Clemens Limberg, Rechtsanwalt, Weinfreak und Vinaria Wein-Anwalt, erklärt in seiner Kolumne, wieviel man im Lokal von einer Flasche trinken darf, ehe man diese reklamieren und kostenfrei retournieren kann. Juristisch durchaus spitzfindig.

Neulich bei unserem Lieblingsitaliener erzählte mir Herr Michael (der optisch jüngste, aber dienstälteste Kellner) von folgendem Ereignis: Ein Gast hatte nach dem Probeschluck die Weinflasche fast zur Gänze geleert und dann beim letzten Rest (Füllstand rund 20%) erklärt, dass der Wein einen Fehler habe und man diesen zurücknehmen solle. Herr Michael hat das sogar gemacht („Wenn du so was nicht machst, dann hast du online gleich überall eine schlechte Kritik“), aber nicht gern. Wie ist es denn eigentlich rechtlich?

Nun, die Grundlagen sind klar: Beim Bewirtungsvertrag handelt es sich um einen gemischten Vertrag, der mit der Bestellung von konkreter Speise oder Getränk zustande kommt. Ein solcher Vertrag braucht lediglich Einigung über Leistungsinhalt (Bestellung) und Preis (der Speisekarte zu entnehmen), Ausdrücklichkeit oder gar Schriftlichkeit ist nicht erforderlich.

Erfüllt wird dieser Bewirtungsvertrag durch Leistung des Bestellten, in konkretem Fall also durch Servieren der Flasche Wein. Zeigt sich dabei, dass die Leistung nicht dem Bestellten entspricht, etwa weil etwas anderes gereicht wird (z.B. falscher Jahrgang etc.) oder der Wein einen Fehler aufweist (z.B. Korkfehler), so ist die Sache klar: Der Gastronom hat ohne zusätzliche Kosten zu verbessern bzw. Ersatz zu liefern (also eine korrekte, fehlerfreie Flasche zu liefern); ist diese nicht mehr vorhanden bzw. lieferbar, so zerfällt der Vertrag (weder Wein noch Preis dafür ist zu leisten).

In konkretem Fall ging es aber eigentlich nur um den Zeitpunkt der „Rüge“ bzw. juristisch exakter: um das Problem, dass man sich den Wein schon zugewendet (getrunken) hatte. Der Rüge-Zeitpunkt ist bei Verbrauchern unproblematisch, weil diese nicht die Pflicht haben, unverzüglich zu reklamieren. Das (Aus-)Trinken des (angeblich) fehlerhaften Weins hingegen ist folgenschwer: Denn – unter der Voraussetzung, dass der Wein überhaupt fehlerhaft war – die Weinflasche ist zwar vom Wirt weiterhin zu ersetzen bzw. zu tauschen, der Gast muss aber den Wert des bereits konsumierten Weins ersetzen, weil er ihm sich unberechtigterweise zugewendet hat (bereicherungsrechtlicher Ausgleichsanspruch). Im Ergebnis wird der Gast daher den getrunkenen Wein zahlen müssen, theoretisch sogar auch noch eine fehlerfreie Flasche Wein, die als Ersatz serviert wird (sofern der Gast hier nicht berechtigterweise seinen Rücktritt erklärt).

Allen Gastronomen, die Sorge haben, (selbst) unverschämten Forderungen der Gäste nicht nachzukommen, rate ich zweierlei: Erstens, schreiben Sie mir Ihre rechtlichen Fragen oder Probleme aus der Praxis (office@weinanwalt.at), ich behandle diese gerne in einer Kolumne. Zweitens, legen Sie den Gästen die jeweilige Kolumne vor – ich übernehme den „schwarzen Peter“ gerne für Sie und andere, das mache ich als Rechtsanwalt und Unternehmer ja sonst auch den ganzen Tag…

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