Ein offenbar durch Intrigen ausgelöster Riesenwirbel beschäftigt derzeit die Sommelier Union Austria (SUA) und die heimische Somm-Szene. Der mehrfache Staatsmeister und hochdekorierte Gewinner vieler Wettbewerbe, Suvad Zlatic, behauptet eine Schiebung bei der Staatsmeisterschaft 2023. Die SUA dementiert.

Stefan Klettner, aktuell Zweitbester Sommelier Österreichs, fordert rasche Aufklärung. © SUA, Christine Miess

Kurze Rückblende in den Herbst 2023: Maximilian Steiner aus Tirol gewinnt den Wettbewerb Bester Sommelier Österreichs, der Event steigt im Weinhotel Scheiblhofer in Andau im Burgenland. Zweiter wird der Salzburger Stefan Klettner, damals kurz vor dem Sprung ins Burgvital Hotel Oberlech, wo er nach wie vor als Headsommelier tätig ist. Dritter wird Tiroler Markus Winkler.

Das Resultat wird groß abgefeiert, alle drei sind erwiesermaßen junge Spitzensommeliers und über jeden Zweifel erhaben. Wenig später wurden die ersten Gerüchte gestreut, wonach es beim Wettkampf nicht ganz mit rechten Dingen zugegangen sein soll. Eine Jurorin, auch Vorstandmitglied beim Tiroler Sommelierverein, soll Sieger Maximilian Steiner unerlaubte Tipps gegeben und sogar Fragen für die Finalrunde verraten haben.

Intern wurde die Sommelier Union Austria bereits Ende 2023 mit den Vorwürfen konfrontiert. Zuerst verhalten, später konkret. Absender der Vorwürfe war der früher gefeierte Starsommelier Suvad Zlatic, ebenfalls aus Tirol. Zlatic war eine Zeitlang sogar intensiver Mentor von Max Steiner. 

Sommelier Union Austria bestreitet „Schiebung“

Dem widerspricht die SUA scharf. Es gab demnach nie konkrete Vorwürfe, Suvad Zlativ präsentierte immer wieder Chats und Fotos von Notizen, die sich Maximilian Steiner im Training gemacht hatte und diese oftmals mit Zlatic teilte. Daraus ein Durchstechen von Wettbewerbsfragen abzuleiten, sei für die SUA absurd.

Auch das „Verraten“ von im Wettbewerb Bester Sommelier Österreichs eingesetzter Produkte weisen die Organisatoren weit von sich: jeder Teilnehmer weiß, dass Produkte einzelner Sponsoren in den Wettbewerb eingebaut werden können und bereitet sich intensiv auf diese vor. Konkret ging es um Champagne Laurent-Perrier und Stiegl-Gut Wildshut. Dazu Fachausdrücke, die in Chatnachrichten während des Wettbewerbs (dauert bis zu zwei Tage) kursierten und zweideutigen Sinn haben können.

Zerrüttete Verhältnisse, alle Akteure in einem Vorstand

Zu all dem muss man wissen, dass die SUA viele Jahre Suwi Zlatic intensiv gefördert, seine Trainings und Wettkampfteilnahmen auch mitfinanziert hatte. Am schwersten beschuldigt Zlatic nun seine frühere Trainerin Carole Rohrmoser-Stein, die bei der Staatsmeisterschaft 2023 auch in der Jury saß. „Ich habe zu keinem Zeitpunkt einem der Kandidaten, mit denen ich über längere Zeiträume trainiert hatte, Informationen über konkrete Aufgaben des Wettbewerbs weitergegeben. Weder an Maximilian Steiner beim „Bester Sommelier Österreichs 2023“ noch Herrn Suvad Zlatic in all den Bewerben die Jahre zuvor“, hält Rohrmoser-Stein schriftlich fest. Sie war damals in Doppelfunktion tätig, einerseits verantwortlich für den Wettbewerb und die Aufgabenerstellung an die Kandidaten, andererseits als Jurorin.

Maximilian Steiner selbst weist die Vorwürfe in einer schriftlichen Stellungnahme an den ORF entschieden zurück: „Sie entbehren jeder Grundlage und stellen aus dem Kontext gerissene Einzelaspekte dar, die in keinem Verhältnis zur tatsächlichen Wettbewerbsvorbereitung stehen.“ Einzelne Kommunikationsausschnitte „isoliert“ zu präsentieren, verzerre den Gesamteindruck „in unzulässiger Weise“. 

Pikant ist die Angelegenheit weiters, weil alle drei genannten Akteure im Vorstand der Sommelier Union Austria (SUA) sitzen: Suvad Zlatic, die nunmehr gefallene Ikone; der amtierende Meister Maximilian Steiner und Carole Rohrmoser-Stein als Technische Direktorin. Keine leichtes Leben im Moment also für Präsidentin Annemarie Foidl.

Anzeige von Staatsanwaltschaft zurück gelegt

Suvad Zlatic legte nach Aufforderung seine Unterlagen, die er als Beweise sieht, der Internationalen Sommelier Vereinigung (ASI) vor, die sich jedoch nicht in den innerösterreichischen Streit – der eigentlich ein Tiroler Streit ist – einmischen wollte. Nach Aufforderung durch die Rechtsvertretung der SUA erstattete Suvad Zlatic bei der Staatanwaltschaft Anzeige wegen Wettbewerbsschiebung. Allerdings erfolgte diese Anzeige nicht gegen die SUA, sondern gegen seine langjährige Trainerin und Weggefährtin Carole Stein! 

Nach Sichtung der Unterlagen lehnte die Staatsanwaltschaft Innsbruck die Eröffnung eines Ermittlungsverfahrens ab. Zitat aus dem behördlichen Schreiben: „Es ist weder eine täuschungsbedingte Vermögensschädigung noch eine Rechtshandlung in Zusammenhang mit der behaupteten ‚Wettbewerbsschiebung‘ ersichtlich; die darüber hinaus ausgeführten Insinuationen vermögen einen Anfangsverdacht einer Straftat mitnichten zu begründen.“ 

Im SUA vermutet man eine mögliche „berufliche und persönliche Überforderung von Suvad Zlatic“. Noch dazu, wo die Affäre ihren Anfang nahm, nachdem Zlatic von der Sommelier Europameisterschaft in Belgrad mit einem magern 12. Platz (von 12 im Finale) heimkehrte. Und sich davor mächtig darüber ärgerte, dass mit Benjamin Zimmerling ein österreichischer Gegenkandidat in die Qualifikation geschickt wurde. 

Riesenschaden für den Berufsstand der Sommeliers

Eines ist klar: egal wie der Skandal enden wird, es ist bereits enormer Schaden für das Ansehen der Akteure, die SUA und den auf Vertrauen angewiesenen Berufsstand der Sommeliers (w/m) entstanden.

Nachdem die Staatsanwaltschaft eine Verfolgung der Vorwürfe abgelehnt hatte, wandte sich Zlativ an die Medien, die diese Sensationsstory begeistert aufgriffen, zumindest mit Schlagworten. Zu Redaktionsschluss dieses Newsletters am 6. Oktober 2025 war ein Vermittlungsgespräch mit Vertretern der ASI, Annemarie Foidl und Suvid Zlatic im Gange. Vinaria wird durch laufende Aktualisierung dieses Beitrages weiter aktuell berichten.

Stefan Klettner: aufklären und in Zukunft blicken!

Und was sagt der fiktiv Hauptleidtragende einer möglichen Schiebung des Wettbewerbs Bester Sommelier Österreichs 2023, der Zweitplazierte Stefan Klettner? Für ihn ging am 5. Oktober 2025 die Sommersaison in Oberlech zu Ende. Eigentlich wollte er in sein Gepäck für daheim die Unterlagen zum Training für den kommenden Wettbewerb am 2. und 3. November 2025 in Wien packen. Das überlegt er jetzt.

„Durch Medienanfragen wurde ich auf die Ernsthaftigkeit der Vorwürfe selber erst weiter aufgeklärt und habe mich in Folge verstärkt mit dem Thema auseinandergesetzt“, so Klettner zu Vinaria, der sich vorerst noch nicht um den Sieg gebracht fühlt, aber Aufklärung fordert. „Der hohe moralische Wert unseres Berufes ist schwer beeinträchtigt und auch jener der Wettbewerbe, es fließt so viel Zeit ins Training, bei allen Kandidaten.“ Dass es zu inhaltlichen Überschneidungen zwischen Training und Wettkämpfen kommt, ist für ihn durchaus ein Problem, weil es die Integrität angreifbar macht. Die ganze Angelegenheit sehe er bedingt durch Naheverhältnisse und Doppelfunktionen ausgelöst. Die Argumentationen der SUA seien für Stefan Klettner „verständlich, aber nicht ganz nachvollziehbar“, er möchte aber in die Zukunft blicken.

„Wir müssen die Sache konstruktiv lösen, es ist schon soviel Schaden entstanden“, so der Sieger Silber des Wettbewerbs von 2023. Dass für den kommenden Wettbewerb im November bereits eine externe Jury durch höchste Vertreter des Sommelier Verbands aus Lettland eingesetzt wurde (und niemand aus der SUA in der Jury sitzen wird), ist für Stefan Klettner ein Weg in die richtige Richtung, auch wenn dieser nicht von ungefähr käme. Es müsse transparente Distanz herrschen zwischen die Teilnehmern und den Juroren, damit die Ergebnisse unangreifbar sind.

Diese fehlende Distanz in der Vergangenheit einzugestehen wünscht sich Klettner von der SUA, damit so rasch als möglich das Vertrauen in Wettbewerbe und die Sommellerie wieder hergestellt werde. Ob er an der Staatsmeisterschaft in Wien Anfang November teilnehmen werde, hat er noch nicht entschieden und „hängt es auch damit zusammen, wie der aktuelle Fall aufgeklärt wird“. Es gäbe schließlich auch andere Formen der Weiterentwicklung, etwa zum Master Sommelier, dem Pendant zum Master of Wine. In Österreich gibt es bisher erst drei Master Somms: Joseph Linder, Alexander Koblinger und Stefan Neumann.

Muss Scherben kitten: Annemaria Foidl, Präsidentin der Sommelier Union Austria © SUA
Im Kreuzfeuer: Carole Rohrmoser-Stein, Technische Direktorin der SUA © SUA
Österreichs aktuell bester Sommelier Maximilian Steiner wehrt sich gegen die Vorwürfe. © Screenshot: SUA
Da war die Welt noch in Ordnung, beim Wettbewerb Bester Sommelier Österreichs 2021 (v.l.): Stefan Klettner (2.), Suvad Zlatic (Sieger), Benjamin Zimmerling (3.). © Christine Miess
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