Österreichs Ruf als Herkunft herausragender Prädikatsweine ist untrennbar mit dem Wirken von Alois Kracher verbunden. Sein Durchbruch zu internationalem Ruhm gelang mit der berühmten Kollektion 1995, die 15 Trockenbeerenauslesen umfasste. Sohn Gerhard Kracher präsentierte die Serie jüngst erneut.

Begründete den Weltruf österreichischer Süßweine und seines Weinlaubenhofs: Alois Kracher (1959 – 2007) © Kracher

In Zeiten, in denen mit den Begriffen Legende und Kult oft allzu verschwenderisch umgegangen wird, gibt es solche Persönlichkeiten und Weine, die diese Begriffe gänzlich er- und ausfüllen. Alois „Luis“ Kracher ist eine solche Legende, seine 1995-TBA-Serie zweifellos Kult.

Seit jeher ein Familienbetrieb, ist der Illmitzer Weinlaubenhof der Familie Kracher durch das Schaffen starker Persönlichkeiten geprägt. Schon Großvater Alois Kracher senior war in seiner Zeit fraglos ein Pionier, der das Potenzial des Seewinkels erkannte und ein ausgeprägtes Qualitätsstreben an den Tag legte, was sich in Gestalt hochwertiger Süßweine offenbarte. 

Sein Sohn Alois schlug zunächst den erlernten Berufsweg als Chemiker im Pharmabereich ein, bevor er sich gänzlich mit Haut und Haar dem Winzerberuf widmete. Nach dessen allzu frühem Tod übernahm 2007 Sohn Gerhard Kracher das weltweit renommierte Weingut und führt es seit damals auf vortreffliche Weise mit starker Unterstützung seiner Frau Yvonne.

Erfüllt von der Idee, die edelsüßen Prädikate auf den Thron zu heben

Alois Kracher war erfüllt von der Idee, den edelsüßen Prädikaten wieder jenen Thron zu sichern, der den Süßweinen in den Nachwehen des Weinskandals (des „Big Bang“, wie Kracher ihn bezeichnete) abhandengekommen war. Sein unermüdliches Streben nach Perfektion war begleitet von Neugier und nahezu unersättlichem Wissensdurst, die ihn zu Süßwein-Großmeistern wie Pierre Meslier von Châetau d’Yquem in Sauternes, Mosel-Legende Egon Müller und dem damals noch kaum bekannten István Szepsy im ungarischen Tokaj führte, wo er sein Wissen über die Erzeugung von Botrytisweinen vertiefte und perfektionierte.

In Österreich erlangte Kracher bereits Ende der Achtzigerjahre stetig und rasch wachsende Bekanntheit. Im tollen Süßweinjahr 1991 kam die erste offizielle Grande Cuvée auf den Markt, danach folgten zwei Jahre, die in Sachen Prädikatswein kaum etwas hergaben. Mit dem sehr guten Botrytisjahr 1994 wurden die Bezeichnungen „Zwischen den Seen“ für Weine im klassischen Seewinkel sowie „Nouvelle Vague“ eingeführt. 

5 x Winemaker of the Year in London

In diesem Jahr sorgte Kracher auch international für Furore mit seinem ersten (von fünf) Titel als „Winemaker of the Year“ bei der International Wine Challenge in London, aber auch wegen der vielzitierten Kolumne mit Titel „Playing with the Big Boys“ von Jancis Robinson, in der sie Alois Krachers bemerkenswerte Leistungen würdigte. Endgültig Weltruf erlangte er allerdings mit der Kollektion 1995, die damals den ersten Verkostungsbericht im berühmten Wine Advocate von Robert Parker überhaupt auslöste. Autor Pierre Rovani schrieb damals über die Serie jenes Winzers, der „wie eine Luftschutzsirene während eines friedlichen Schläfchens in mein Leben hineingeplatzt ist“.

Traumjahrgang und Weltruf mit Kollektion 1995

1995 stellte alles in den Schatten – ein nahezu perfekter Botrytisjahrgang, der fast ausschließlich die höchste Prädikatsweinkategorie der Trockenbeerenauslese hergab und somit die größte TBA-Kollektion in der Geschichte des Hauses bis heute hervorbrachte. Das Jahr startete gut, die Winterfeuchte wurde in den Frühling getragen, das Frühjahr war weder zu kühl noch zu warm, mit passenden Niederschlägen. Im schönen, etwas trockenen Sommer schritt die Reife rasch voran, es folgten Herbstniederschläge, die für ein rasches Einsetzen der Botrytis sorgten; diese trocknete dank warmer Winde schnell ein. Die Zuckergrade waren hoch, die Säurewerte fantastisch, die Balance großartig. Alois Kracher setzte damals alles auf eine Karte, riskierte auch finanziell alles und produzierte TBAs im großen Stil – glücklicherweise handelte es sich auch um den ersten Jahrgang, in dem die Familie Kracher ausreichende Rebflächen zur Verfügung hatte.

Zwischen den Seen & Nouvelle Vague

Die Kollektion umfasste sagenhafte 15 TBAs, darunter je drei Welschrieslinge und drei Scheureben, dazu je zwei Muskat-Ottonel und Zweigelt sowie Chardonnay, Traminer und zwei Cuvées. Etliche Weine wurden in großen alten Holzfässern vergoren und ausgebaut, andere in überwiegend neuen Barriques (No. 7, 8, 9, 10, 12, 13). 

Die erste Gruppe mit fruchtbetonten TBAs im traditionelleren Stil wurde der Kategorie „Zwischen den Seen” zugeordnet, die Barrique-Chargen der Kategorie „Nouvelle Vague“. Die Nummerierung der Weine erfolgte nicht nach Restzucker aufsteigend, sondern in der Reihenfolge, wie Alois Kracher sie gerne getrunken sehen würde.

Einige Weine aus 1995 residieren im Süßweinolymp

Nun noch einmal die Möglichkeit zu bekommen, diese Kronjuwelen aus 1995 verkosten zu drüfen, ist eine Freude und ein Privileg. Die Weine sind größtenteils hochfärbig, dunkelgold bis tiefbraun. Spätestens in der Nase vermitteln sie jedoch das Leben, das noch in ihnen steckt, und zwar in allen – auch wenn manche bereits etwas weiter sind, andere noch voller Energie. Einige residieren ohne jeden Zweifel im Süßweinolymp.

 

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So tieffärbig sich etliche der 1995er-TBAs präsentierten, so lebendig waren sie am Gaumen. © Kracher
Perfekte Botrytis im Kracher-Weingarten im burgenländischen Seewinkel. © Kracher
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Krachers Flaschen sind Botschafter des österrechischen Weins in aller Welt. © Kracher