Pocken sind ja jüngst in aller Munde. Auch bei der Rebe kommen als Pocken genannte Blattgallen vor. Doch mit dem ähnlichen Erscheinungsbild enden schon die Gemeinsamkeiten. Auslöser der Beulen am Rebblatt sind nämlich nicht Viren, sondern Milben.

Am stärksten befallen werden die zuerst austreibenden Blätter; jene, die später gebildet werden, weisen üblicherweise eine geringere Zahl an Pocken auf. © Peter Schleimer

Vor ein paar Jahrzehnten durchaus noch als Gefahr empfunden und folglich entsprechend (meist mit Schwefel oder Öl) bekämpft, sorgt die, ein charakteristisches Schadbild auslösende, Pockenmilbe heute kaum mehr für besorgte Blicke unter Winzern. Es sieht fast immer schlimmer aus, als es ist. Nur in Ausnahmefällen kommt es zu dennoch zu meist überschaubaren Beeinträchtigungen. Dies kann einerseits fallweise in Junganlagen auftreten, in denen eine Reduktion der sowieso nicht üppig vorhandenen Blattmasse wachstumshemmend wirkt. Andererseits in jenen Fällen, wo sich der Milbenbefall von den Blättern auf Blüten bzw. Gescheine ausbreitet, die sich dann verformen oder im schlimmsten Fall absterben. Eine Massenausbreitung, die sich auf extrem viele Blätter bei der großen Mehrheit der Rebstöcke eines Weingartens ausdehnen würde, und die in letzter Konsequenz zu massivem Blattfall führen würde, kommt praktisch nie vor; auch nicht in südlicheren Weinländern, wo sich der frostempfindliche Erreger dieser Krankheit deutlich wohler fühlt als bei uns.

Mikroskopisch kleiner Übeltäter

Wer ist nun der Bösewicht, der für die hässlichen Blattpusteln verantwortlich ist? Es handelt sich um die walzenförmige, gerade einmal 0,16–0,2 Millimeter große Gallmilbenart Colomerus vitis –umgangssprachlich naheliegenderweise auch als Pockenmilbe bezeichnet –, die sich auf die Rebe Vitis sp. als Wirtspflanze spezialisiert hat.

Sobald sich die Blätter im Frühling zu entfalten beginnen, wandern die unter Knospenschuppen oder in Rindenritzen überwinternden Milben auf deren Unterseite, wo sie große Kolonien bilden. Durch ihre Saugtätigkeit verursachen sie die Bildung der blattoberseits als Pocken wahrgenommene Gallen aus. Unterseits handelt es sich um meist durch weißlichen Filz geschützte Vertiefungen. Die Milben bilden hierzulande bis zu sechs Folgegenerationen pro Jahr aus.

In den Gallen leben ganze Kolonien der mikroskopisch kleinen Pockenmilben. © Peter Schleimer
Der Filz ist meist weißlich, kann aber auch bräunlich sein. © Peter Schleimer