Vinaria Chefredakteur Peter Schleimer hat rund 350 Proben des kürzlich auf den Markt gekommenen Bordeaux-Jahrgangs 2019 für Sie verkostet, beschrieben und bewertet. Lesen Sie heute Teil 1 aus Saint-Émilion.

Weingärten von Château Figeac, die seit vielen Jahren zu den herausragendsten Châteaux aus dem Libournais zählen. © Alain Benoit

Dem bereits im Spätherbst nach der Ernte gefeierten Bordeaux-Jahrgang 2019 kam anfangs Corona in die Querre. Zahlreiche Châteaux beschlossen, Proben zu verschicken und so konnte Vinaria damals umfassende Jungweinnotizen bringen. Wir konstatierten dabei einen sehr guten, aber nicht großen Jahrgang, was sich nun bei der Verkostung der gefüllten Weine bestätigte.

Vinaria verkostete En Primeur rund 300 Proben aus 2019, das sich als wuchtiger, mit viel frischer Frucht und Rasse ausgestatteter Jahrgang präsentierte. Seit einigen Monaten sind die gefüllten Weine auf dem Markt und wiederum hatte Vinaria die Möglichkeit, rund 350 Proben aus dem Jahrgang zu verkosten. 

Die Eindrücke von damals haben sich im Großen und Ganzen bestätigt, dass es sich nämlich um einen sehr guten, teils ausgezeichneten Jahrgang handelt. An Jahrgänge wie 2016, 2010 und 2009 reicht er aber keinesfalls heran und 2018 wird er noch nicht ganz erreichen können.

Klassiker mit Klasse: Cheval Blanc, Figeac, Angelus

Neben der vielfach ungemein vitalen Frucht und der pikanten, manchmal etwas rassigen Säurestruktur weisen die Weine 2019 auch ziemlich hohe Alkoholgehalte auf, die sich selten störend bemerkbar machen. Viele der Cabernet-lastigen Weine erreichen 14 Volumsprozent, die Merlot-betonten Vertreter liegen oft auch darüber.

Im ersten Bericht über Bordeaux Arrivage 2019 stehen rund 100 Weingüter aus Saint-Émilion im Fokus, wo etliche Topweine herkommen: Dazu zählen Cheval Blanc und Figeac sowie einer der besten Angelus der letzten zehn Jahre, Beausejour Duffau Lagarosse und Pavie, dazu Troplong-Mondot, La Mondotte und Pavie-Macquin wie auch andere.

Wetterverlauf 2019: Zeitweise heiß und trocken

Auf den milden Winter mit durchschnittlichen Niederschlägen folgten mit Februar und März zwei trockene Monate. Vom Austrieb Anfang April bis zur Blüte lagen die Niederschlagsmengen im langjährigen Durchschnitt, wobei der April den nassen Part übernahm. Die Blüte ab Ende Mai startete unter nahezu perfekten Bedingungen. In einigen frühen Lagen und Bereichen wurde die Blüte ganz flott bereits bei Prachtwetter am ersten Juniwochenende vollzogen. Doch folgte schon wenige Tage darauf wechselhaftes Wetter mit wiederkehrenden, teils kräftigen Niederschlägen und fallenden Temperaturen. Dadurch wurde im weiteren Verlauf die Bestäubung mancherorts empfindlich gestört, was lokal zu Verrieselungen und ungleichmäßigem Fruchtansatz führte.

Danach wurde das Wetter im Juni zusehends schöner, was sich sehr positiv auf die Entwicklung der Beeren auswirkte. Hitze und Trockenheit nahmen im Lauf des Juli zu, bis schließlich die 40-Grad-Grenze am 23. Juli gesprengt wurde, weswegen die Reben besonders in exponierten Bereichen das Wachstum vorübergehend einstellten.

Gerade rechtzeitig setzten Regenfälle Ende Juli ein. Der August war wiederum mehrheitlich trocken und vor allem ab Mitte des Monats sehr heiß – eine Tendenz, die sich auch über die ersten Septemberwochen fortsetzte. Die abnehmenden Nachttemperaturen waren der Weißweinernte von Sauvignon Blanc und Sémillon förderlich. Mit der Merlot-Ernte wurde in den früheren Gebieten wie Pomerol ab der zweiten Septemberwoche begonnen, die Haupternte der roten Sorten erfolgte in der zweiten Monatshälfte sowie in den ersten zwei Oktoberwochen.

 

Abkürzungen

StEm – Saint-Émilion
StEmGC – Saint-Émilion Grand Cru
StEmGCC – Saint- Émilion Grand Cru Classé

Peter Schleimer