Als Biotech-Pionier hat der Niederösterreicher Erich Erber (69) Geschichte geschrieben. Jetzt baut er rund um das neue Weingut Förthof in Krems eine umfassende Genusswelt auf. Im Vinaria Interview über Details, biologischen Pflanzenschutz, Wasserstoff statt Elektro und eine bessere Welt.

Rendering der künftigen Wein-Genuss-Welt Der Förthof. Hier die Südansicht mit dem historischen Ansitz (mitte, in Renovierung) und den beiden modernen Hoteltrakten. © SAN Real

Vinaria: Herr Erber, lassen Sie uns dieses Interview von hinten aufrollen. Sie haben sich von Ihrem Lebenswerk, dem globalen Biotech-Pionier Biomin, getrennt. Was treibt Sie nun an, ein Weingut aufzubauen?

Erich Erber: Die Firmenzentrale der SAN Group befindet sich in Herzogenburg, also zwischen St. Pölten und Krems, da kommt man um die wunderschöne Wachau nicht herum. Dort hat sich für mich etwas aufgetan, was wir aufbauen können – und schon waren wir mittendrin in der Sache.

Sie haben am Westende von Krems, am Tor zur Wachau, das traditionelle Weingut Petz übernommen?

Ja, im Stadtteil Förthof, das hat sich so ergeben. Wie sagt man so schön: „Mit dem Essen kam dann der Appetit“, und dazu kam die Idee, etwas Größeres aufzubauen. Derzeit besitzen wir nur sieben Hektar, aber gute, alte Rebbestände und tolle Lagen auf dem Pfaffenberg und Kögl. Wir wollen mehr daraus machen, eine Marke aufbauen, einen neuen Keller errichten, neu auspflanzen. Natürlich hilft uns da unser dichtes Netzwerk.

Damit war das Weingut Förthof geboren?

Ja, und im Superjahrgang 2021 hatten wir unsere erste Lese.

Und eine Kellermeisterin gleich dazu?

Annika Hoffmann ist eine absolute Expertin. Sie kümmert sich um Weinberge, Keller, das Weinmachen. Derzeit vinifizieren wir in Krems-Hollenburg, sind aber noch auf der Suche nach einem neuen Keller an einem anderen Standort – am liebsten in der Wachau.

Sie sind ein Selfmademan wie aus dem Bilderbuch. Welche Vorgaben haben Sie Ihrer Kellermeisterin gegeben?

Einen g’scheiten Wein soll sie machen!

In Krems-Förthof haben Sie Großes vor ...

Wir bauen gerade das neue Weingut mit Verkostungsräumen, den eigenen jedoch später an einem anderen Standort. Im und rund um den Ansitz Förthof errichten wir ein neues Hotel samt Restaurant. In früheren Zeiten gab es dort bereits ein Restaurant, das lange Zeit sogar als das beste weit und breit galt. Genau dort, am Tor zur Wachau, planen wir rund 60 Zimmer auf Vier-Sterne-plus-Niveau, mit Blick auf die wunderschöne Donau. Hinzukommt ein gehobenes Restaurant. Die Eröffnung unserer „Der Förthof“-Genusswelt soll 2024/25 erfolgen.

Sie werden jetzt aber kein Wirt, oder?

Sicher nicht. Wir suchen noch einen passenden, erfahrenen Betreiber – kennen Sie jemanden?

Ich werde mich umhören. Aber der Förthof ist ja nicht Ihr einziges Hotelprojekt.

Stimmt. Wir haben Schloss Albrechtsberg im südlichen Waldviertel gekauft. Das Schloss war ziemlich heruntergekommen, ist jedoch ein tolles Objekt und gar nicht weit weg von Krems. In dieses Schmuckstück investieren wir nun, renovieren von der Pike auf und schaffen ein Hotel mit Veranstaltungsflächen. Das Schloss fügt sich hervorragend in unser „Der Förthof“-Gesamtkonzept ein. In Albrechtsberg für die Gäste die Ruhe des Waldviertels, ein tolles Ambiente für Feste und Events, in Krems hingegen Wein und Fine Dining.

Albrechtsberg hat einen besonderen Weinbezug. Beim Schloss steht die Kirche des Ortes, früher Stammsitz des legendären Weinpfarrers Hans Denk.

Umso besser! 2025 wollen wir in Albrechtsberg startklar sein.

Sie hatten über Jahrzehnte einen Biotech-Konzern aufgebaut, der globaler Weltmarktführer bei biotechnologischen Futtermittelzusätzen war. Zu einer Zeit, als dieses Thema noch lange nicht im gesellschaftlichen Fokus stand. Hatten Sie da einen Riecher?

Ich würde es als eine Vielzahl an Schlüsselerlebnissen beschreiben. Damals arbeitete ich bei der Werfft Chemie, wir waren recht wissenschaftlich unterwegs. Meine Neugier trieb mich aber bald dazu, Alternativen zu bestehenden Produkten zu finden. Das Thema der Mykotoxine, der Schimmelpilzgifte im Futter und damit in der Nahrungskette, hat mich besonders interessiert. Bekämpft wurde und wird das mit Antibiotika, die erst recht in die Nahrungskette gelangen. Um das zu ändern, habe ich mich in den 1980er-Jahren zur Selbstständigkeit entschlossen.

Sie waren damit der Erste, der gegen Antibiotika im Futter mobil gemacht hat. Ein Glücksfall?

Harte Arbeit kommt vor dem Glück. Erfolg basiert immer darauf, mehr richtige als falsche Entscheidungen zu treffen. Alle falschen krampfhaft zu vermeiden führt zu nichts. Wir haben uns richtig aufgestellt, und unsere Futter-Additive wurden zu einem weltweiten Erfolg.

Warum haben Sie das Unternehmen verkauft, abgesehen von dem vielen Geld, das geflossen ist?

Schauen Sie, ich habe vier Kinder, und keines wollte in den Betrieb einsteigen. Das klingt seltsam, ist aber so. Also habe ich mich zum Verkauf meines Lebenswerks entschlossen. Interessenten standen Schlange, alle wollten das Kerngeschäft, Biomin und Romer Labs. Am Ende kam der niederländische Konzern DSM zum Zug, auch weil damit die Arbeitsplätze in Österreich gesichert waren.

Einen kleinen Teil haben Sie aber behalten?

Ja, die kleineren Bereiche, die sich mit Tier- und Pflanzengesundheit beschäftigen. Darin steckt sehr viel Herzblut. Diese Bereiche sind heute der Kern unserer Aktivitäten in der SAN Group, innerhalb derer wir ausschließlich zukunftsorientiert arbeiten. Ich wollte das ein bisschen forcieren, mittlerweile ist das Unternehmen aber stark gewachsen.

Ein bisserl gewachsen …?

Mittlerweile beschäftigen wir 500 Mitarbeiter und blicken auf 75 Millionen Euro Umsatz. Wichtig ist aber das Potenzial, das in den Produkten steckt, das Know-how, die Entwicklungen und Innovationen. All das zählt viel, viel mehr als Umsätze und Bilanzgewinne. Wir arbeiten an den Themen der Zukunft, und unser Schwungrad nimmt ganz schön Fahrt auf.

Wofür steht SAN eigentlich?

Das kommt aus dem Chinesischen und bedeutet „drei“. Drei Lehren, drei Säulen, drei Lichter – die Drei ist der Schlüssel für vieles. Die Weihrauchurnen in Tempeln hatten drei Beine, die jede Unebenheit ausglichen. Unser Leitbild steht auf drei Säulen, aus denen sich neun wegweisende Lichter – die neun SAN Group Candles – ergeben: Nachhaltigkeit, Erfolg und Versprechen an die Kunden. Nachhaltigkeit basiert auf Ökologie, Ökonomie und sozialer Verantwortung. Erfolg ist das Ergebnis von Leidenschaft und den Menschen (Mitarbeitern). Aus Wissenschaft, Speed und Service wiederum ergeben sich unsere Versprechen an die Kunden. Das sind unsere neun SAN Group Candles.

Klingt spannend. In Herzogenburg bei St. Pölten, wo Sie einst Ihren Konzern gestartet haben, bauen Sie gerade an einem Forschungszentrum der Zukunft?

Hier errichten wir derzeit den SAN Biotech Park samt unserer globalen Unternehmenszentrale. Hier werden wir unsere Projekte in den Bereichen Tier- und Pflanzengesundheit sowie neue Energien vorantreiben. Eine Wasserstoffproduktions- und -betankungsanlage haben wir schon für die PKW unserer Firmenflotte, die mit Wasserstoff fahren. An die Elektromobilität glaube ich nicht, denn die macht viel zu viele Probleme. Das ist nur eine Übergangstechnologie. Wir sind am SAN Biotech Park in Herzogenburg aber auch für andere Unternehmen, wie etwa Start-ups, offen.

„Planet Health“ ist ein Standbein der SAN Group – die Gesundheit der Erde?

Alles Leben fängt mit Energie an. Die Zukunft dabei ist H2, der Wasserstoff. Das hat nicht nur philanthropische Gründe, vielmehr geht es um die Zukunft aller. Für Wasserstoff als Energieträger braucht man nur Wasser und Strom, der bestenfalls aus Photovoltaik gewonnen wird. Wir machen das nicht nur hier in Niederösterreich, wir planen zudem eine große Anlage in der Wüste, in Ras Al Khaimah, in den Vereinigten Arabischen Emiraten. Dort betreiben wir dann auch Vertical Farming.

Was Winzer besonders interessieren wird: In der SAN Group stellen Sie auch ein hochwirksames Pflanzenschutzmittel zur Bekämpfung der Botrytis cinerea her?

Ja, Botector®, ein biotechnologisches Fungizid. Auch Bio-Betriebe dürfen unser Produkt anwenden. Hefen überwuchern dabei die zu schützenden Pflanzen, schließen kleine Risse in deren Oberflächen und verhindern, dass sich die Schimmelpilze festsetzen können. Es wirkt, vereinfach gesagt, wie ein Bio-Pflaster für die Pflanzen. Die Anwendung geht weit über den Weinbau hinaus, denn diese Schimmelpilze befallen auch etliche Gemüsesorten, wie etwa Paradeiser.

Eine Alternative zum vielgescholtenen Glyphosat, wie etwa in Round Up verwendet, haben Sie auch in der Pipeline?

Suppress® – zu Deutsch: „unterdrücken“ – nennen wir dieses Mittel, eine Entwicklung unseres Tochterunternehmens SAN Agrow in San Diego, USA. Suppress® ist zu 98 Prozent so effektiv wie etwa Round Up, wirkt aber auf biologischer Basis. Ein Film aus pflanzlichen Ölen wird dabei auf die Blattmasse des Unkrauts gespritzt, das dabei abstirbt. In den USA, Kanada, der Schweiz und Chile ist Suppress® bereits als Biomittel zugelassen, in der EU läuft das Verfahren noch. Ich persönlich bin überzeugt, dass dieses Mittel eine bemerkenswerte Revolution darstellt. Große Schritte machen wir auch in Hinblick auf ein Stimulanzmittel, das auf Biotech-Basis das Geschmacksbild, etwa von Gemüse, beeinflussen kann. Das Ganze passiert völlig ohne Gentechnik versteht sich.

Ihr Hauptthema ist die Nutzbarmach-ung wissenschaftlicher Erkenntnisse?

Wissenschaft und Forschung nur um des Wissens Willen zu betreiben ist sinnlos. Wir müssen die Erkenntnisse der Forschung in anwendbare Produkte transformieren, nur dann haben diese einen nachhaltigen Nutzen für die Menschen und den Planeten. Die Kluft zwischen Wissenschaft und der lösungsorientierten Entwicklung von Produkten für die Gesellschaft ist viel zu groß!

Stichwort Gesellschaft: Mit Ihrer Erber Family Foundation verfolgen Sie noch andere Ziele?

Ja, hier ist das Hauptanliegen Bildung. Nur Bildung kann die Welt verändern, sie ist in jeder Hinsicht der Schlüssel zum Erfolg. In diesem Bereich ist noch unendlich viel zu tun. Wir möchten vor allem Kindern aus schwierigen Verhältnissen zu Bildung verhelfen, um ihr Leben von Grund auf zu verändern – für eine bessere Welt und um die Führungskräfte von morgen zu entwickeln.

Herr Erber, danke für das Gespräch!

 

Zur Person: ERICH ERBER

Mitte der 1950er Jahre in Niederösterreichs Hauptstadt St. Pölten geboren, ist Erich Erber (69) eng mit der Region verbunden. Gemeinsam mit 15 Geschwistern wuchs Erber auf einer kleinen Landwirtschaft nahe der Marktgemeinde Hafnerbach bei St. Pölten auf. In Österreich kennt man ihn vor allem als Gründer der Firma Biomin (1983).

Mit seiner Vision einer antibiotikafreien Nutztierhaltung war er damals seiner Zeit weit voraus und revolutionierte damit die Fütterungskonzepte in der Tierzucht. 2020 verkaufte er die bis dahin auf 1500 Mitarbeitende und 350 Millionen Umsatz angewachsene ERBER Group (Biomin, Romer Labs) an den niederländischen Konzern Royal DSM. Im selben Jahr gründete Erich Erber die SAN Group mit seinen Firmen SAN Real, SAN Pacific Investments, Sanphar und bio-ferm. Heute umfasst das Unternehmen die Bereiche SAN Vet („Tiergesundheit“), SAN Agrow („Pflanzengesundheit“) und SAN Venture („Gesundheit des Planeten“).

Mit dem Erlös aus dem Deal, dem Vernehmen nach fast eine Milliarde Euro, betätigt sich Erich Erber seither als ebenso weitsichtiger und innovativer wie nachhaltiger Investor, der vor allem in Europa, Arabien, Nordamerika, Südostasien und Brasilien tätig ist.

Dem gelernten Chemieingenieur wurde der Professorentitel (BOKU Wien) ebenso verliehen wie der PhD h.c. (Kasetsart University Bangkok, Thailand).

Weinpalette des ersten gutseigenen Jahrgangs 2021. © Der Förthof, SAN Real