwig Holzer von Winzer Krems © Robert Herbst
Petra, Richard und Pauli Walzer - 4 Kronen im aktuellen Vinaria Weinguide! © Josef Bollwein Fotostudio Flashface
Andreas Eder beeindrucke mit dem neuen GV Leopold 2017. © Monika Löff
Birgit Eichinger punktete mit dem Riedenwein vom Kammerner Lamm. © Regina Hügli
Heinz Sigl glänzte mit 2019 Smaragd Kirnberg. © Monika Löff
Anna-Lena, Daniel, Wolfgang und Sylvia Groll. © Weingut Groll
Anton Hagen aus Krems-Rehberg © Rita Newman
Stefan Pratsch aus Hohenruppersdorf. © Astrid Bartl
Maximilian und Hans-Peter Topf mit Vater Hans Topf (v.l.) © richard-schabetsberger.com