Ein französisches Gericht hat drei Personen wegen Ausbeutung von Erntehelfern in der Champagne zu teils mehrjährigen Gefängnisstrafen verurteilt. Der Fall wurde unter dem Namen „Weinlese der Schande“ bekannt und offenbart gravierende Verstöße gegen Menschenrechte im Umfeld namhafter Champagnerhäuser.

Im Zentrum des Verfahrens stand die Firma Anavim, ein Subunternehmen für Weinbaudienstleistungen. Die Geschäftsführerin wurde vom Strafgericht in Châlons-en-Champagne zu vier Jahren Haft, davon zwei Jahre ohne Bewährung, sowie zu einer sofortigen Inhaftierung verurteilt. Zwei weitere Mittäter, die Erntehelfern in der Region Île-de-France angeworben hatten, erhielten ein Jahr Haft ohne Bewährung sowie weitere Haftstrafen auf Bewährung.

Laut Gericht hatten die Angeklagten rund 50 Arbeitskräfte, meist aus Nordafrika, ohne Papiere unter prekären Bedingungen eingesetzt – bei minimaler oder gar keiner Bezahlung. Die Betroffenen wurden in einem baufälligen Gebäude ohne ausreichende Versorgung mit Wasser oder Lebensmitteln untergebracht, mit lebensgefährlicher Elektrik, verschmutzten Sanitäranlagen und improvisierten Schlafplätzen. Die zuständige Präfektur hatte die Unterkunft nach einer Kontrolle im September 2023 schließen lassen.

„Man hat uns behandelt wie Sklaven“

Der Prozess wurde von Beobachtern als „moderne Form der Sklaverei“ bezeichnet, berichtet die Tageszeitung Le Parisien. Ein Opfer, Camara Sikou, erklärte vor Gericht: „Man hat uns behandelt wie Sklaven.“ Ein anderer, Modibo Sidibe, berichtete: „Sie steckten uns in ein verlassenes Gebäude – keine Nahrung, kein Wasser, nichts. Dann holten sie uns morgens um fünf und wir arbeiteten bis abends um sechs“.

Neben den Urteilen gegen die Angeklagten ordnete das Gericht die Auflösung der Firma Anavim an. Auch ein Auftraggeber, die Weinkooperative Sarl Cerseuillat de la Gravelle aus dem Département Marne, wurde zu einer Geldstrafe von 75.000 Euro verurteilt. Die Staatsanwaltschaft warf der Kooperative vor, sich von „extrem wettbewerbsfähigen Preisen“ blenden zu lassen und so die ausbeuterischen Praktiken indirekt begünstigt zu haben.

Das Urteil wird als deutliches Signal gegen die systematische Ausbeutung von Saisonarbeitskräften in der französischen Landwirtschaft gewertet – gerade in prestigeträchtigen Regionen wie der Champagne, wo der wirtschaftliche Erfolg auf der Arbeit vieler unsichtbarer Hände beruht. Der Fall wirft ein grelles Licht auf die Schattenseiten der Luxusindustrie und die Verantwortung der großen Marken gegenüber ihren Lieferketten.

Quellen: Le Parisien; La Revue du Vin de France; wein.plus.de

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