Gut 35 Kilometer nordwestlich der oberösterreichischen Metropole Linz, im tiefen Mühlviertel, das sich in der braungrauen Winterzeit eher unspektakulär präsentiert, versteckt sich im Neufeldener Ortsteil Unterberg (Bezirk Rohrbach) eines der feinsten kulinarischen Kleinode Österreichs: das Gourmetimperium der Familie Rachinger, ausgezeichnet unter anderem mit 4 Hauben von Gault & Millau.

Philip Rachinger © Mühltalhof

Auf Grundmauern, die einiges von der Geschichte des Ortes erzählen können, erhebt sich der Mühltalhof der Rachingers. Ein Gebäudeensemble, dem man ansieht, dass es organisch gewachsen ist. Direkt am Ufer der Großen Mühl gelegen, eines derzeit beschaulichen kleinen Flusses, eigenes Flussbad inklusive. Im Innern empfängt der Mühltalhof den Gast mit offener Architektur: von der Rezeption über die Bar, die Schank, die gläserne Veranda mit großem Ausblick, bis hin zur offenen Küche und dem Gourmetstüberl präsentieren sich alle Räume im fließenden Übergang. Offen wie die Küche von Philip Rachinger, trotzdem so diskret, wie die Gäste es schätzen.

„Die Küche ist das brodelnde, pochende, heiße Herz des Hauses“, sagen die Rachingers, „die Bereiche des Ankommens, Platznehmens, Wahrnehmens und Genießens sind monolithisch verschmolzen.“

Am besten man nimmt „ois“

Im Stammhaus schwingt nun Philip Rachinger das Zepter an der Spitze einer einzigartigen Crew, die sich – von der jüngsten Kellnerin bis zum höchst versierten Sommelier und ebensolchen Souschefs – durch ausnehmende Freundlichkeit und Kompetenz auszeichnet. Das kluge Konzept des Küchenchefs, auch führendes Mitglied bei den Jeunes Restaurateurs Österreich (JRE), setzt auf zwei Schienen: im Restaurant wird täglich ein fixes, viergängiges Menü serviert; im Fine-dining-Bereich mit etwa 16 Sitzplätzen hingegen ist Schlemmen nach Herzenslust angesagt. Hier wird unter dem Motto „Ois“ (hochdeutsch: Alles) ein ebenfalls fixes, zwölfgängiges Gourmetmenü geboten, das im wahrsten Sinne des Wortes alle Stückerl spielt.

Große Kunst auf hohem Niveau, ohne jemals gekünstelt zu sein. Bei allem Aufwand und schier endlosem handwerklichem Können der Küchenbrigade kommen die Gerichte nie überkandidelt auf den Teller, behalten die Produkte ihren Charakter, ja bleiben im Geschmack oft sogar puristisch. Etwa der Eiskarpfen, aber auch die Variation vom Karfiol. Klar, Philip Rachinger kocht sehr regional und saisonal, setzt auf ihm bestens bekannte Lieferanten, werkt nachhaltig. Es schmeckt aber doch anders im Mühltalhof, um einen Deut interessanter, um einen Zwischenschritt besser, um eine Nuance raffinierter als anderswo in gleicher Liga.

Ein eigenes Kapitel ist die Weinkarte. Klug zusammengestellt und ausgewogen zwischen Österreich und relevanten Gewächsen aus der halben Welt. Mit einem ordentlichen Schuss Natural/Orange/Biodyn. Viel Prickelndes zum Einstieg, einige Halbflaschen und Großformate. Wechselndes glasweise. Animierend kalkuliert, mit fixen und variablen Aufschlägen, nicht einfach stur multipliziert. Wer nicht lange suchen möchte, ergibt sich dem Sommelier und findet sich bestens beraten wieder; er hat immer perfekte Tipps für spannende Weine.

Wer sich jetzt fragt, wo Papa Helmut hingekommen ist, der mit Philip den Ruhm des Mühltalhofes verkörpert, muss nicht weit suchen. Erstens steht der Senior, der noch gar nicht so senior ist, jeden Tag um 5 Uhr früh am Backofen mitten im Gourmetstüberl und bäckt die einmalig guten Brote, von Sauerteig über Varianten von Mühlviertler Roggen-, Dinkel- und Erdäpfelmehl. Und zweitens führt Helmut Rachinger schräg gegenüber ein anderes Kleinod der Familie, das Gasthaus „Fernruf 7“. In einem gewollt etwas entrücktem Ambiente, das an ein Mittelding zwischen gemütlicher Almhütte und Heimatmuseum erinnert, herrscht das neumoderne Konzept des Food Sharings vor (alle Speisen nur tischweise), wird am Holzofen gekocht, gebraten und gebruzzelt.

Genial global

Im Fernruf 7 aber werden zwei geniale Konzepte zum Unikat vereint: fast schon sklavisch regionale Zutaten (bio!), mitunter in großen Stücken verarbeitet, werden in internationalen Interpretationen, meist asiatisch, zubereitet. Das schmeckt dann einmalig gut, ist großes Gaumenkino und alleine schon die Reise wert ins tiefe Mühlviertel.

Die Damen der Familie beim Empfang und im Service wie auch die täglich präsente Oma Burgi komplettieren die Gastgeberfamilie im Mühltalhof, sorgen alle zusammen für eine Wohlfühlatmosphäre, die man nicht konzipieren und nicht consulten, sondern nur leben kann.

Den Restaurants angeschlossen ist ein kleines Hotel der 4 Sterne-Kategorie mit 44 Zimmern.

Mühltalhof
Familie Rachinger-Eckl
Unternberg 6, 4120 Neufelden
Öffnungszeiten Restaurant: Mittwoch bis Samstag, 18.00 bis 21.00 Uhr bzw. Samstag und Sonntag, 12.00 bis 14.00 Uhr
+43 72826258
reception@muehltalhof.at

Gläserne Veranda mit großem Ausblick © Vinaria
Karpfen im Eis x Kresse © Vinaria
Vogerlsalat x Kiwi x Maiwipferlhonig x Karpfenschuppen © Vinaria
Lachsforelle x Kerbelknolle x Kernöl x Blutorange © Vinaria
Helmut Rachinger © Jörg Lehmann
Hokkaidokürbis auf Feuerfleck im „Fernruf 7“ © Vinaria