Es ist nicht das erste Mal, dass der legendäre und exzentrische Spitzenkoch René Redzepi (45) sein 3 Sterne-Restaurant Noma in Kopenhagen (Dänemark) zusperrrt. Diesmal soll es aber auf Dauer sein, weil: „Fine Dining ist am Ende, finanziell und emotional!“

© Noma

In einem aktuellen Interview mit der Onlineausgabe der New York Times, das am 9. Jänner 2023 erschien, erzählt René Redzepi Redakteurin Julia Moskin von seinen überraschenden Plänen, die in der globalen Gourmetszene wie eine Bombe einschlugen: Spätestens Ende 2024 will Redzepi sein höchstdekoriertes Restaurant Noma schließen.

Fünfmal bestes Restaurant der Welt

Immer wieder und insgesamt fünf Mal führte das Kopenhagener Noma die Liste der besten Restaurants der Welt an (The World’s 50 Best Restaurants), vor zwei Jahren erhielt es endlich auch den dritten Michelin-Stern. Dieser wurde von den Inspektoren des Guide Michelin lange verweigert, nicht nur wegen der Sprunghaftigkeit in der Positionierung des Luxusrestaurants. Zuletzt musste das Noma die Spitzenposition im weltweiten Ranking an den Stadtrivalen Geranium abgeben, mit Küchenchef Rasmus Kofoed schon viel länger mit drei Sternen geadelt und ein Tempel der Beständigkeit.

René Redzepi hatte den ehemaligen Standort des Restaurants im Zentrum Kopenhagens schon einmal geschlossen, nur um das Restaurant schließlich wieder am Stadtrand zu eröffnen. Dazwischen lag auch ein ganzjähriges Pop Up-Abenteuer in Australien. Das neue Noma wurde dann vor ein paar Jahren auf einem herunter gekommenen Gelände im Stadtteil Christiana neu eröffnet.

Trendsetter der Nordic Kitchen

War es im ersten Anlauf am ursprünglichen Standort einer der extremsten Verfechter der Nordic Kitchen (Zutaten aus Wald und Wasser, kaum Fleisch, Miniportionen; extreme Gerichte, etwa lebende Shrimps), legte das neue Noma noch einen Zahn zu: Foraging nennt sich der Trend, wo Zutaten saisonal aus Wald und Wiese geholt werden. Kräuter und Moose, Rinden und Flechten, Wurzeln, Pilze und Blüten. Weiterer Grundpfeiler der aktuellen Küche ist das Fermentieren, das Noma in der Welt der großen Küchenchefs wieder salonfähig machte. New Nordic Kitchen nennt die Fachwelt den Stil.

Trends, Landmarks, Hypes und Stile setzte Renè Redzepi in den vergangenen zehn, zwölf Jahren wie kein anderer. Der wirtschaftliche Erfolg steht auf einem anderen Blatt. Nicht zuletzt, weil die ausgefallenen Kreationen und oft umständlich genussfähig gemachten Zutaten enormen Personalaufwand erforderten. Der sich auch über noch so teure Menüs kaum rechnet. Dazu kommt, dass das Noma im Verhältnis wenig echte Stammgäste gewinnen konnte. „Einmal Noma ist super interessant, aber es reicht dann auch“, war und ist der Tenor vieler Feinschmecker.

In den vergangenen beiden Jahren gerieten Redzepi und das Noma zudem mehrfach in Negativschlagzeilen. Themen waren die Arbeitsbedingungen im Noma, die Behandlung von Praktikanten und ausländischen Mitarbeitern sowie ruppige Umgangsformen des Chefs mit seinen Untergebenen.

Fine Dining ist am Ende, Ablaufdatum naht

René Redzepi sieht zudem das Modell des Fine Dining am Ende, das Geschäftsmodell funktioniere nicht mehr und sehe seinem Ablaufdatum entgegen. Die Branche ist für schwierige bis extreme Arbeitsbedingungen und ausufernde Arbeitszeiten in Verruf. Das Modell sei „nicht nachhaltig, weder finanziell noch emotional, als Arbeitgeber und als Mensch. Es funktioniert einfach nicht“, sagt René Redzepi in der New York Times.

Im Interview verrät Redzepi auch seine Pläne für die Zukunft. Aus dem Restaurant soll ein Food-Laboratorium werden, das sich an der Entwicklung neuer Produkte und Gerichte versucht. Ab und zu soll es kulinarische Pop-Up-Veranstaltungen geben. Rund 70 Mitarbeiter sollen in dem neuen Betrieb an der bisherigen Wirkungsstätte beschäftigt werden.