Erstmals degustierte Vinaria Wiener Weine der Burgunderfamilie in einer eigenen Verkostung, wo an der Spitze die Chardonnays über die sehr soliden Weißburgunder doch die Oberhand behielten. Die heterogenen Sorte eröffnen neue Perspektiven des Wiener Weins.

Die verkosteten Weine präsentierten sich verständlicherweise sehr uneinheitlich. Diese ausgeprägte Heterogenität ließ sich vor allem darauf zurückführen, dass die zahlenmäßig dominanten Weißburgunder nahezu ausschließlich im Stahltank ausgebaut wurden, während sämtliche Angehörigen der weit kleineren Chardonnay-Serie im Barrique reiften. 

Die Degustation ist jedenfalls wie Wasser auf die Mühlen jener Winzer, die eine Ausweitung des Sortenspektrums der Wiener DAC-Herkunft verlangen, die aktuell auf den Gemischten Satz fokussiert ist.

Solides Niveau bei den Weißburgundern

Insgesamt boten die Weißburgunder ein sehr solides Niveau, und auch das Preis-Leistungs-Verhältnis kann als zufriedenstellend angesehen werden. An der Spitze ein Trio, angeführt vom 2023er Schenkenberg von Thomas Huber – ein Wein, der glockenklar und elegant über den Gaumen glitt und im Gegensatz zur früheren Usance nunmehr beintrocken ausgebaut ist – wieder ein Plädoyer für eine der immer noch unterschätzten Grinzinger Paradelagen.

Nahezu gleichauf lag mit dem 2022er Falkenberg des Weingutes Christ einer der „all time favorites“ und verlässlichsten österreichischen Weißburgunder überhaupt, der sich bei klarer Struktur als sehr saftig und verführerisch erwies und wohl noch erhebliche Lagerreserven besitzt. Vervollständigt wurde die schmackhafte Trilogie schließlich durch den schwungvollen, viel Trinkfluss und doch leises Understatement ausspielenden Gollin von Hajszan Neumann, der aber auch die kreidig anmutende Mineralität der Nussberger Toplage zu vermitteln verstand.

Trio an der Chardonnay-Spitze

Auch in dieser Serie hatte sich bald eine Dreiergruppe herauskristallisiert, die eindeutig die Spitzenplätze in Anspruch nahm. Beginnen wir gleich mit dem individuellsten, ja originellsten Exemplar, nämlich dem noch blutjungen Nußdoza von Franz Michael Mayer, der nur in bestimmten Jahrgängen herausgebracht wird. Schon seine Bezeichnung weist auf die glückhafte Verbindung des argentinischen Mendoza-Chardonnay-Klones mit dem so speziellen, kalkreichen Terroir des Nussberges hin. Das große Atout dieses Unikates ist wohl eindeutig der Nase und Gaumen dominierende, exotisch anmutende Früchtekorb, der es locker mit den Holztanninen des Barrique-Ausbaus aufnimmt. 

Sehr schön präsentierte sich auch ein Neuling im Portefeuille des Roten Hauses, nämlich ein Barrique-Chardonnay von der Nussberger Riede Obere Schos, der zwar erst ganz am Beginn seiner Entwicklung steht, doch höchst vornehm über den Gaumen gleitet, wobei auch hier der satte Fruchtschmelz jederzeit präsent ist. Damit könnte sich mittelfristig ein neues Ass unter den österreichischen Top-Chardonnays etablieren.

Schon längst geschafft hat dies der bereits Legendenstatus anstrebende Grand Select von Fritz Wieninger: Die makellose, hellfruchtige Aromatik gepaart mit reichlicher, doch perfekter Eichenprägung kennzeichnen diesen Premiumwein und verleihen ihm auch einen hohen Wiedererkennungswert. Wenn er allenfalls an eine gelungene Allianz eines Cru-Chablis mit einem Chassagne-Montrachet zu erinnern vermag, dann könnte dies dem Vorgänger vom Roten Haus mit einem erstklassigen Meursault gelingen. 

Für alle drei hochgelobten Chardonnays gilt freilich, dass sie von weiterem Flaschenlager sicher profitieren werden; ganz neugierigen Weinfreunden sei zumindest langfristiges Dekantieren ans Herz gelegt.

 

Top Burgunder Weiß

17,5Weingut Franz Michael Mayer2024 fm & tm Nußdoza Chardonnay 
17,3Weingut Wieninger 2022 Chardonnay Grand Select 
17,2Weingut Rotes Haus2023 Chardonnay Ried Obere Schos 
17,1Weingut Fuhrgassl-Huber 2023 Weißburgunder Ried Schenkenberg 1ÖTW 
17,0Weingut Hajszan Neumann 2023 Weißburgunder Ried Gollin 1ÖTW
17,0Weingut Christ2022 Weißburgunder Ried Falkenberg 1ÖTW
16,7Weingut Rotes Haus2023 Chardonnay 
16,6Weingut Edlmoser 2023 Weißburgunder Ried Himmel 1ÖTW Kalkstein
16,6Weingut Kroiss2022 Chardonnay Ried Hackenberg Julia 
16,4Weingut Christ2023 Weißburgunder Ried Falkenberg 1ÖTW

 

Abo bestellen - Die gesamte Reportage mit allen Kostnotizen und Bewertungen und Toplisten finden Sie in der Ausgabe Vinaria 06/2025. Bestellen Sie Vinaria jetzt einfach & bequem zum Erscheinungstermin nach Hause. Das Jahresabo Vinaria mit 8 Ausgaben pro Jahr inklusive dem großen Weinguide Österreich und ePaper ist um € 75,00 (EU-Ausland € 95,00) erhältlich. Jetzt im Vinaria Abo-Shop bestellen.

Wiener Burgunder-Sieger Franz Michael Mayer: die Klone für die Reben, aus denen sein Siegerwein gemacht wurde, stammen aus Argentinien. © Weingut Franz Michael Mayer
Seit Jahrzehnten eine Fixgöße unter den Wiener Winzern: Fritz Wieninger © Weingut Wieninger
Top-Team von Mayer am Pfarrplatz und Rotes Haus (v.l.): Vertriebsleiter Paul Kiefer, Önologe Dragos Pavelescu, Geschäftsführer Thomas Podsednik und Pascal Raab (Vertrieb; hinten stehend) © Julius Hirtzberger
Thomas Huber vom Weingut Fuhrgassl-Huber © Weingut Fuhrgassl-Huber
Rainer Christ begeistert mit Wiener Gemischter Satz. © Weingut Christ
Himmlische Riedenweine wie auch Preis-Leistungs-Weine erzeugt Michael Edlmoser. © Weingut Edlmoser
Julia, Erika und Roland Kroiss aus Sievering © Steve Haider