Wie die Freistadt Rust im Burgenland die Jahrhunderte alte Geschichte der anspruchsvollen Rebsorte Furmint bewahrt und ihr Comeback befeuert. Und warum die neuerdings gehypte, davor fast ausgestorbene Rebsorte das Zeug zur weißen Leitsorte im Burgenland hat.

Die Trauben des Furmint sind eher großbeerig, dichttraubig und dünnschalig. © Markus Hammer

Furmint verfügt in trockener Ausbauweise über gewaltiges Potenzial und liefert in der edelsüßen Variante schon lange Prädikatsweine im Weltklasse-Format – und ist aktuell in aller Munde: Sprunghaft stiegen in kürzester Zeit die Rebflächen um das Doppelte – von minimal auf rund 30 Hektar; Tendenz stark steigend. Die Sorte hält etwa 0,1 Prozent Anteil an der gesamten Weingartenfläche Österreichs. 

Eine kleine Winzerschaft mit einer stilsicheren Sorteninterpretationen überzeugt auf höchstem Qualitätsniveau, in der trockenen Ausbaulinie und mit hervorragenden Prädikatsweinen aus dieser äußerst anspruchsvollen Rebsorte. Rust ist das Herz der Furmint-Tradition in Österreich.

Mit dem Potenzial zur Leitsorte 

Mit dem auch durch den Klimawandel befeuerten Comeback dieser traditionellen Rebsorte wird eines der spannendsten Kapitel aufgeschlagen. Die Intention der Winzer ist, den Furmint in jener Klima- und Terroir-Zone zu reaktivieren, wo er über Jahrhunderte hindurch beheimatet war und ist: nämlich rund um den Neusiedlersee mit dem Epizentrum Freistadt Rust.

Die alten Ruster Winzer wussten ganz genau um die Kapriziertheit der Sorte und haben sie selten in den ersten beiden Höhenstufen der Ruster Riedenarena gepflanzt, weil dort der Luxus die Qualitäten minderte. Die fünfte und oberste Höhenstufe erwies sich für den mastig wachsenden Furmint als zu windig – ein übermäßiger Triebbruch wäre die Folge. Daher bieten die dritte und vierte Großterrasse die geeigneten Rieden, analog zum Burgund.

Topwinzer schreiben der Furmint-Rebe sogar das Potenzial zur künftigen weißen Leitsorte im Burgenland zu, komplementär zum Blaufränkisch, der inzwischen als Terroir-Wein im Weltformat Erfolge feiert. Die historische Benennung des Furmints als „Riesling des Ostens“ verweist förmlich auf das Verbreitungsgebiet und das eigenständige Qualitätsprofil. 

Furmint, Tokajer, Mosler, Šipon: trockener Ausbau im Fokus

In Ungarn kennt man die Furmint-Rebe als Tokajer, in der Steiermark wird sie Mosler und in Slowenien Šipon genannt. Furmint gilt als eine sehr ertragsunsichere Sorte, die warme und trockene, also ideale Wetterbedingungen verlangt. Zudem ist die Rebsorte sehr botrytisanfällig und verlangt viel Aufwand im Weingartenmanagement, eine Diva sozusagen.

Die neue Zielrichtung liegt im trockenen Ausbau von vollreifem und botrytisfreiem Traubenmaterial, das erst die charaktervollen Terroir- wie Sorteneigenschaften zum Ausdruck bringt. Für den leichtgewichtigen Ausbau eignet sich Furmint nicht, da er zu geschmacksneutral ist. Eine Massenproduktion ist aus betriebswirtschaftlicher Sicht wegen des zu hohen Aufwands im Weingarten einfach zu unrentabel. 

Edelsüße Weltklasse

Die edelsüße Variante bleibt weiterhin als komplementäre Ausbaumethode erhalten. Für die traditionsbewussten Winzerbetriebe in Rust besitzt diese Ausbauform allein aus weinhistorischer Wertschätzung hohen Stellenwert. Gefüllt werden Prädikatsweine von Weltklasse-Format, vorwiegend unter der geschützten Ursprungsbezeichnung Ruster Ausbruch (der es zu einer eigenen DAC-Herkunft gebracht hat).

„Speziell im hohen Prädikatsbereich kann Furmint maximal von Scheurebe oder Muskateller gefordert werden, wenn überhaupt“, ist Günter Triebaumer, Spitzenwinzer, Obmann des Vereins Ruster Ausbruch DAC, überzeugt.

Aufgrund der immer seltener werdenden Botrytis-Jahrgänge – bedingt durch Trockenheit und durch die Unsicherheiten im Vegetationsverlauf dieser spätreifenden Sorte – wechseln die Winzer vermehrt zur trockenen Ausbauweise. Die Rebsorte ist großbeerig, dichttraubig und dünnschalig. Späte Blüte und ebensolche Reife bedingen ein saftiges Säure-Potenzial. Die markanten großen und groben Blätter des Furmints sind an der Unterseite fein behaart, die Sorte ist leicht zu erkennen und beansprucht sorgfältige Handlese.

Rust und der Furmint

Sowohl die Tradition des Furmints als auch seine Renaissance sind untrennbar mit der Freistadt Rust verbunden. Die Ruster Geschichte wurde mit Wein geschrieben und der Furmint spielt darin seit gut 600 Jahren eine große Rolle. Bis zur Reblaus Katastrophe Anfang der 1890er-Jahre galt der Furmint als unumstrittene Hauptsorte am Ruster Hügelland; weil sich aus dieser edlen Rebe Weine von höchster Qualität und erlesenstem Prädikat herstellen lassen. Furmint war in historischen Zeiten als teuerster Wein der Habsburgermonarchie bekannt.

„Der Furmint stellt in Rust eine prägende historische Konstante dar. Lebendiger kann Weingeschichte nicht ausgedrückt werden“, bringt es Günter Triebaumer auf den Punkt. Insbesondere zwei Familien mit dem sprichwörtlichen Ruster Beharrungsvermögen, die bis zur Halsstarrigkeit reicht, zeichnen für das Überleben und Durchtauchen des Furmint-Urklons verantwortlich: Familie Karner und Familie Seiler, die die längste Zeit auch die Vermehrung in der eigenen Rebschule vorantrieb. 1984 begann der Großvater von Michael Wenzel dann auch Tokajer Edelreiser durch den Eisernen Vorhang zu schleusen.

Detail am Rande: Viele der Großteils evangelischen Weinbauernfamilien sind seit dem 17. Jahrhundert permanent in Rust ansässig. Die Conrads und Gabriels wahrscheinlich schon länger.

 

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Der Grauschimmel „Botrytis cinerea“: Basis für die edelsüßen Juwele © Hans Wetzelsdorfer
Blick ins Herz der Freistadt Rust © Shutterstock