Wenn man die Brücke vom Weinbau in die Gesellschaft schlagen möchte, gar hin zur aktuellen Lage zwischen Pandemie und Digitalisierung, wird man beim alten Professor Laurenz „Lenz“ Moser und seinem Standardwerk noch immer fündig.

Nicht nur Topwinzer Karl Fritsch vom Wagram schmökert gerne in Lenz Mosers uraltem Standardwerk „Weinbau einmal anders“. Erschienen im Selbstverlag des großen Weinbaupioniers, irgendwann Anfang der 1950er-Jahre. Nicht nur die fachlichen Inhalte sind nahezu zeitlos, auch die generellen Betrachtungen des Weinprofessors haben vielfach Aktualität.

Karl Fritsch: „Meinen Respekt möchte ich Lenz Moser zollen, ein Visionär und Vordenker. In seinem Buch aus den 1950er Jahren schlage ich gerne nach und lasse mich gerne inspirieren. Um einen Eindruck zu bekommen, reicht schon ein Blick ins Vorwort.“

Wer schneller lebt, stirbt früher

Ersetzen wir die von Moser im Buch angesprochene Mechanisierung durch Digitalisierung (dazwischen beherrschte die Automatisierung die technische Entwicklung), die wir uns „nicht zum Götzen machen“ dürfen. All sein Bestreben in der neuen „Hocherziehung“ der Weinstöcke lag darin, wie Moser es formuliert, „mehr den Kopf als die Hände arbeiten zu lassen“. Raffgier und Schnelllebigkeit lehnte er schon damals ab: „Diejenigenen, die am schnellsten leben werden auch früher sterben“. - Vinaria zitiert:

Prof. Lenz Moser: Weinbau einmal anders

„Das wertvollste Geschenk, dass ein Vater seinem Sohn geben kann, ist eine gründliche Fachausbildung. Wir müssen uns jedoch davor hüten, einseitige Spezialisten heranerziehen und die Technik zum Götzen zu machen. Die vielen Schlagworte von Rationalisierung, Mechanisierung, Kommerzialisierung sollen uns nicht verwirren, wir wollen nicht nervöse Geschäftemacher oder herzkranke Manager werden. Wir Weinbauern wollen nichts anderes, als unseren Weinstock auf etwas zweckmäßigere und intelligentere Art erziehen, wobei wir besonderen Wert darauf legen, mehr den Kopf als die Hände arbeiten lassen.

Bei allen unseren Bemühungen wollen wir die Verbundenheit unseren Seins mit der Umwelt nicht vergessen. Wir wollen in einer alles umfassenden Betrachtung unsere derzeitige Lage erkennen und unsere Pläne für die Zukunft einrichten. In der Unrast der modernen Wirtschaft wollen wir uns eine Oase der Ruhe und des Friedens erhalten, wollen unseren Weingarten bearbeiten, das Familienleben pflegen und Mensch sein unter freien Menschen. Wir wollen uns am Wachsen, Blühen, Fruchten und Vergehen des Weinstockes erfreuen und in der Arbeit selbst Genuss und innere Befriedigung finden.

Die technischen Möglichkeiten wollen wir zur Erleichterung unserer Arbeit und zur Pflege der Weinstöcke nutzen. Wir lehnen jedoch Raffsucht und Hast ab, weil wir wissen, dass diejenigen, welche am schnellsten Leben, auch am frühesten sterben. Der Staatsführung rufen wir zu: Wir Weinbauern wünschen die freie Entfaltung unserer Kräfte in einer wirklich sozialen und möglichst wenig gelenkten Marktwirtschaft. Wir sind stark genug, des Standes Bürde selbst zu tragen, und lehnen es ab, zu Herdentieren in einen großen Staatstall erniedrigt zu werden.“