Das Bordeaux-Spitzen-Château Angélus hat sich von der Klassifizierung 2022 in Saint-Émilion zurückgezogen. Die Klassifizierung sei zu einem „Vehikel für Antagonismus und Instabilität“ verkommen, teilt Château Angélus mit. Vorangegangen war ein Rechtsstreit samt Verurteilung.

In diesem Rechtsstreit samt aufsehenerregendem Gerichtsprozeß faßte Château Angélus-Mitbesitzer Hubert de Boüard eine hohe Geldstrafe aus. Im Oktober 2021 verurteilte ein Gericht in Bordeaux de Boüard. Hintergrund war die Klassifizierung 2012 in Saint-Émilion. Der Vorwurf lautete, dass de Boüard als Mitglied in für die Klassifikation verantwortlichen Gremien Eigeninteressen verfolgt habe. 2012 erlangte Château Angélus den Status als Premier Grand Cru Classé A. Auch andere Weingüter, bei denen de Boüard als Berater wirkte, schnitten in dem Jahr gut ab.

De Boüard wehrte sich gegen die Vorwürfe, er habe stets im kollektiven Interesse gehandelt. Die Gerichtsentscheidung habe Château Angélus nun darin bestärkt, sich von der Klassifikation abzuwenden. Das System werde den Anforderungen des eigenen Betriebs und der Appellation nicht mehr gerecht.

„Wir steigen aus einem Verfahren aus, dessen Nachhaltigkeit nicht mehr gewährleistet scheint und dessen Vorteile die Risiken ungerechter Anschuldigungen nicht mehr aufwiegen. Die Werte, die uns am Herzen liegen, und die Dynamik, in die Angélus heute eingebunden ist, veranlassen uns dazu, das derzeitige System als ungeeignet für die Herausforderungen unseres Weinguts und seiner Appellation zu betrachten“, erklärt Stéphanie de Boüard-Rivoal, Präsidentin von Angélus und Tochter von Hubert de Boüard.

Schon der dritte Rückzug in Saint-Émilion

In Saint-Emilion müssen sich die Châteaus – anders als in den übrigen Bordelaiser Weinbauregionen – in regelmäßigen Abständen um ihre Klassifizierung bewerben. Ein Umstand, der zwar mehr Flexibilität gewährt, aber stets zu hitzigen Diskussionen um die Klassifizierungen führt. Château Angélus ist nicht das einzige Weingut in Saint-Émilion, dass der Klassifizierung 2022 den Rücken kehrt. Im Vorjahr gaben die Châteaux Cheval Blanc und Ausone ihren Rückzug bekannt. Die Güter begründeten ihren Schritt mit Unzufriedenheiten rund um die Bewertungskriterien, welche zu wenig Gewicht auf Wein und Terroir legen würden. Durch die Abgänge von Angélus, Cheval Blanc und Ausone verbleibt Château Pavie als einziges Weingut mit Status Premier Grand Cru Classé A in Saint-Émilion.

© Château Angelus
Château Angelus © Millésima
Weltberühmtes Etikett © Millésima