Blumig und mit zarten wie sortentypischen Aromen ausgestattet präsentieren sich die bereits erstaunlich runden und charmanten Premium-Rieslinge des aktuellen Jahrgangs, die allerdings – wohl aufgrund der extremen Witterung – nur selten die gewohnte Dichte und Länge besitzen.

2024 ist zumindest der Bereich der Premium-Rieslinge so speziell geartet, dass aus den letzten vier Jahrzehnten nun wirklich kein vergleichbarer Jahrgang einfällt. Ein typischer Hitze-Jahrgang ist er sicher nicht, wenn sich auch gewisse Parallelen mit 2011 und 2018 in einer deutlich schlankeren Version anbieten. Keinerlei Ähnlichkeiten gibt es hingegen mit jenen schlank gebauten Rieslingen aus Jahrgängen wie 2020, 2016, 2014 oder 2010, die längere feucht-kühle Wetterperioden aufwiesen. Wie kam es also zu derart ungewöhnlichen Resultaten?

Die Witterung 2024 – kurios und ungünstig

Im Gegensatz zu den Vorjahren hat der recht warme Winter 2024 ausreichende Niederschläge erbracht. Der Frühling begann mit einem Paukenschlag: blauer Himmel und hohe Temperaturen führten zu einem äußerst frühen Austrieb der Reben.

Die prompt in der zweiten April-Hälfte auftretenden Spätfröste sorgten jedoch bald für Ernüchterung und gebietsweise sehr unterschiedliche Schäden, die später auch die Erntemenge reduzierten. Leider waren im Kamptal und in Teilen der Wachau überraschenderweise auch Toplagen davon betroffen. Ende Mai und Anfang Juni setzten endlich die damals ersehnten Regenfälle ein, die allerdings zumeist mit der frühen Rebblüte zusammenfielen und damit zuweilen zu Verrieselungen führten, die sich später ebenfalls ertragsmindernd auswirkten.

In der zweiten Juni-Hälfte kam es dann zur ersten Hitzewelle, wobei die hohen Temperaturen in den Riesling-Anbaugebieten nahezu den ganzen Sommer anhielten. Herausragend unter den Schadensereignissen war der Hagelschlag, der den Wiener Nussberg am 19. August 2024 heimsuchte, wobei die folgende neuerliche Hitzewelle glücklicherweise die beschädigten Trauben eintrocknen ließ. 

Wohl noch jedem Österreicher in Erinnerung ist der im Gefolge eines Italientiefs Mitte September aufgetretene drastische Wetterumschwung, der vier Tage stürmischen Starkregen mit noch nie verzeichneten Niederschlagsmengen und katastrophale Überschwemmungen mit sich brachte. Von den Weinbaugebieten waren in erster Linie die niederösterreichischen nördlich der Donau betroffen. Aufgrund der hohen Zuckerreife war dort die Lese bereits in vollem Gang, wenn auch die Trauben für Premium-Rieslinge wohl noch überwiegend am Stock hingen. 

Zum Glück setzte bald wieder Schönwetter ein, das im Wesentlichen während der verbliebenen Lesesaison anhielt. Bald wurde klar, dass der Alkoholgehalt im höheren, zuckerfreier Extrakt und Säurewerte aber im mittleren bis niedrigeren Bereich liegen würden.

Jahrgang 2023 – grundsolide und standfest

Die wenigen, erst jetzt an den Start geschickten 2023er haben die im Vorjahr gewonnenen positiven Erfahrungen deutlich bestätigt. Die kühlen Temperaturen und hohen Regenmengen im Frühjahr hatten vor zwei Jahren zunächst zum Frohlocken verführt, allerdings erhöhte sich mit zunehmendem Temperaturanstieg dann der Infektionsdruck für Pilzkrankheiten. Ab Juni herrschte in den Anbaugebieten großteils Hitze und Trockenheit, die immer wieder von lokalen Hagelschlägen unterbrochen wurden. Der August erbrachte wieder die erwünschten Niederschläge, und im sonnigen September und Oktober konnte die Hauptlese zügig vorangetrieben werden, wobei in den von Peronospora und Hagel betroffenen Weingärten mit großem Aufwand selektioniert werden musste.

Strahlender Sieger-Riesling von Allram aus Strass

Als strahlender Sieger des aktuellen Wettbewerbs präsentierte sich der 2023er Riesling aus der Ried Heiligenstein des Strasser Weinguts Allram, der mit unwiderstehlichen Fruchtaromen sowie Dichte und Rasse brillierte. Mit dem ähnlich gut gelungenen, enorm saftigen Gaisberg-Riesling konnte dieser Erzeuger ebenfalls einen Spitzenplatz belegen. Ein weiteres prächtiges Beispiel für einen nahezu perfekten 2023er lieferte der mit seiner Fruchtexpression beeindruckende Heiligenstein von Schloss Gobelsburg, der sozusagen „old school“-Stilistik mit gemeißelter Struktur und hoher Eleganz verbindet. 

Der groß Altmeister und der kecke Newcomer

Ganz ausgezeichnet gelungen sind auch die der gleichen Riede entstammenden beintrockenen und doch vor Fruchtaromen sprühenden „Alten Reben“ von Altmeister Willi Bründlmayer, die ebenso wie die Gobelsburger Interpretation ein langes Leben vor sich haben. Als bemerkenswerten Newcomer kann man das Weingut Lahrnsteig aus Mitterarnsdorf bezeichnen, dessen 2023er Steinterrassen Privat vor allem mit kühler Frische und herb-würziger Kernobstaromatik gefielen. 

Aus den Wiener Weingefilden reüssierten in erster Linie der schon seit Jahren mit Saft und Kraft sowie kompromissloser Attitüde überzeugende, noch ganz juvenile Hackenberg von Julia Kroiss und eine Novität aus dem Herzstück des Nussberges in Gestalt des charmanten und lebhaften Rosengartel-Rieslings von Mayer am Pfarrplatz. Für eine positive Überraschung hätte übrigens der 2023 „Envoy“ des Schmidataler Winzers Joe Beyer gesorgt, der durch hohe Reife und eigenständige Stilistik auffiel, doch wegen des etwas höheren Restzuckergehalts nicht den Teilnahmebedingungen entsprach.

Die Spitzengruppe aus 2024 – klein, aber fein

Ein uneingeschränktes Loblied lässt sich auf den Pfeningberg-Riesling des Senftenberger Erzeugers Proidl anstimmen, der klassische Steinobstfrucht mit kristalliner Frische und super saftigem Auftritt am Gaumen verbindet und den schwierigen Jahrgang quasi verleugnet. Ganz anders in der Stilistik präsentierte sich der hoch elegante, ungewöhnlich zartgliedrige Singerriedel des Spitzer Spitzenwinzers Franz Hirtzberger, der ganz auf Finesse setzt. 

Aus den Wachauer Toplagen ragte überdies wieder einmal das Wachstum Bodenstein des Weingutes Prager mit seiner ganz hellen Duftnote, kräftigem Körperbau sowie insgesamt prägnanter Erscheinung heraus. Die Fahne des Traisentales hielt erneut Tom Dockner mit einem höchst rassigen wie temperamentvollen Pletzengraben hoch, der nach unserer Erinnerung sogar den unmittelbaren Vorgänger aus 2023 um ein Quäntchen übertrifft.

 

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Willi Bründlmayer, Christopher Forst und Andreas Wickhoff begutachten die in Kleinboxen gelesenen Trauben. © Weingut Bruendlmayer Foto Anna Stöcher
Linda, Silke, Rosalie & Tom Dockner vom Weingut Dockner in Theyern, das mit Riesling Pletzengraben einen der besten 2024er lieferte. © Helge Woell
Riedenguru Michael Moosbrugger von Schloss Gobelsburg glänzte mit Heiligenstein 2023. © Schloss Gobelsburg
Der junge Straßertaler Lorenz Allram wiederholt bei den Premium Rieslingen seinen Erfolg bei den Mittelgewichten aus dem Spätsommer. © Julius Hirtzberger
Sophie-Helen Hinterhölzl und Robert Bodenstein sind die Next Generation im Kultweingut Prager in Weißenkirchen. In den Premium-Kategorien stets eine Bank. © Weingut Prager
Patrick Proidl ist Sieger der großen Vinaria Verkostung Riesling Premium aus dem Jahrgang 2024, kann bei seinen Cool-climate-Rieden in Senftenberg aus dem Vollen schöpfen. © Art74/ Edwin Dullinger
Bei Julia Jamek sind die vollreifen Rieslingtrauben aus der Ried Klaus in besten Händen. © Mia Bodenstein
Fixgröße in der Wachau: Emmerich H. Knoll punktete diesmal mit Loibenberg Smaragd. © Weingut Knoll
Frauenpower aus Strass: Birgit und Gloria Eichinger © Julius Hirtzberger
Mathias Hirtzberger von der Weinhofmeisterei kelterte einen puristischen Kollmitz 2024. © Julius Hirtzberger
Aufsteiger vom Wachau-Südufer: Walter Lahrnsteig vom gleichnamigen Weingut in Mitterarnsdorf © Weingut Lahrnsteig
Riesling-Spezialistin Barbara Öhlzelt zählt zu den Geheimtipps aus Zöbing. © Weingut Barbara Öhlzelt
Silke Mayr lag sowohl mit Rieslingen vom Weingut Buchegger wie auch Vorspannhof Mayr im Spitzenfeld. © Weingut Buchegger
Franz Josef Gritsch reüssierte im Jahrgang 2024 mit Riesling Reserve Dürnsteiner Burg. © Weingut FJ Gritsch
Verena Pichler-Axmann & Franz Stefan Pichler führen das Weingut PAX in Joching. © Weingut PAX
Maximilian Aichinger war mit Riesling Rosenberg 2022 erfolgreich. © Weingärtnerei Aichinger
Karl Lagler brillierte heuer mit Riesling Steinporz Smaragd 2024. © @michaelschartner.creative-27
Petra Unger aus Furth erfreute die Jury mit ihrem Riesling Ried Gaisberg 2023. © Weingut Petra Unger
Julia, Erika und Roland vom Weingut Kroiss in Sievering © Steve Haider