Diana Müller vom gleichnamigen Familienweingut am Göttweiger Berg im südlichen Kremstal ist Landes- und Bundesweinkönigin. Das oft verzopfte Bild der Öffentlichkeit von den Weinhoheiten nervt die Königin gewaltig. Ein Interview als Versuch, die Tatsachen zurecht zu rücken.

Weinhoheiten mit Köpfchen (v.l.n.r.): Katrin Dokter, Steirische Weinkönigin; Claudia Muschau, Burgenländische Weinprinzessin; Susanne Riepl, Burgenländische Weinkönigin; Jasmin Fabian, Burgenländische Weinprinzessin; Diana Müller, Österreichische und Niederösterreichische Weinkönigin; Elisabeth Strauch, Wiener Weinprinzessin; Victoria Katharina Medved, Niederösterreichische Vize-Weinkönigin; Iris-Maria Wolff, Wiener Weinkönigin; Katharina Beranek, Wiener Weinprinzessin; Lisa Müller, Steirische Weinhoheit © Anna Stöcher

Vinaria: Provokation zum Einstieg: Weinprinzessinnen müssen vor allem nett lächeln können, Vitamin B haben und dienen als Aufputz – stimmt oder nicht?

Diana Müller: Das war vielleicht früher so, das möchte ich gar nicht bestreiten. Aber es hat sich viel getan im Krönchen-Amt. Heute und schon seit einiger Zeit findet sich bei den sogenannten Weinhoheiten geballte Weinkompetenz, da könnten sich viele andere etwas abschauen. Wir sind keinesfalls nur Aufputz oder Fotogirlies.

Wie wird man eigentlich Weinkönigin oder -Prinzessin? Den Modus kennt kaum jemand.

Der erste Schritt ist eine ausführliche Bewerbung beim Weinbauverband im jeweiligen Weinbaubundesland, mit Lebenslauf und Motivationsschreiben. Der Bezug zum Wein muss jedenfalls gegeben sein, durch Ausbildung und Arbeit, aber man muss keinen eigenen Betrieb haben, das ist nicht zwingend. Kommst du in die engere Wahl heißt es, einer Jury Rede und Antwort zu stehen. Zuerst eine fundierte Rede zu einem Weinthema, dann ein Fachinterview in Deutsch uind Englisch. In meinem Fall saß auch unsere Landeshauptfrau Johanna Mikl-Leitner in der Jury, die Verbandsspitzen und ranghohe Manager aus der Privatwirtschaft.

Sie ärgern sich gelegentlich grün und blau über die Ansichten, die andere über die Damen mit der Krone haben?

Ja, die Intensität des Ärgers kommt auf die Person an, die sich geringschätzig geäußert hat. Die Vorurteile uns gegenüber halten sich hartnäckig, in allen Bundsländern. Aber sie sind stark zurück gegangen. Sogar bei der SALON Präsentation in diesem Jahr hat mich ein Mann gefragt, ob ich auch etwas anders kann als mich zu den Fotos zu stellen. Mein ausführliches Referat zum Jahrgang davor am Podium hatte er versäumt, weil er zu spät gekommen ist.

Wie reagieren Sie, wenn Sie so etwas hören?

Wenn ich es selbst höre, reagiere ich sofort, spreche die Person an und stelle mich der Diskussion. Meist hörst du das aber nur um die Ecke oder als Getuschel, da ist es dann schwierig zu reagieren. Man darf solche Abschätzigkeiten nicht stehen lassen, sonst bestätigt man diese veralteten Ansichten auch noch. Ich bin zum Glück nicht auf den Mund gefallen und kann da schlagfertig diskutieren.

Das gilt sinngemäß auch für die anderen Weinhoheiten in Österreich?

Ja, sicher. Sie haben alle eine fundierte Ausbildung im Weinbereich und hohe Weinkompetenz, sind alles andere als nur der Fotoaufputz!

„Es hat sich viel getan im Krönchen-Amt"

Damen, die mit beiden Beinen im Leben stehen, sozusagen?

Die steirische Weinkönigin Katrin Dokter zum Beispiel ist Weinbau- und Kellermeisterin, führt ihren Betrieb in Ligist. Die burgenländische Queen Susanne Riepl ist Klosterneuburg-Absolventin, studiert an der Uni für Bodenkultur und arbeitet im Betrieb ihrer Eltern in Gols. Die Wiener Kollegin Iris-Maria Wolff vom bekannten Weingut und Heurigen Wolff, macht jetzt den Master in Internationales Weinmarketing. Und meine Vizekönigin in Niederösterreich, Victoria-Katharina Medved, hat International Wine Business in Krems studiert, macht jetzt den Master in Internationales Weinmarketing in Eisenstadt und arbeitet seit kurzem bei der ÖWM im Team Internationale Märkte. Sonst noch Fragen?

Wie würden Sie den Job einer Weinhoheit beschreiben?

Wir sind das Gesicht des österreichischen Weins nach außen. Mit etwas Charme verkauft sich’s eben besser als mit z’widerem G‘sicht. In Zukunft ist auch eine engere Zusammenarbeit mit der ÖWM geplant. In der Corona-Zeit zum Beispiel habe ich bei Online- und Präsenzverkostungen mitgewirkt, zuletzt eine Masterclass in der Schweiz gehalten, als Kosterin in Weinjurys ausgeholfen und als Rednerin bei diversen Veranstaltungen gesprochen.

ÖWM-Chef Chris Yorke ist auch ein Fan von Dir und Euch?

Wir sind dabei, von der ÖWM und auch in anderen Feldern der Weinfachwelt in Österreich mehr eingebunden zu werden und Chris Yorke sieht das sehr positiv und fördert diese Entwicklung. Es gibt viele Pläne für die Zeit nach der Pandemie.

Auch in Ihrem Fall könnten die Vorurteile gar nicht stimmen, schaut man sich Ihren Job im elterlichen Betrieb und Ihre Ausbildung an?

Ich habe an der HBLA für Wein- und Obstbau in Klosterneuburg maturiert, dann den Bachelor in Exportmanagement an der FH Krems gemacht und arbeite fulltime in unserem Familien-betrieb, ich würde sagen 40+ Stunden und als Mädchen für alles, von Export über den Verkauf bis zur Qualitätskontrolle. Ich habe auch ein halbes Jahr an einer Uni in Chile ein Auslandssemester gemacht, auf Spanisch, das war eine echte Challenge.

Sie sprechen mehrere Sprachen?

Also mein Englisch ist sehr gut, für Chile musste ich Spanisch lernen und an der FH habe ich neben Spanisch Russisch als zweite Fremdsprache gewählt. Spanisch und Russisch sind leider ein bisschen eingerostet, aber das werde ich in meiner Zeit nach der Weinkönigin wieder auffrischen.

Majestät ist auch Gruppenkommandantin der Freiwillige Feuerwehr

Wie bringen Sie das alles unter einen Hut?

Das ist nicht so einfach und natürlich leidet manchmal das Privatleben darunter. Jedenfalls spielt sich das alles oft abseits der 40 Stunden-Woche ab.

In eine Uniform schlüpfen Sie auch manchmal?

Bei unserer Freiwilligen Feuerwehr in Krustetten bin ich für die Jugend zuständig, als Gruppenkommandantin. Das kostet natürlich auch Zeit, aber das mache ich gerne wenn es die Zeit zulässt.

Die Funktion der Weinkönigin ist auf zwei (Land) beziehungsweise ein Jahre (Bund) angelegt und ganz schön stressig. Wie schaut Ihr Terminkalender aus?

Durch Corona ist natürlich alles anders, zum Beispiel meine Amtszeit sind jetzt drei Jahre Land und zwei Jahre Bund, viele klassische Events sind weggefallen, dafür zahlreiche neue Formate dazu gekommen, vor allem online und hybrid. Davon wird aber auch einiges bleiben, weil die Winzer der Situation auch Positives abgewinnen konnten. Ich bekomme natürlich viele Einladungen, selektioniere aber die Einladungen heraus die mit Wein zu tun haben. Häufig werde ich gebeten, Reden zu halten oder Statements abzugeben.

In Deutschland wird die Wahl zur Bundesweinkönigin mehrstufig und im Finale in einer Fernsehshow vor Jury und Publikum ausgetragen. Da sind Charme und Charisma, Wissen und Schlagfertigkeit gefragt. Wäre das auch ein Modell für Österreich.

Ich finde das echt cool. Die deutsche Weinkönigin und ihre Prinzessinnen, also das „Deutsche Weintrio“, sind voll integriert ins Deutsche Weininstitut, das die Kür auch veranstaltet. Vielleicht wäre das auch ein Weg für Österreich. Mal schauen was die Zukunft so bringt.

Stichwort #me too: Sind Sie schon jemals in Ihrer Funktion als Weinkönigin sexuell belästigt worden?

Nein, bei mir ist diesbezüglich noch nie etwas vorgefallen. Für die Kolleginnen kann ich nicht sprechen. Vielleicht war das früher anders, ich weiß es nicht.

„Wünsche mir ganz viele Bewerbungen für meine Nachfolge!“

Im Rückblick: Würden Sie jungen Winzerinnen empfehlen, sich um die Funktion einer Weinkönigin zu bewerben?

Auf jeden Fall! Ich möchte keine Minute missen. Du lernst unheimlich viele Leute kennen, kannst ein interessantes Netzwerk aufbauen. Ich habe in meiner Regentschaft auch viel gelernt. Zudem tut sich einiges in der Funktion. Wir starten mit der Suche nach meiner Nachfolgerin im Land im März, die Entscheidung soll dann zirka im Mai 2022 folgen. Ich wünsche mir ganz viele Bewerbungen, vielleicht kann auch Vinaria dazu aufrufen. Bis zum Ende meiner Amtszeit arbeite ich an einem Plan, wie man die Funktion der Weinkönigin modernisieren, neu aufladen und noch besser nutzen kann.

Haben Sie schon Pläne für danach, was werden Sie mit der vielen Zeit machen?

Mir zum Beispiel die Samstag-Abende und das Wochenende wieder selbst einteilen. Öfter mal ein Glas auf unserer schönen Terrasse am Riedenblick trinken. Aber keine Angst, meine Zeit im Job bei uns im Weingut ist schon bestens verplant, dafür sorgt die ganze Familie.

Auf gefühlten tausend Fotos mussten Sie schon das Glas erheben. Mag man den Wein dann noch und wenn ja: welchen trinken Sie am liebsten?

Wein ist eine Lebenseinstellung, ich bin damit groß geworden und trinke ihn gerne. Im Sommer meist Weißwein, jetzt im Herbst und Winter auch sehr gerne Rotwein. Grundsätzlich liebe ich den Riesling, einen guten und gereiftem habe ich am allerliebsten. Der Riesling ist die Königsdisziplin für Winzer; vielleicht mag ich ihn deshalb so gerne.

Und wenn es mal kein Wein sein soll...?

Dann einen guten Gin mit einem guten Tonic.

Was wollten Sie schon immer sagen?

Je mehr junge Leute sich für Wein einsetzen, desto mehr das ist überlebenswichtig für unsere Branche. Und dass man Menschen nie in eine Schublade stecken darf, ohne mit ihnen gesprochen zu haben. Das solle jeder beherzigen, weil Vorur-teile einfach schrecklich sind!

Danke für das Gespräch!

 

ZUR PERSON: Diana I. Müller 

Jahrgang: 
1996 („In Bordeaux ein durchaus guter“)

Sternzeichen: Löwe

Familie: Ältestes von vier Kindern („Habe mich trotzdem immer durchsetzen müssen“); Eltern Martha und Leopold Müller;

Wohnort: Krustetten am Göttweiger Berg im südlichen Kremstal in Niederösterreich

Job: Im Management des Familienweinguts Müller, Krustetten, zuständig für Export, Verkauf, Qualitätssicherung („Bin Mädchen für alles“)

Ausbildung: HBLA für Obst und Weinbau mit Matura in Klosterneuburg; Bachelor-Studium
der Exportwirtschaft an der FH Krems

Fremdsprachen: Englisch auf Native-Speaker-Basis, Spanisch und Russisch (Business)

Hobbys/Sport: Freiwillige Feuerwehr (Gruppenkommandantin), Westernreiten („Hat im Moment leider Pause“), Jagd („Diana ist ja die Göttin der Jagd, alle in meiner Familie haben den Jagdschein“)

Traum-Reiseziel: Weinreise nach Australien und Neuseeland

Lieblingsessen: Alles, außer gefüllte Paprika

Lieblingswein: Riesling, gerne gereift

Lieblingsgetränk, ausgenommen Wein: Gin Tonic

So schön kann Wein: (v.l.): Susanne Riepl, Diana Müller, Victoria-Katharina Medved, Lisa Müller © Anna Stöcher