Höhere Produktionsstandards bedeuten höhere Produktpreise, die Landwirtschaftskammer befürchtet bei Schwein die gleiche Misere wie bei Putenfleisch. Wollen Konsumenten Tierwohl beim Einkauf, müssen sie zu heimischen Qualitätsprodukten greifen. Das geschieht viel zu selten, auch die öffentliche Hand ist säumig.

Österreichs Bauern (w/m) produzieren höchste Qualität und setzen im Bereich Tierwohl im internationalen Vergleich hohe Standards in der Produktion um. „Dieses hohe Qualitätsniveau wollen wir weiter ausbauen. Aber: Die Nachfrage nach mehr Tierwohl ist – vor allem im Schweinebereich – derzeit noch sehr gering“, erklärt Johannes Schmuckenschlager, Präsident der Landwirtschaftskammer Niederösterreich.

Tierwohl beim Einkauf wertschätzen

Daher sei es dringend notwendig, dass „alle Akteure entlang der gesamten Wertschöpfungskette bis zu den Konsumenten, der Gastronomie sowie der öffentlichen Beschaffung diesen Weg mittragen, unterstützen und auch ihren Beitrag dazu leisten.“ Eine negative Entwicklung gibt es bereits bei der Pute, Gleiches wird beim Schwein befürchtet. Ein Versäumnis sieht Schmuckenschlager in der öffentlichen Beschaffung.

„Die Tierhaltung in Österreich ist relativ kleinstrukturiert und steht im internationalen Wettbewerb. Die Versorgung mit hochwertigem Schweinefleisch aus regionaler Erzeugung ist uns wichtig, bedingt aber gleichzeitig, dass Tierwohlprodukte gekauft werden“, erklärt Schmuckenschlager: „Fakt ist aber: Das Angebot an Tierwohlprodukten ist deutlich höher als die Nachfrage.“

Lippenbekenntnisse konträr zur Einkaufsrealität

Die Konsumenten achten beim Einkauf meist mehr aufs eigene Börsel als aufs Tierwohl. Hier halten Meinungsumfragen und Lippenbekenntnisse mit der Einkaufsrealität nicht mit. Wenn die Versorgung mit heimischer Ware zurückgeht, wird vermehrt Fleisch von Tieren aus anderen Ländern importiert, wo die Haltungsstandards wesentlich niedriger sind als in Österreich. Das gefährdet die Selbstversorgung und die Wertschöpfung wandert ins Ausland ab.

Sehr deutlich kann man dies am Beispiel Putenfleisch veranschaulichen. Hier hat sich die Lage in den letzten Jahren massiv zugespitzt. Es gibt ausreichendes Angebot von heimischem Putenfleisch – und das in höchster Qualität ausschließlich nach AMA-Gütesiegel-Standards. Die Bereitschaft, den höheren Preis zu bezahlen, ist häufig nicht gegeben. Die Bauern sind dem Wunsch nach höheren Standards und mehr Tierwohl nachgekommen, nun findet heimisches Putenfleisch zu wenig Absatz und es wird Billigfleisch aus dem Ausland importiert.

Beim Schwein droht die gleiche Misere wie bei Pute

Johannes Schmuckenschlager betont: „Heimische Lebensmittel haben ihren Wert und brauchen ihren Preis. Höchste Produktionsstandards dürfen aber kein Wettbewerbsnachteil für die Bauern sein. Zudem sind Preisunterschiede im Handel auch von anderen Faktoren wie Handelsspannen und Dumpingangeboten beeinflusst.“

Diese Gefahr sieht Schmuckenschlager aktuell auch im Bereich Schweinefleisch: „Im Sinne der Versorgungssicherheit der Bevölkerung ist es wichtig, die bäuerliche Schweinehaltung in Österreich nachhaltig abzusichern, statt weiteren Importen von Billigfleisch Tür und Tor zu öffnen.“

Öffentliche Hand ist säumig bei regionaler Beschaffung

Die öffentliche Hand hat hier entsprechende Verantwortung, nimmt diese aber nicht wahr. Gerade in Krankenhäusern, Seniorenheimen oder Schulen ist es von größter Bedeutung beste Lebensmittelqualität aus heimischer Produktion anzubieten. „Wenn wir den Anteil an österreichischen Lebensmitteln in den Großküchen um nur 10 Prozent erhöhen, werden dadurch 500 landwirtschaftliche Betriebe abgesichert“, so Kammerpräsident Schmuckenschlager.

Lebensmittelhandel macht Druck für Kennzeichnung

Unterdessen hat sich auch der Generaldirektor und CEO des führenden Diskonters Hofer, Horst Leitner, zu Wort gemeldet. Er fordert „mehr politischen Druck, um die Tierhaltungskennzeichnung endlich auf den Weg zu bringen“. Dies wäre im Sinne der Konsumenten, der Bauern und des Handels, meinte Leitner im Zuge eines Interviews mit dem Handelsfachmedium CASH.

Johannes Schmuckenschlager, Präsident der Landwirtschaftskammer NÖ, sieht großes Potenzial in der öffentlichen Beschaffung. © Philipp Monihart
Hofer Generaldirektor Horst Leitner macht Druck für eine Tierhaltungskennzeichnung. © Hofer KG