Vinaria verkostete erstmals Verjus, den grünen Saft unreifer Trauben und hat 20 Produkte von bekannten und weniger bekannten Weinbaubetrieben bewertet. Die Expertenjury tagte unter Leitung von Vene Maier.

Es muss nicht immer Wein sein, wenn es um den Saft von Trauben geht. Traubensaft ist auch unvergoren ein Genussmittel ist. Es handelt sich dabei um den grünen Saft unreifer Beeren, benannt und bekannt unter dem Namen des Originals: ver = grün & jus = Saft. Verjus also heißt der spritzig-saure Trend des heißen Sommers. Die Säure der grünen Weinbeeren ist derart markant und knackig, dass selbst frisch gepresster Saft von Amalfi- oder anderen namhaften Zitronen dagegen spitz und leicht aggressiv wirken kann.

Barbara Öhlzelt & Karl Schwillinsky waren Pioniere

Im Falle des Verjus sind wohl Barbara Öhlzelt und Karl Schwillinsky Pioniere. Zwar spricht auch Willi Bründlmayer davon, dass er in seinem Heurigenhof und für den internen Gebrauch „schon seit langer Zeit in kleinem Umfang“ Verjus verwendet, aber so als markttaugliche Säure darf man in Österreich wohl die verpartnerten Betreiber des Weinguts Öhlzelt (samt Heurigen) als die Neuerfinder des grünen Traubensafts bezeichnen.

„Verjus ist nichts anderes als saurer Most. Er wird aus unreifen Trauben gepresst, enthält keinen Alkohol und kann in der Küche überall dort eingesetzt werden, wo sonst mit Zitronen, Essig oder Wein gearbeitet wird. Er hat eine sehr elegante, milde Säure“, sagt Barbara Öhlzelt, die Pionierin. Willi Bründlmayer ergänzt: „Verjus war früher in Europa sehr verbreitet und wurde später durch billige Zitronen oder Zitronensaft verdrängt.“

Meisterkoch Hans Haas gab Startschuß

„Wir starteten unsere Verjus-Produktion im Jahr 2007. Mein Mann Karl Schwillinsky war zu dieser Zeit beim Sternekoch Hans Haas im Münchener „Tantris“ tätig. Hans verwendete dort Verjus aus Frankreich und USA und hat so beiläufig zu Karl gesagt: „Ihr habt Weingärten – warum versucht ihr nicht mal Verjus herzustellen?“ Ein erster und wichtiger Förderer war Heinz Reitbauer, der von Beginn an im „Steirereck“ die Marke „Kamptal Verjus“ promotet hatte.

In den meisten Jahren sind es 20 bis 30 Prozent der grünen Trauben, die zur Verbesserung des Weines ausgeschnitten werden (müssen), in manchen sogar bis zu 50 Prozent. Was tun mit dem „Abfall“, war folglich die Frage. Verjus kann für einen Teil davon die Lösung sein.

Verjus statt Zitronen und Essig

Für Gernot Heinrich aus Gols ist die Verjus-Produktion eine logische Konsequenz seiner Arbeitsweise: „Es hat mit der biodynamischen Bewirtschaftung der Weingärten zu tun. Und mit der Mengenreduktion geht Sorgfalt einher, darum erfolgt auch die Ernte der Trauben per Hand. Die Verarbeitung erfordert ein nur leichtes Quetschen der Trauben ohne Rebeln, gefolgt von einem sehr schonenden Pressvorgang mit geringer Ausbeute und einem natürlichen Vorklären durch Sedimentation.“ Die Heinrichs wollten Zitronen und Essig durch ein selber erzeugtes Produkt ersetzen.

Günter Fink, der sich in Wallern nebst seinem Weingut schon viele Jahre mit sauren Essenzen beschäftigt, hat seit 2011 auch einen Verjus im Angebot: „Als Essigproduzent empfehle ich etwa Kunden mit einer Histaminallergie immer Verjus als Essigersatz. Während beispielsweise guter Rotweinessig drei Gärungen durchmacht (Alkoholgärung, biologischer Säureabbau und Essiggärung) und nach langer Lagerzeit entsprechend histaminbelastet sein kann, ist Verjus von Natur aus frei von derartigen Gärungsnebenprodukten.“

Kühlung als Herausforderung

Josef Umathum, der schon seit 2004 mit dem sauren Saft experimentiert: „Die Trauben kommen von unseren besten Lagen; alles, was dort zu viel an Früchten hängt, wird schon im Juli geerntet und für den Verjus verarbeitet. Wir müssen also schon früh die Traubenpresse aufbauen, die Klärung und die weitere Verarbeitung brauchen sowohl Zeit und vor allem Kühlkapazität. Den Verjus stabil in die Flasche zu bringen ist jedes Jahr eine Herausforderung.“

Der sich auch andere Winzer stellen. Gottfried Lamprecht vom Herrenhof aus dem steirischen Markt Hartmannsdorf dazu: „Beim Verjus muss alles schnell gehen. Die Ernte, die Verarbeitung, alles muss ruckzuck passieren, da wir einen sehr natürlichen Verjus herstellen – ohne jeglichen Zusatz. Der ‚Buchertberg Verjus‘ ist ein ‚Lagenverjus‘ und ein nach historischem Vorbild hergestellter Verjus. Das heißt, dass er aus unserem Gemischten Satz Weingarten stammt und nicht filtriert wird.“ 

Mit maximal zehn KMW

Wer es mild und elegant haben will, lässt die Trauben ein bis drei Wochen länger auf dem Stock. Je nach Zuckergehalt ergibt das eine mildere Säure – der Zucker freilich darf eine Obergrenze von zehn KMW nicht überschreiten, denn dann ist er vor dem Steuerrecht schon ein Traubensaft.

„Unsere Trauben werden von Hand geerntet, danach gequetscht und abgepresst“, berichtet Richard Schober aus Gaweinstal. „Da die Beeren noch nicht so viel Saft enthalten, ist die Ausbeute eher gering. Nach einer Filtration wird der Verjus dann im Kühlraum circa eine Woche gelagert, damit die überschüssige Weinsäure ausfallen kann. Anschließend wird der grüne Saft pasteurisiert und abgefüllt.“

Die Intentionen der Winzer fasst Armin Tement zusammen: „Wir wollten ein neues vitalisierendes Getränk aus hochwertigen Bio-Trauben herstellen, mit wenig Zucker, viel Geschmack, kraftvollen Gerbstoffen und toller Qualität. Und vor allem ohne Alkohol. Darin sehe ich eine große Zukunft.“

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Mixgetränk mit Verjus: Die JUZZZ–Macher Alexander Türk, Caroline Türk und Paul Breuss (rechts). © Weingut Türk
In der Unreife liegt die Würze: Grüne Trauben für Verjus © Urlaub am Bauernhof
Winzerin Barbara Öhlzelt bei der Verjus-Lese im Kamptal. © Karl Schwillinsky