Gin assoziierte man bisher nicht zwingend mit dem Weinland Steiermark. Jetzt ist alles anders – der Wacholderdrink boomt. Und warum? Weil die steirischen Brenner so verdammt gut sind.

Wer war Elizabeth Angela Marguerite Bowes-Lyon? Besser bekannt war sie als Queen Mum. Sie schrieb Weltgeschichte und gilt bis heute als bedeutendste Vertreterin der reinen Gin-Lehre. Jeden Tag, so sagt man, gönnte sie sich zu Lebzeiten ein vernünftiges Schlückchen – und nicht wenige (und wohl sie selbst auch) sahen darin den Grund für ihr biblisches Alter von 101 Jahren. Auch viele Künstler, Philosophen und Politiker outeten sich im Laufe der Geschichte als Gin-Aficionados.

Die genaue Zusammensetzung kann von Brenner zu Brenner ziemlich variieren. Wacholder muss laut EU-Gesetz die geschmacksprägende Zutat sein. Eine Rolle, die dieser würzigen, wilden Beere liegt: Wacholder ist eine Domina. Daneben gibt es noch eine Menge anderer Botanicals, die den Gin-Geschmack abrunden: Lavendel, Zimt, Anis, Koriander, Kümmel, Kardamom, Kalmus, Fenchel und Mandel. Weitere Zutaten wechseln von Produzent zu Produzent. Manche verwenden auch Granatapfelkerne, Ingwer, Orangenschalen oder Muskat. Rund 120 verschiedene Bestandteile gibt es, die zur Gin-Herstellung benutzt werden.

Bis vor Kurzem wurde Gin überall anders getrunken als in der Steiermark. Im Verborgenen blühte das Wacholderpflänzchen aber auch hier. Schuld daran sind einige steirische Brenner, die sich vom globalen Ginthusiasmus anstecken ließen.

Vom Croupier zum Gin-Fan

Einer der steirischen  Ur-Gins ist Aeijst, steirisch

„Ej-st“ ausgesprochen, also Äste. Gemeint sind die Äste von Pflanzen, da Gin seine charakteristische Note aus dem Ansetzen mit pflanzlichen Aromen bekommt. Brennmeister ist Wolfgang Thomann aus Lebring. Croupier in seinem ursprünglichen Beruf, nach einer Gin-Verkostung beschloss er aber: „So einen Stoff will ich auch herstellen.“ Die Zutaten: 100% biologisch. Neben der Hauptnote Wacholder spielt Lavendel aus Kitzeck eine wichtige Rolle und sorgt für den runden Geschmack.

Weltmeister-Gin

Von der Garagenbrennerei zum Spitzenbetrieb entwickelte sich die Distillery Krauss. Mit der modernen Destillerie in St. Martin im Sulmtal erreicht sie eine neue Dimension. Die Abfüllanlage schafft 2.000 Flaschen pro Stunde. 180.000 Liter kann man auf einmal einmaischen und bis zu

20.000 Liter Gin ansetzen. Dass im Schilcherland Gin gebrannt wird, weiß man nun auch in den USA. Der „G+ Classic Edition“ wurde bei der San Francisco World Spirits Competition 2015 mit einer Doppelgoldmedaille prämiert, damit zählt der Gin zu den besten der Welt.

Feinste sonnengereifte Mandarinen aus Kalabrien und würziger Thymian sind neben dem Wacholder die maßgeblichen Botanicals. Beide stellen sich in der Nase auch gleich recht selbstbewusst vor. Ein frischer Wacholder-Zitrus-Dialog beginnt, dazu kommen Minze, Menthol, auf dem Gaumen auch Himbeere und Ingwer. Ein geradliniger Gin, balanciert, mit guter Dichte und Länge.

Auch Stefan Liebmann vom Hotel Liebmann in Lassnitzhöhe ist dem Gin-Virus verfallen. Seine Gin-Bar ist gut mit 170 Sorten gefüllt, darunter findet sich auch sein eigener Gin: der Yin Gin in einer edlen silbrig glänzenden Flasche. Die Rezeptur kreierte der Juniorchef selbst, destilliert wurde von Carmen und Werner Krauss. Das Besondere ist die Ergänzung der klassischen Botanicals wie Wacholder, Kardamom, Lavendel und Rosmarin mit Waldmeister und Zitrone, das ergibt eine charakteristische frisch-exotische Geschmacksnote.

Äpfel, Holunder, Koriander

Reinhard Jagerhofer und Winzer Johannes Firmenich bringen in der Südsteiermark den Stin Gin mit 28 Botanicals heraus. Neben Wacholder sind es u.a. Zitrone und Orange, südsteirische Äpfel und oststeirischer Holunder sowie Koriander, Kümmel und Ingwer, die den Stin prägen. Um diese großartigen Aromen zu erhalten, wird der Stin nur in einem 50-Liter-Kupferkessel in kleinen Chargen destilliert.

Einen anderen Weg geht David Gölles, Sohn von Essig-Ikone Alois Gölles. „Bei vielen Gins hat mich immer wieder gestört, dass ich bei häufig mehr als 30 Bestandteilen nur eine Handvoll bewusst wahrgenommen habe“, meint David, „daher wollte ich für mich einen aufs Wesentliche reduzierten Gin produzieren, bei dem jede der Zutaten eine maßgebliche Rolle im Endprodukt spielt.“ Weniger ist mehr, ist das Motto. Aus nur fünf Essentials will er Geschmacksfülle schaffen: Wacholder, schwarze Ribisel, Zitronengras und Koriandergrün. Orangenzesten geben den bittersüßen Feinschliff, verbinden sich mit der lebendigen Frische von Zitronengras und Koriander mit der erdigen Fülle von Wacholder und Ribisel.

Alkoholfreier Gin

Patrick Marchl kreierte Rick Free – für alle, die auf Alkohol, aber nicht auf Genuss verzichten wollen. Als Gin darf dieses nicht bezeichnet werden, da es per Gesetz einen Alkoholgehalt von mindestens 37,5% haben muss. Natürlich destilliert Patrick Marchl auch „richtige“ Gins. Etwa den „Brave“, also englisch für den Mutigen. Zutaten wie Wacholderbeeren, Koriander, Angelikawurzel, Kubebenpfeffer, tasmanischer Bergpfeffer, Zitrone, Ingwer, Muskatnuss, Kreuzkümmel und Kardamom machen diese Rezeptur zu einem kräftigen Aha-Erlebnismit 47% vol.

Auch ein Spitzenkoch wagte sich an das Thema Gin. Edgar Wernbacher, Trachten-Landwirt und Edelbrenner des Jahres, und Andreas Krainer mit seiner Frau Astrid in der Drei-Hauben-Küche Krainer in Langenwang haben ein „Ding gedreht“. Beim Chillen in der Corona-Pause begannen sie die Idee für einen Premium-Gin zu spinnen und hörten damit nicht mehr auf, bis der Chill amoi Gin fertig war. „Hochwertiger Gin mit Kräutern und Wurzerln aus der Hochsteiermark, dazu Hanfblüten und fertig ist der Gin“, sagt Edgar Wernbacher. Eine spezielle Wacholderbeere lässt die Hanfblüten ihre aromatischen, süßen Eigenschaften voll entfalten und gibt diesem Gin eine besondere Note.

Sauvignon-Gin und Gin im Apfelbrandfass

Wenn ein Winzer wie Walter Skoff sich dem Gin zuwendet, ist natürlich der Sauvignon Blanc im Spiel. Das Resultat ist eine österreichweite Neuheit, denn anders als bei üblichen Gins, die auf Getreide oder Kartoffeln basieren, verwendet Walter Skoff für seinen Skoff OriGINal ein Destillat aus Sauvignon Blanc von seinen besten Rieden in der Südsteiermark. Außergewöhnliche Frische zeigt sich, die in Kombination mit verschiedenen Botanicals und dezenten Wacholdernoten eine einzigartige Fülle an Aromen bietet.

Winzer Hansi Schneeberger brennt seinen Gin Styria. Auf die Idee, einen Gin herzustellen, kam er ausgerechnet in einer Gin-Bar in Australien. Was er in die Flasche füllt, ist aber durch und durch steirisch. Ein Gin mit 27 Botanicals, viele davon kommen aus dem eigenen Kräutergarten oder der Umgebung. Beim Ingwer muss er halt Kompromisse eingehen. Eine feine Variante ist der Oak Gin, gereift im 60-Liter-Eichenfass, in dem vorher Apfelbrand war. Warum Gin boomt? „Weil er kein verstaubtes Image hat wie der Single Malt. Und weil er mit den vielen Kombinationsmöglichkeiten nie langweilig wird.“

Steirische Gin-Datenbank

Aeijst
8505 St. Nikolai i.S. 6
https://aeijst.at

DeVin Gin
8361 Fehring, Ödgraben 8
www.devin-gin.at

Fuxbau Gin
8274 Buch-St. Magdalen, Lemberg 63
www.fuxbau-gin.at

The good Gin
Susanne Baumann-Cox
8010 Graz, Wielandgasse 56
www.thegoodgin.at

Gölles
8333 Riegersburg, Stang 52
www.goelles.at/hands-on-gin

Inginity
8311 Markt Hartmannsdorf, Mitterfladnitz 78
www.inginity.at

Krauss
8543 St. Martin im Sulmtal, Aigen 52
www.distillery-krauss.com

Rick Gin
www.rick-gin.at

Schneeberger
8451 Heimschuh, Pernitschstraße 31
www.schneeberger-destillate.at

SKOFF OriGINal
8462 Gamlitz, Eckberg 16
www.skofforiginal.com

Stin Gin
8461 Ehrenhausen, Wielitsch 57
www.stin.at

Yin Gin
8301 Laßnitzhöhe, Liebmannweg 23
www.hotel-liebmann.at

ZeitGeist23
8983 Bad Mitterndorf, Am Sonnenplatzerl 1
www.gourmet-atelier.at

Wernbacher
8662 Sankt Barbara im Mürztal, Grazer Straße 14
www.das-stamperl.at

 

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