Vinaria verkostete und bewertete die heimische Spitzen-Prädikatsweine in den Kategorien süß und edelsüß. Die wichtigste Süßweineverkostung Österreichs mit vielen Überraschungen.

Rainer Christ - 4 Kronen im aktuellen Vinaria Weinguide! © Thomas Hantke

Goldene Zeiten für süße Zähne: Schließlich ist das Spektrum an Süßweinen „made in Austria“ breiter, die Zahl an trinkvergnüglichen Vertretern größer denn je. Grund dafür sind die zunehmenden Bestrebungen hin zu mehr Balance und Eleganz auf dem süßen Sektor, selbst wenn dabei auf ein Quäntchen Opulenz verzichtet werden muss.

Die zunehmende Akzeptanz von süßen Weinen dürfte zu einem nicht unwesentlichen Teil auch an einem generellen Stilwandel liegen. Statt auf der ultimativen Jagd nach Zuckergraden und somit barocker Konzentration zu sein, streben viele Süßweinwinzer nach einem transparenteren Süßweinstil, bei dem mehr Augenmerk auf Frische, Eleganz und Ausgewogenheit gelegt wird.

Zum Teil erreicht man das durch Änderungen in Sachen Vinifikation und Lagerung, doch dürften hier wohl auch Reife und Zustand der Trauben eine wesentliche Rolle spielen. Erfolgsfördernd in dieser Hinsicht ist sicherlich die bei vielen Erzeugern bestehende Praxis, Trauben aus dezidierten Weingärten zu verwenden, statt Süßweine nach dem Zufallsprinzip herzustellen.

Wesentliche Impulse kommen auch von der zusehends größer werdenden Zahl an Winzern aus anderen Regionen als dem ehemals fast monopolistisch vertretenen Prädikatsweinparadies Burgenland.

Süßweine zu machen wird aber zusehends schwieriger und nervenaufreibender. Schuld ist das Wetter, das zuletzt immer unkalkulierbarer wird und jedes Jahr für neue Herausforderungen sorgt – kaum ein Jahrgang gleicht dem anderen..

Von ausgeprägter Finesse

Dass Körper und Länge sowie Konturen gerade in diesen Kategorien ganz wesentlich zur Spannung und Gliederung beitragen, zeigt die packende 2019er Riesling Spätlese vom Langenloiser Weingut Jurtschitsch, die derzeit noch in alle Richtungen tänzelt, aber einen Wein von ausgeprägter Finesse ankündigt. Beste Anlagen zeigt auch die Grüner Veltliner Auslese 2018 aus der Ried Spiegel aus demselben Betrieb.

Sehr schöne Vertreter kamen zudem aus dem Burgenland in Gestalt einer duftigen wie saftigen 2019er Chardonnay Beerenauslese vom Weingut Mad in Oggau sowie der wunderbar traubigen Muskat-Ottonel Auslese vom Angerhof Tschida, der auch mit der Illmitzer Spätlese zu gefallen wusste. Weitere gelungene Vertreter stammten von Feiler-Artinger und Herbst Wein aus Ligist in der Steiermark.

Glockenklare Frucht und Ausgewogenheit prägten die besten Beerenauslesen, die quasi die Brücke zwischen Nieder- und Hochprädikaten darstellen. Auch in dieser Kategorie schlug das Weingut Jurtschitsch mit der fabelhaften, fruchtexpressiven Riesling Beerenauslese aus der Ried Heiligenstein zu, die mit Tiefgang und beachtlicher Länge überzeugte.

Die weiteren Top-Platzierungen beanspruchte jedoch mit einer Ausnahme das Burgenland für sich. Die beste Beerenauslese aus Pannonien kam von Günter und Regina Triebaumer in Gestalt ihrer reichhaltigen Cuvée aus Rust, die mit Tiefgang und ordentlich Druck beeindruckte. Sie stammte ebenso aus dem Jahrgang 2020 wie der Chardonnay von Kollwentz und der aromatische Gewürztraminer vom Weingut Feiler-Artinger.

Knapp beieinander lagen die folgenden burgenländischen Beerenauslesen von Haider sowie Schröck und Lenz Moser, dahinter hielt Leo Aumann mit Rotgipfler die Fahne der Thermenregion hoch – ex aequo mit dem Illmitzer Helmut Lang, dessen Chardonnay aus dem Jahr 2018 stammte.

Zeitllose Eleganz: 40 Grad KMW bei knapp 13 Promille Säure

Bei den Hochprädikaten – Trockenbeerenauslese (TBA), Schilfwein, Eiswein – liegt eine TBA aus Wien an der Spitze. Sie wirkt fast schon essenzhaft, ist aber von einer Eleganz und Harmonie geprägt, wie dies keine andere TBA geschafft hat: „Or Liquide“ („flüssiges Gold“) heißt der Sieger, der 2017 in Wien entstanden ist und von Rainer Christ aus Jedlersdorf kommt. Die TBA vom Weißburgunder ist quasi ein Lagenwein, denn die Trauben wurden aus der der 1ÖTW-Lage Falkenberg herausgelesen, von wo jedes Jahr ein trockener Top-Weißburgunder kommt. Das Besondere an diesem Wein war die hohe Zuckerkonzentration von fast 40 Grad KMW bei knapp 13 Promille Säure.

War schon die Wiener TBA von Rainer Christ eine große Überraschung, so finden sich auch auf den beiden weiteren Stockerlplätzen zwei weitere Überraschungen von Winzern, jeweils mit verblüffenden Weinen. Einerseits ist das eine Welschriesling TBA aus dem Haus Winkler-Hermaden im steirischen Vulkanland, wo Weingutschef Georg Winkler-Hermaden mit seinen Söhnen Christof, Thomas und Wolfgang werkt. Voll eingeschlagen hat ihr Welschriesling aus dem Jahr 2018, der im 300-Liter-Holzfass ausgebaut wurde und mit barocker Fruchtopulenz dasteht, aber die Süße mit einer herzhaften Säurestütze zu einem spannungsgeladenen Prädikatswein macht.

Dahinter landete Alexander Egermann aus der Süßweinhochburg Illmitz. Der junge Seewinkler betört mit seiner TBA namens „Mosaik“ aus dem Weinjahr 2019. In die Cuvée ließ Egermann je zur Hälfte Sämling 88 und Welschriesling fließen. Die aromatischen Sorten hat er im Stahltank ausgebaut. Der Wein hat nur 6,5 Volumenprozent Alkohol und war mit mehr als 300 Gramm Zuckerrest einer der höchsten, die üppige tropische Fruchtkonzentration wurde jedoch in keiner Sekunde langweilig.

Spricht man von Süßwein, kommt man natürlich an Hans Tschida aus Illmitz nicht vorbei. Der Burgenländer landete gleich hinter dem Siegertrio mit seinem hocheleganten Strohwein vom Muskat Ottonel. Und auch Ortskollege Christoph Salzl vom Seewinkelhof überzeugte mit seiner TBA 2017 „Goldene Finesse“, einem Sämling, der im gebrauchten Holz ausgebaut wurde und viel Trinkanimo versprüht.

Von der anderen Seeseite, dort, wo die TBA in Form von Ruster Ausbrüchen zu Hause sind, lieferte Kurt Feiler den besten Wein in zweifacher Hinsicht: einerseits mit seinem Pinot Cuvée, Jahrgang 2018 – ein Ausbruch-Klassiker vom Weingut Feiler-Artinger, wo der Winzer als klaren Hauptteil Weißburgunder mit Chardonnay und Grauburgunder zusammenkomponiert, der auch zu einem Fünftel neues Barrique atmen durfte.

Andererseits ebenso stark setzte Kurt Feiler seine Ruster Ausbruch Essenz vom Weißburgunder mit fast 370 Gramm Restzucker aus dem gleichen Jahr sortenrein in Szene. Im Spitzenfeld landete außerdem Andi Kollwentz mit seiner Chardonnay TBA 2018.

Die ausführlichen Toplisten zur großen Vinaria Süßweinverkostung finden Sie im nächsten Beitrag.

 

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Georg Winkler-Hermaden © Marco Stix
Alexander Egermann © Steve Haider
Gerhard und Theresa Haider © Virgil Florea
Christoph Salzl © Thomas Schmid
Kurt Feiler © Karoline Karner
Johannes, Heidi und Georg Schröck © Weingut Heidi Schröck
Regina und Günter Triebaumer voll. © Steve Haider
Michael Rethaller (Kellereileiter von Lenz Moser) © Weingut Lenz Moser
Winzer-Großfamilie (v.l.n.r.): Wilhelm und Maria Mad, Christian und Rafaela Händler, Frederik, Sebastian und Barbara Siess, Tobias, Maria und Matthias Siess. © Maria Hollunder
Andi und Christina Kollwentz. © Bernhard Angerer
Hans Tschida © Angerhof Tschida
Helmut Lang Junior und Senior © Weingut Helmut Lang