Herzstück des Coups, der offenbar ein Auftragsdiebstahl war, ist eine Flasche 0,75 Liter Château d'Yquem aus dem Jahr 1806, die laut Weinkarte des Restaurants 350.000 Euro kostet. Experten gehen davon aus, dass die gestohlenen Weine und vor allem der d’Yquem 1806 im Keller eines kriminellen Sammlers verschwinden sollen, denn verkauft kann zumindest diese Flasche kaum werden, ohne dass der Diebstahl sofort auffliegen würde.

Verdächtigt wird unter anderem eine Frau, die beim Einchecken im betroffenen Hotel-Restaurant Atrio in Cáceres nahe der Grenze zu Portugal in der Vorwoche einen Schweizer Pass vorgelegt hat, berichtete unter anderem die Tageszeitung „El Mundo“ unter Berufung auf die Polizei. Sie sei etwa 40 Jahre alt, sehr gut gekleidet gewesen und habe wohl eine Perücke getragen. Der vorgelegte Pass der Dame war offenbar gefälscht.

Der spektakuläre Coup geschah spätabends beziehungsweise nachts. Die Frau hat den bisherigen Erkenntnissen nach zunächst in dem Zwei-Sterne-Restaurant mit einem ebenfalls etwa 40 Jahre alten Mann gegessen. Die beiden hatten anschließend den Weinkeller besucht und sich fachlich versiert gezeigt. Nach Mitternacht hat das Englisch sprechende Duo den Nachtrezeptionisten gebeten, ihnen noch etwas zu essen zu bereiten. Die etwa 15 Minuten, die es unbeobachtet geblieben war, hat das diebische Pärchen ausgenutzt, um die Flaschen zu stehlen. Ausgecheckt haben die beiden gegen fünf Uhr morgens.

Erst einen Tag später ist der Diebstahl aufgefallen. „Ich hatte diese einzigartige Flasche Château d'Yquem aus 1806 auf der Karte für 350.000 Euro, aber ich hätte sie nie verkauft. Sie gehört zur Geschichte des Hauses, zur Geschichte von Cáceres“, wird ein am Boden zerstörter Restaurantbesitzer und Küchenchef Toño Pérez (60) zitiert. Das Atrio ist ein modernes Hotel in einem alten Gebäude, seine mit zwei Michelin-Sternen ausgezeichnete Küche gilt international als sehr kreativ und innovativ. Das Haus ist Mitglied in der exklusiven Vereinigung Relais&Châteaux.

Offen bleibt die Frage, wie die beiden Diebe innerhalb von nur 15 Minuten in der Nacht 45 Weinflaschen aus dem Keller holen und offenbar auf ihr Zimmer schleppen oder anderswo deponieren konnten, ehe sie mit der Beute im Gepäck unbemerkt auschecken und das Hotel verlassen konnten. 45 Weinflaschen sind fast acht Sechserkartons und wiegen zwischen 45 und 50 Kilogramm. Das ist kein Handgepäck. Wie das zusammen gehen soll, ist derzeit ebenfalls Teil der Ermittlungen, die in alle Richtungen gehen. Mutmaßungen, dass der Weindiebstahl fingiert sein könnte, haben sich aber bisher nicht bestätigt.