Die Halbinsel Istrien in Kroatien ist weit mehr als nur Strand und Olivenöl. Einige (junge) Winzer geben dem Malvazija istarska seine Seele wieder zurück. Eine Reise zu charaktervollen Naturweinen abseits der ausgetretenen Pfade.

Giorgio Clai engagierte Dimitri Brečević als Weinmacher. © Nel Pavletic

Genossenschaften hatten früher das Sagen, Privatinitiativen gab es kaum. Zumindest offiziell. Für den Eigengebrauch nahmen die Winzer schon die besten Trauben für ein paar Fässer. In kürzester Zeit hat sich die Szene aber gewandelt.  Eine junge Generation mit gut ausgebildeten Winzern sorgt für immer bessere Qualitäten.

Das Potenzial ist groß. Den Produzenten stehen zig autochthone Spezialitäten genauso wie die großen internationalen Sorten zur Verfügung. Und im Bereich Natural Wine machen mutige Winzer mit Orange Wines und Amphorenweinen auf sich aufmerksam

Multitalente Malvazija, Teran und Muškat

Die großen drei sind Malvazija, Teran und Muškat. Multitalentiert sind sie, denn sie machen prickelnd als Sekt, als Rosé, frisch oder gereift, in naturnahem Ausbau, klassisch oder als Süßwein vinifiziert eine gute Figur.

Der Malvazija, in ähnlicher Form nur im Friaul zu finden, nimmt den Löwenanteil der Rebflächen in Anspruch und überzeugt als fruchtig-frischer Sommerwein, aber genauso als gereifter Wein. Der rote Teran hat sein umstrittenes Image als recht robuster Wein mit ordentlich Tannin abgelegt und sich zum international ausgezeichneten Charakterwein entwickelt.

Der Muskateller hat eine autochthone Varietät vorzuweisen: den Muškat Momjanski, eine Spielart des weißen Muskatellers. Rund um den Ort Momjan fühlt sich die Rebsorte so zu Hause, dass sie mittlerweile einen ganz eigenen Charakter entwickelt hat. Weitere Verwandte sind der Gelbe Muskateller (Muškat žuti) und der seltene Rote Muskateller (Muškat ruža), der von den kleineren Weingütern Poletti und Bernobić hochgehalten wird.

Leitsorte Malvazija

Der Malvazija ist die Paradesorte Istriens. Gianfranco Kozlović und seine Familie gehören zu den Pionieren der Rebsorte. Kozlović ist heute in ganz Kroatien bekannt, aber auch bei vielen Weinkennern in den Nachbarländern. Der Familie sind mittlerweile aber viele Kollegen gefolgt: „Am Anfang waren wir in Istrien vier, fünf Winzer. Heute sind wir längst mehr als hundert, darunter auch viele ambitionierte Jüngere.“

Die Liste der empfehlenswerten Winzer für Malvazija wird mit jedem Jahr länger. Sie reicht von Kozlović, Matošević, Coronica, Degrassi, Benvenuti, Geržinić, Franc Arman und Radovan bis zu Bruno Trapan. Alternative Stile bietet das Weingut Kabola mit seinem Malvazija Amfora.

Einer der Pioniere unter den kroatischen Naturweinwinzern ist Mladen Rožanić vom Weingut Roxanich. Kein Winzer hat die istrische Weinszene in den letzten Jahren so geprägt wie er. Mit einem Maximum an Wissen bringt er Weine mit einem Minimum an Intervention in die Flaschen. Vor allem sein Malvazija Antica ist außergewöhnlich.

Urweine statt Orange Wines

Rožanić gilt weltweit als Aushängeschild der Orange-Wine-Bewegung. Mittlerweile distanziert er sich aber vom Begriff Orange Wine, weil er zum Modewort geworden sei. „Trendausdrücke werden automatisch unpräzise. Darum bezeichne ich meine Crus inzwischen lieber als lang mazerierte Gewächse oder schlicht und einfach als Urweine.“

Rožanić lehnt es ab, seine Weine mit moderner Kellertechnik möglichst schnell trinkreif zu trimmen. Er lässt seinen Weinen lieber Zeit, viel Zeit. „Geduld ist eine fantastische Kellertechnik“, sagt er. Seine Crus liegen zwischen dreieinhalb und fünf Jahren in großen 3800-Liter-Holzfässern.

Sein Renommee hat sich das Weingut u.a. mit einem puren Istrianer erabreitet, dem Malvazija Antica. Er durchläuft eine Maischestandzeit von über 80 Tagen, bevor er über drei Jahre im großen Holzfass ruht. Rožanić arbeitet mit Naturhefen und verzichtet bewusst auf Zusätze. Erst bei der Flaschenabfüllung setzt er auf Technik. Die Weine kommen sauerstofffrei in die Flaschen, damit sie dort trotz minimalster Schwefelung jahrelang weiterreifen können. Akazienblumen, Mandelöl, Nüsse, Meersalz und ein Hauch Jod offenbart der Wein in der Nase, am Gaumen Filigranität, Komplexität und Frische.

Die großen Zwei

Ein Pionier ist auch Giorgio Clai. Bis 2001 lebte er in Triest und führte dort mehr als 20 Jahre lang das Restaurant seiner Eltern. Nach dem Zusammenbruch Jugoslawiens kehrte er wieder zurück nach Istrien, um sich dort seinen Traum eines eigenen Weinguts zu erfüllen. Auch Giorgio Clai setzt auf Weinerzeugung durch spontane Fermentierung, auch hier werden keine Enzyme, Hefe oder malolaktischen Bakterien zur Weinerzeugung hinzugegeben.

Der Wein reift in Holzfässern unterschiedlicher Größen und wird ohne Mikro- oder Sterilfilterung in die Flaschen gefüllt. Beide, Rožanic und Clai, haben erst kürzlich in die glamourösesten Weingüter Istriens investiert.

Olivenöl und Wein

Der Name Klaudio Ipša ist für exzellente Bio-Olivenöle bekannt. Sein Sohn Ivan Ipša schlug aber einen anderen Weg ein und begann sich vor einigen Jahren lieber mit Wein zu beschäftigen. Drei Bioweine produziert er: Malvazija, Sivi Pinot (Grauburgunder) und die Cuvée Santa Elena aus Merlot und Refosk – alle auf den Schalen mit eigenen Hefen spontanvergoren. 

Ivica Matošević, ein weiterer Weinhersteller der jungen Generation, stellt jährlich etwa 50.000 Flaschen her. Vor allem Weißweine, die alle im Barrique reifen. Den Anima Chardonnay sollte man probieren. Niedrige Ernte und kalte Fermentation geben dem Wein Aromen von Nüssen und Salz. Sein Malvazija Alba wird von einem Akazienaroma dominiert, dazu mischen sich dezent Limonen und Heu.

Der junge Damir Mihelić erzeugt nur zwei Malvazijas. Beide bleiben auf der Maische liegen: der Malvazija Istarska nur zwei im Tage Stahltank, der andere, Maduro, 15 Tage und in einem Terrakotta-Tank. Wichtig ist ihm, nur ja keine oxidativen Noten im Wein zu haben.

Ein engagierter Querdenker ist Denis Bernobić in der Nähe von Novigrad. In fünfter Generation ist er bereits Weinbauer, er ist aber der erste, der Wein in Flaschen füllt. Zur Steigerung der Qualität holt er die junge Önologin Katarina Primorac. Auf biologisch zertifizierte Produktion stellten sie um und mit Orange Wines experimentieren sie auch. Vor allem der Malvazija sei dafür ideal, weil man ihn länger einmaischen könne. Die Extraktion funktioniert besser, wenn man den dickschaligen Trauben mehr Zeit gibt.

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