Der Überraschungssieger der großen Vinaria Verkostung Barolo DOCG 2021 ist Winzer Alan Manley von Margherita Otto in Monforte d’Alba. Der schillernde Charismatiker über Weinbereitung wie vor 100 Jahren, neutrale Eichenfässer, seine berühmten Lehrmeister und warum eine Assemblage kein Blend ist.

Barolo M8, Margherita Otto © Margherita Otto

Azienda Agricola Margherita Otto (M8; otto ital. = acht) sagt nur Insidern etwas. Ihr Spitzenbarolo M8 zählt zu den gesuchtesten Raritäten aus Piemont. Der Mann hinter dem Siegerwein der Vinaria Verkostung ist US-Amerikaner, Quereinsteiger, Biobauer und Verfechter der traditionellen Barolo-Machart: Alan Emil Manley schafft Meisterwerke.

Margherita Otto wurde im Jahr 2015 gegründet. Der erste Wein des Weinguts - im Mai 2019 - war der Barolo des Jahrgangs 2015. Seitdem hat sich Margherita Otto innerhalb weniger Jahre von einem Nobody zu einem gesuchten Barolo-Produzenten entwickelt. Bevor der wein- und insbesondere Barolo-verrückte Alan Manley M8 gründete, hatte er bei Luciano Sandrone gearbeitet und von dem das Weinmachen gelernt. Einige Jahre sammelte er dann noch Erfahrungen in den Kellern von Elio Altare, Maria Teresa Mascarello (bei Bartolo Mascarello), Giuseppe Cavalotto und Marco Marengo.

Gelernt bei Sandrone, Mascarello, Altare, Cavalotto und Marengo

Alan arbeitet im Weinberg und im Keller sehr traditionell. Alles in Handarbeit, mit biologischen und biodynamischen Methoden (nicht zertifiziert). Sein Barolo ist kein Cru (Einzellage), sondern eine Assemblage verschiedener Weinberge. Die diversen Parzellen werden gemeinsam vergoren, um eine maximale Harmonie und Ausgewogenheit zu erreichen. Dabei kommen die Trauben der später geernteten Weinberge in die Tanks mit bereits in Gärung befindlichen Weinbeeren. Dieses Verfahren wir als "kontinuierliche Gärung" bezeichnet und ist heute nicht mehr allgemein üblich, entspricht aber den alten, traditionellen Weinbereitungspraktiken der Langhe. Daher auch Assemblage und nicht Blend oder Cuvée.

Warum seine Weine zwar traditionell erzeugt werden, trotzdem aber auch schon jung großen Trinkgenuss bereiten, liegt in den sanften seidigen Tanninen. Diese kommen im M8 nämlich nicht vom zu Tode getoastetem Holz, sondern überwiegend aus den Trauben selbst (Stengel, Beerenhäute). Die Weine werden im Betontank vergoren und im großen neutralen Holzfass gereift. Diese Fässer stammen von einer Südtiroler Manufaktur, das Holz ist ausgewählte französische Eiche. Die nur leicht angetoasteten Fässer geben viel weniger Tannine ab als etwa (neue) Barriques. Der M8 zeigt sich daher von tiefer Struktur, vielschichtig, mit enormer Länge, aber trotzdem seidig-elegant, mit großer Fruchttiefe und schon jung ausgezeichnet antrinkbar.

Vinaria: Wie entstand Ihre Leidenschaft für den Barolo-Wein und dessen Heimat?

Alan Emil Manley: Ich komme seit 1995 in das Barolo-Gebiet und habe mich gleich in diese Region verliebt, sodass ich seitdem fast jedes Jahr wiedergekommen bin. Mein erster Besuch erfolgte aus purer Neugierde für die Weine, die ich seit meinem Universitätsabschluss 1986 zu kaufen begonnen hatte. Ich lernte Barolo und Barbaresco lieben, und all die großartigen Weine von Bruno Giacosa, Aldo Conterno, Luciano Sandrone, Giuseppe Rinaldi, Bartolo Mascarello und Produttori del Barbaresco. Seit 2008 half ich bei den Ernten mit, wechselte aber jedes Jahr den Winzer. So lernte ich, Wein herzustellen.

Vinaria: Was hat Sie bewogen, Winzer zu werden? 

Alan Emil Manley: Ich bin anfangs nicht ins Barolo Gebiet gekommen, um Winzer zu werden; das kam später als sich die Gelegenheit bot. Als ich dann Anfang 2011 für immer nach Monforte gezogen bin, hatte ich vorher viele verschiedene Jobs ausgeübt. Ich führte ein Restaurant, einen Online-Weinhandel, war als Berater für private Sammler tätig und habe in deren Häusern Weinkeller gebaut. Zwischen 2002 und 2009 habe ich all diese Unternehmen verkauft, mit Ausnahme der Beratungsfirma. Ich war bereit für eine Veränderung, und als Luciano Sandrone mir einen Job hier in Italien anbot, habe ich die Chance ergriffen und bin umgezogen. 

Vinaria: Sie vinifizieren nur einen Barolo, der nach ihrem Weingut benannt ist, den M8. Dieser wird als Assemblage von den Top-MGA Lagen ausgebaut. Was hat Sie dazu inspiriert?

Alan Emil Manley: Einer meiner Lieblingsweine war der Barolo aus dem Weingut Bartolo Mascarello, wo seit dem ersten Jahrgang 1919 kontinuierlich die Methode „assemblaggio tradizionale” (= Lagencuvée) praktiziert wird. Ich bevorzugte generell diese traditionelle Weinherstellung in der Langhe gegenüber den Cru-Weinen der meisten Produzenten. Diese Weinherstellung und Produktionsmethoden sowie die Behandlung von Most und Wein, wie sie vor 50, 75 oder 100 Jahren gemacht wurden, sind meine Vorbilder. Ich liebe diese Eleganz, die aus der Mischung der verschiedenen Charaktere der Weinberge erst entsteht. 

 Vinaria: Ihren M8 gibt es seit dem Jahrgang 2015. Wie wird dieser Wein hergestellt?

Alan Emil Manley: Durch Verwendung von phenolisch reifen Früchten, eine sanfte und lange Mazeration, gefolgt von einer langsamen Reifung in großen neutralen Eichenfässern. Eine vollständigere, aber weniger romantische Antwort würde lauten: viel Schweiß und Reinigung.

Vinaria: Wie wird sich der Jahrgang 2021 entwickeln und wie sehen Sie diesen im Vergleich mit 2019 und 2020?

Alan Emil Manley: Persönlich war 2021 von diesen dreien das schwierigste Jahr, da mir der extrem heiße Sommer nicht das Ausgangsmaterial für einen wirklich klassischen Barolo geliefert hat. Ich sage nicht, dass 2021 weniger großartig war – es ist ein Spitzenjahrgang und die Weine sind für die Region spektakulär –, aber ich glaube nicht, dass er ganz an die Komplexität und Vollkommenheit der beiden Vorjahre heranreichen wird. 2019 und 2020 hatten ausgezeichnete Wachstumsperioden, wo es nie so konstant heiß war wie 2021. Dieser Jahrgang kann als der erste der heißen Dürrejahrgänge 2021 bis 2023 gesehen werden. Ich denke, mein 2021er Barolo wird noch drei bis fünf Jahre Flaschenreife benötigen, um sich vollständig zu entfalten. Und er wird dann mit Sicherheit weitere 20 Jahre gut trinkbar sein. Er hat alle Voraussetzungen und die Struktur für einen langen Reifeprozess. 

 

Topliste Barolo 2021 DOCG

18,2Margherita OttoBarolo M8
18,1Conterno FantinoBarolo Ginestra Vigna Sorì Ginestra
17,8Comm. G.B. BurlottoBarolo Castelletto 
17,8AzeliaBarolo Cerretta
17,7Paolo ScavinoBarolo Bric del Fiasc
17,6SandroneBarolo Le Vigne
17,5Cordero di MontezemoloBarolo Monfalletto
17,5AscheriBarolo Sorano
17,5Cordero di MontezemoloBarolo Enrico VI
17,5F.lli RevelloBarolo Gattera
17,5VajraBarolo Coste di Rose
17,4Giuseppe RinaldiBarolo Tre Tine
17,4EinaudiBarolo Bussia
17,4OdderoPoderi e Cantine, Barolo Brunate 
17,4PalladinoBarolo Ornato
17,3CavallottoBarolo Bricco Boschis 
17,2Luigi PiraBarolo Vignarionda 
17,2AzeliaBarolo Marheria
17,2Figli Luigi OdderoBarolo Rive Vigna Specola 
17,2SchiavenzaBarolo Cerretta

 

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Vinarias Gratulationsbesuch bei Alan Manley (Mitte): Claudia Altrichter und Verleger Erwin Goldfuss. © Vinaria