Als erste kontrollierte Herkunftsbezeichnung für Wein in Österreich hat das Weinviertel Erfolgsgeschichte geschrieben. Pilotin des anhaltenden Höhenfluges ist seit eineinhalb Jahrzehnten die Waldviertlerin Ulrike Hager, die vinophile Botschafterin des Weinviertels.

Uli Hager hat als Geschäftsfüherin des Regionalen Weinkomitees Weinviertel alle Fäden in der Hand und verkündet als Sprachrohr des Weinviertels dessen Botschaften in aller Welt. Jetzt steht sie vor einem weiteren Karrieresprung: Wei Vinaria exklusiv berichtete, wird Ulrike Hager ab 1. Juni 2021 Geschäftsfüherin von “Wein Niederösterreich” (Arbeitstitel), der neuen, überregionalen Plattform für das Weinmarketing im mit Abstand größten Weinbundesland. Noch bis März steht sie in Diensten des Regionalen Weinkomitees Weinviertel und organisiert die Suche nach einer/einem Nachfolger/in.

Vinaria hat die “Botschafterin” zum Interview in der Serie “Auf ein Glas mit” gebeten. Anlass war nicht der Jobwechsel, sondern 10 Jahre Weinviertel dac Reserve-Weine. Eine separate Erfolgsgeschichte in der eigentlichen Story.

Vinaria: Wie ist Ihre Liebe zu Wein entstanden?

Ulrike Hager: Wein gehört zu meinem Leben; seit ich auf der Welt bin, ist er doch ein Teilbereich unseres Bauernhofs gewesen. Verfallen bin ich dem Wein in der Weinbar „Barrique“ in Zürich. Da habe ich mit unserem Restaurantleiter (einem Weinfreak) und Kollegen meinen ersten Bordeaux getrunken. Bei Mövenpick im Restaurant hatten wir eine riesige Weinkarte, es gab viele Service-Weinschulungen. Aber dieser Abend war sehr prägend und entscheidend für meinen weiteren Lebensweg.

Vinaria: Sie sind Botschafterin des größten Weinbaugebiet Österreichs – was sind die Eckdaten?

Ulrike Hager: Ein Drittel der gesamten Weinbaufläche Österreichs liegt im Weinviertel mit rund 3.800 Betrieben. Die durchschnittliche Größe liegt bei 3,6 Hektar, wobei rund 850 Betriebe 5 Hektar und mehr bewirtschaften.

Vinaria: Wie einigt man sich auf gemeinsame Zielen mit derartig vielen Proponenten?

Ulrike Hager: Das ist nicht immer ganz einfach, aber schlussendlich findet man immer einen Weg. Die 21 Mitglieder des Regionalen Weinkomitees kommen aus allen wichtigen Bereichen der Weinwirtschaft im Weinviertel – Winzer, Handel, Sektindustrie und Genossenschaft. In zwei Arbeitsgruppen werden die Themen Marketing und Qualität erarbeitet und diskutiert. Hans Setzer vom Weingut Setzer lenkt als Vorsitzender das Weinkomitee, Herbert Toifl, Geschäftsführer der Wegenstein Kellerei, leitet den Qualitätsausschuss, und Kerstin Schüller vom Weingut Schüller ist für den Marketingausschuss zuständig – diese bilden den Vorstand. Aus den Ergebnissen der Ausschüsse entwickeln wir gemeinsam den Fahrplan für das Gebiet.

Vinaria: 2003 gab es die ersten DAC-Weine. Wie haben Sie die Anfänge von außen empfunden?

Ulrike Hager: Der Start 2003 war ein Paukenschlag. Ein starkes Lebenszeichen eines großen Gebietes, das bis dahin niemand so wirklich wahrgenommen hatte. Es herrschte Aufbruchstimmung unter den Winzern. Zu Beginn meiner Arbeit war das Selbstbewusstsein der Winzer im Weinviertel noch nicht sehr stark ausgeprägt, eher auf das Wort DAC fixiert als auf Weinviertel. Es war eine Zeit des Umbruchs vom großen Bauchladen, den das Weinviertel mit seinen vielen Weinen und Rebsorten aufweist, hin zu mehr Fokussierung auf die eigenen Stärken des Gebietes und jedes einzelnen Betriebes.

Vinaria: Was sind die wichtigsten Errungenschaften der DAC Weinviertel?

Ulrike Hager: Der Anteil der Weinviertel DAC Reserve hat sich in vergangenen Jahren sehr gut entwickelt und liegt bei etwa 15% aller Weinviertel DAC Weine. Rund 100 Betriebe führen eine Weinviertel DAC Reserve in ihrem Sortiment. Ziel ist natürlich eine weitere Steigerung der Reserve-Weine, im ersten Schritt auf 20%.

Vinaria: Weinviertel DAC Reserve betont die Vielfalt der Stilistiken?

Ulrike Hager: Reserve-Weine sind die Top-Weine jedes Betriebes. Hier zeigt der Winzer sein Können und seine Handschrift, das ist sein Herzstück. Dies zeigt sich aber oft in ganz unterschiedlicher Weise. Der eine liebt es, ganz puristische Weine ohne viel Schnickschnack zu keltern, für einen anderen spielen der Einsatz von Holz und lange Reifezeiten eine große Rolle, und für manche sind ruhige Weine mit Eleganz und Finesse seine Herzensangelegenheit. Das Weinviertel soll in jeder Reserve schmeckbar sein, von höchster Qualität und das Gebiet ausstrahlen. Die Interpretation dazu liefert der Winzer mit seinem Wein.

Vinaria: Welche Rolle spielt Essen in der Vermarktung von Weinviertel DAC?

Ulrike Hager: Wir setzen verstärkt auf die Bewerbung von Wein und Speisen. In unserer neuen Gebietsbroschüre haben wir der Wein-und Speisenkombination ein eigenes Kapitel gewidmet, das auf unserer Website um Rezepte erweitert wurde. Bei unseren internationalen Verkostungen und Master Classes bieten wir immer einen Food-Pairing-Block an. Wir zeigen dabei etwa, dass Grüner Veltliner ein Allroundgenie als Speisenbegleiter ist.

Vinaria: Grüner Veltliner ist Trumpf im Weinviertel, aber die Hälfte der Fläche “gehört” anderen Sorten?

Ulrike Hager: Wir haben eine Vielzahl an wunderbaren Rebsorten und darin liegt auch das Problem. Bis auf Welschriesling und Zweigelt haben diese Sorten – wie Weißburgunder, Chardonnay, Riesling, Muskateller und Sauvignon Blanc – jeweils weniger als acht Prozent Flächenanteil. Bei unseren Verkostungen und Präsentationen werden immer auch alle anderen Rebsorten mitpräsentiert, sie sind nur auf dem Markt nicht so sichtbar, weil es eben nicht so viele Weine wie vom Grünen Veltliner gibt. Einzelne Rebsorten finden sich in richtigen Hotspots: Zweigelt und Blauer Portugieser im Raum Haugsdorf-Jetzelsdorf sowie Schrattenberg-Herrnbaumgarten, Burgunder in Poysdorf-Falkenstein, Rieslinge entlang des Manhartsberges und die Aromasorten entlang der March. Speerspitze ist und bleibt aber natürlich der Grüne Veltliner.

Vinaria: Welche Weine trinken Sie sonst noch gerne?

Ulrike Hager: Ich trinke mich gern durch die Welt. Grüner Veltliner geht immer! Sehr gern trinke ich gereifte Rote Veltliner vom Wagram und aus dem Weinviertel, kräftig ausgebaute Zierfandler aus der Thermenregion, mittelkräftige Blaufränkische aus dem Südburgenland und elegante Pinot Noirs aus der Thermenregion. International alle Arten von Sylvaner aus Franken und gereifte Rieslinge von der Mosel, bei den italienischen Rotweinen kann ich mich gar nicht festlegen, weil ich so viele mag, dazu Malbec aus Argentinien und Prickelndes aus der Franciacorta.

ZUR PERSON: ULRIKE HAGER

Geboren in Klein Meiseldorf (Bezirk Horn) im Waldviertel, besuchte Ulrike Hager die HLF Krems, nach deren Abschluss sie in der Schweiz (Restaurant Pfauen, Mövenpick, Zürich) und in Tirol (Sporthotel Beck Igls/ Tirol) arbeitete. Danach absolvierte sie den Weinmanagement-Lehrgang an der Weinbauschule in Krems. Nach Stationen auf einem Kreuzfahrtschiff und einem Weingut wurde sie Leiterin der Gebietsvinothek Althof Retz, danach war sie bei Wein & Co tätig, später bei der Österreich Wein Marketing (ÖWM). Berufsbegleitend absolvierte sie ein Betriebswirtschaftsstudium an der WU Wien. Seit 2005 ist sie Geschäftsführerin des Regionalen Weinkomitees Weinviertel, einer Dachorganisation für den Weinviertler Wein und dessen mehr als 1.000 Winzer.

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