Nicht zur Ruhe kommt der Weinbau in der Steiermark, die geplante Riedenverordnung schlägt weiter hohe Wellen und lässt auf sich warten. Rund 50 Einsprüche gibt es gegen die Entwürfe, mit einer Entscheidung ist nicht vor Herbst zu rechnen. Winzer tragen persönlich Fehden aus.

Landesrat Johann Seitinger © Land Steiermark / Lebensressort

Die Steiermark ist das letzte Weinbau-Bundesland Österreichs, das noch keine neue Riedenverordnung erlassen hat. Die Zeit drängt, auch der Bund. Nach umfassenden Vorarbeiten und Entwürfen der Landwirtschaftskammer Steiermark, die mittels ihrer profunden Weinbauberater jede einzelne bestehende oder potenzielle Riede abgeklopft hatte, erließ die Landesregierung einen Verordnungsentwurf.

Und zündete damit eine Bombe! Rund 50 Einsprüche wurden dem Vernehmen nach eingebracht. Der zuständige Landesrat Johann Seitinger steht seither im Kreuzfeuer der Winzerkritik und schickte den Entwurf zur Überarbeitung an die Kammer zurück. Nachdem das Land den Empfehlungen der Kammer in erster Lesung nicht überall gefolgt war.

50 Einsprüche gegen Entwurf der Riedenverordnung

Im Kern geht es darum, die Rieden – das wertvollste Gut und die wertvollsten Marken der Winzer – exakt zu definieren und wenn nötig neu zu fassen. Was dann Gesetz wird, gilt wieder für viele Jahren. Kann einen Wein mit Riedenherkunft adeln oder ihm dieses Prädikat wegnehmen. Riedenweine sind in der DAC-Pyramide meist die besten (und teuersten) Weine eines Winzers. Umso begehrter sind Riedenbezeichnungen am Etikett.

Hier gehen die Interessen der Winzer auseinander - oder prallen aufeinander. Erfolgreiche und viele der prominentesten Winzer der Steiermark möchten ihre bekannten Rieden möglichst klein halten, am besten exklusiv für sich. Nachbarwinzer wiederum würden Rieden gerne ausdehnen, um ebenfalls in den Genuss des vinophilen Adelsprädikats zu kommen.

Klagsdrohungen und viele Emotionen

Aufmarschierende Rechtsanwälte, „ewige“ Feindschaften und viele Emotionen schwirren mittlerweile übers steirische Weinland. Landesrat Seitinger rückte zu Schlichtungsgesprächen aus, vorerst erfolglos. Um dem Disput die Spitze zu nehmen, plant die Landesregierung, sogenannte „Rieden in der Riede“ zu  ermöglichen. Je kleiner die Herkunft, umso besser ist mit Subrieden zu differenzieren. Dieser Plan ist aber erst recht umstritten.

Einige der bekanntesten Rieden der Steiermark und Österreichs sind von Streit und Einsprüchen betroffen, darunter etwa Zieregg, Ratscher Nussberg und Theresienhöhe. Mit den härtesten Bandagen wird um den Pössnitzberg in Leutschach gekämpft. Der größte Riedenanteil gehört dort Starwinzer Erwin Sabathi, seine Weine vom Pössnitzberg sind Legende. Insgesamt 24 Winzer haben Parzellen am Pössnitzberg, sogar die Genossenschaft Erzherzog Johann Weine füllt die Ried Pössnitzberg.. Der Landesentwurf sah südlich der Bundesstraße die Ried Pössnitzberg vor, nördlich davon die neue Ried Oberpössnitz.

„Lassen keine Rieden-Alleinherrschaft zu!“

Da hatte das Land aber die Rechnung ohne die Wirte gemacht: die dortigen Winzer rund um ihren Sprecher Rudi Muster laufen Sturm dagegen: „Ich bin doch nicht heute der Rudi und morgen der Peter“, donnerte Muster in einem Radiointerview: „Und wir werden nicht zulassen, dass es eine Alleinherrschaft über eine Riede gibt!“ Kommt das Land den Wünschen nach, würde aus dem Pössnitzberg eine Großlage mit gut 200 Hektar.

Laut Gesetz muss eine Riede baulich, natürlich oder geologisch begrenzt sein. Sie sollte historisch nachweisbar sein (was beim Pössnitzbertg bis 1787 zurück möglich ist) oder sonstwie einzigartig sein. 

Landesrat Johann Seitinger äußerte sich gegenüber Medienvertretern zuversichtlich, den Streit beilegen zu können und spielt die Dimension herunter: „Wir haben in der Grundlagenverordnung viele hundert Rieden, zwei oder drei bedürfen der Klärung. Ich habe ein Gutachten angefordert und werde nur nach fachlichen Kriterien entscheiden, möglichst in den nächsten Wochen.“ Den Optimismus des Landesrats teilen die steirischen Weinbaufunktionäre und Winzer allerdings nicht.

Das angesprochene Gutachten wurde von einem - neutralen - Experten aus Eisenstadt angefertigt und liegt bereits vor. Es untermauert weitgehend die Meinungen der bestehenden "Pössnitzberger".

Willi Klingers Kommentar heizt Stimmung an

Öl ins Feuer goss dieser Tage der frühere ÖWM-Chef und nunmehrige Wein & Co-Geschäftsführer Willi Klinger mit einem pointierten Kommentar in der Hauszeitung von Wein & Co.: „Die Definition von Weinherkünften ist kein Bazar“, schreibt Klinger. Während die Steiermark die „Definition der DAC-Gebiete und Ortsweine beispielhaft hingekriegt hat“, sei der Streit um die Riedenverordnung „eine Blamage für die ganze Steiermark“.

Und, so Klinger weiter, "Die Steiermark ist das kleinteilige Juwel Öserreichs!" Er warnt davor,  „das Thema Riedenabgrenzung dem Populismus der Bauernvertreter im Wechselspiel mit Einzelinteressen von Betrieben zu überlassen“ oder die besten Rieden zu Großlagen auszudehnen. Er zitiert als Negativbeispiel das „unsägliche deutsche Weingesetz von 1971, an dem unser Nachbarland bis heute laboriert.“