Weiße „Franzosen“ aus der Grünen Mark: Die exklusive Vinaria Verkostung weißer Burgundersorten aus der Steiermark sendet starke Signale.

Mario Weber- Weingut Kodolitsch © Weingut Kodolitsch

Vinaria hat eine beeindruckende Zahl von Weinen aus den weißen Burgundersorten verkostet: Weißburgunder, Chardonnay/Morillon und Grauburgunder. Die Grüne Mark ist auch bei den weißen Franzosen ganz vorne dabei. 

Auf ihrer Homepage beschreibt die Österreich Wein Marketing GmbH die weißen Weine aus den Burgundersorten der Steiermark so: „Wer körperreichen Wein schätzt, ist mit der Pinot Familie gut beraten. Hier überzeugt der Weißburgunder von kalkreichen Böden mit einem Hauch raffinierter Mineralik. Der Chardonnay, auch Morillon genannt, kann bei aller Frische mitunter schon kräftig ausfallen und wie die besten Grauburgunder (Ruländer, Pinot Gris) auch durch längere Lagerung zulegen.“

Der Name der Rebsorte deutet es an: Weißburgunder stammt aus Burgund in Frankreich, wo er Pinot Blanc heißt. Soll er Top-Qualitäten bringen, stellt er hohe Ansprüche an die Lage und an den Boden. Wegen seiner kompakten Trauben neigt er zu Botrytis. Vordergründigkeit ist dieser Sorte fremd, was aber nicht heißt, die Sortenaromatik sei nicht definierbar. Sie zeichnet sich in der Jugend durch frische, an Birnen und helles Steinobst erinnernde Frucht aus. Mitunter kombiniert mit nussigen Aromen und zarter Kräuterwürze oder floralen Akzenten, die Säure gibt Leben. Im Alter tritt eine nussig-brotige Komponente stärker in Erscheinung.

Morillon aus Morion

Auch der enge Verwandte des Weißburgunders, der Chardonnay, stammt ursprünglich aus dem Burgund. In die Steiermark gebracht wurde er auf Initiative von Erzherzog Johann, wo er als Morillon bekannt wurde. Um die Namensgebung rankt sich eine nette Anekdote: Nachdem die Reblaus Ende des 19. Jahrhunderts gewütet hatte, sollen sich Steirer zur Beschaffung von Reben nach Frankreich begeben und dort den Chardonnay entdeckt haben, der ihnen spontan zusagte.

Sie nahmen Setzlinge von dieser Rebe mit nach Hause. Daheim konnten sie sich aber nicht mehr an die Bezeichnung der Rebsorte erinnern, weshalb sie ihr den Namen jenes Ortes gaben, wo sie die Pflänzchen erworben hatten, nämlich Morion; auf die französische Aussprache wurde verzichtet. Später sei daraus Morillon geworden.

Klar hingegen ist die genetische Übereinstimmung von Chardonnay und Morillon. Bis vor nicht allzu langer Zeit wurde ampelografisch auch kein Unterschied zwischen Weißburgunder und Chardonnay gemacht. Die Rebsorte benötigt warme und tiefgründige Lagen mit guter Wasserversorgung und höherem Kalkgehalt. Dann liefert sie in Kombination mit Ertragsbeschränkung komplexe Weine, die sowohl in Stahltanks als auch in Holzgebinden ausgebaut werden. Auch als Grundwein für Sekt eignet sich Chardonnay vorzüglich.

Der Grauburgunder, der Pinot Gris, gilt als Bindeglied zwischen Pinot Noir und Pinot Blanc. Er wurde wahrscheinlich schon im 13. oder 14. Jahrhundert von Zisterziensermönchen aus dem Burgund nach Österreich gebracht; das früher verwendete Synonym „Grauer Mönch“ nimmt darauf Bezug. In Österreich fristet er ein Nischendasein – völlig zu Unrecht. Die Anbaufläche hat in den vergangenen zwanzig Jahren stetig abgenommen.

Die Sorte ist anspruchsvoll und bevorzugt warme Hanglagen mit tiefgründigen, nährstoffreichen Böden und guter Wasserversorgung. Die Trauben sind anfällig für Botrytis.

Kodolitsch vor Scharl, Harkamp, Potzinger

Den Gesamtsieg hat sich in überzeugender Weise das Weingut Kodolitsch aus Leibnitz mit dem 2019er Chardonnay Alte Reben von der hoch gelegenen Riede Kogelberg geholt. Der Untergrund aus rotem Schiefer prägt diesen Wein, der am Anfang einer vielversprechenden Entwicklung steht.

Der zweite Stockerlplatz geht an das Vulkanland Steiermark, genauer gesagt an den Chardonnay Ried Schemming von Josef Scharl, ebenfalls Jahrgang 2019.

Im Bukett dieses eleganten Weines spielen leise Bodentöne, das Holz ist perfekt eingebaut.

Den dritten Rang teilen sich Hannes Harkamp und Stefan Potzinger. Die beiden Weine könnten unterschiedlicher nicht sein. Der 2019er Morillon Kogelwenzel des Demeter-Winzers Harkamp präsentiert sich gänzlich außerhalb des in der Steiermark Gewohnten. Der Boden aus Muschelkalk kommt mit kreidig-kalkigen Noten zum Ausdruck. Dieser kompakte „Riesenwein“, wie Verkoster Adi Schmid angemerkt hat, erinnert an Naturalwein im besten Sinn.

Der 2020er Weißburgunder Ried Kittenberg von Stefan Potzinger stellt den Gegenpol dar, wenn man so will: hochgradig elegant, feingliedrig und vielschichtig in der Aromatik. Hier macht sich der kristalline Boden des Sausals bemerkbar.

Die großen Lagen-Burgunder aus 2021 kommen erst

Ganz knapp dahinter folgen punktegleich zwei Betriebe aus den Vulkanland Steiermark und ein Südsteirer: Daniel Pfeifer aus St. Anna hat den eleganten 2020er Weißburgunder von der Riede Schemming, die gleichsam eine Kalksteininsel im Vulkanmeer darstellt, ins Rennen geschickt. Das Weingut Krispel aus Straden hat mit dem noblen, von feinem Holz untermalten Weißburgunder Ried Neusetzberg von 2019 gepunktet.

Gleich alt (jung) ist der Chardonnay von Markus Pongratz aus dem südsteirischen Gamlitz; er stammt von der steinigen Lage Hochberg. Auch die weiteren Spitzenplätze teilen sich das Vulkanland und die Südsteiermark, wobei Weißburgunder und Chardonnay deutlich stärker vertreten sind als Grauburgunder; dessen beste Repräsentanten stammen von Daniel Pfeifer und Stefan Krispel. Als Dritter dieser Sorte hat es der 2019er Grauburgunder Privat Kitzeck-Sausal vom Weingut Schmölzer ins Finale geschafft.

Generell hatten die älteren Jahrgänge von 2020 abwärts klar die Nase vorne. Das ist nicht überraschend, weil die besten Riedenweine und Reserven von 2021 noch nicht im Verkauf sind. Dem Gros der 2021er kann man attestieren, gut zu trinkende, sortentypische und astreine Weine zu sein.

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Topliste weiße Burgundersorten aus der Steiermark

18,0     Weingut Kodolitsch                    2019​ Chardonnay Ried Kogelberg Alte Reben
17,5     Charakterweine Josef Scharl    2019​ Chardonnay Ried Schemming
17,4     Weingut Harkamp                      2019​ Morillon Kogelwenzel
17,4     Weingut Potzinger                     2020​ Weißburgunder Ried Kittenberg
17,3     Weingut Krispel                          2019​ Weißburgunder Ried Neusetzberg DAC
17,3     Weingut Pfeiffer                          2020​ Weißburgunder Ried Schemming
17,3     Weingut Pongratz                       2019 ​Chardonnay Ried Hochberg
17,2     Weingut Kodolitsch                    2020​ Weißburgunder Ried Rosengarten
17,2     Weingut Platzer                           2020​ Chardonnay Ried Aunberg Privat
17,1     Weingut Fischer                           2019 ​Ried Stradenberg Alte Reben
17,1     Weingut Frauwallner                  2019​ Chardonnay Ried Eisenberg
17,1     MUSTER.gamlitz                           2019​ Chardonnay Ried Grubthal
17,1     Weingut Potzinger                       2020​ Morillon Ried Wielitsch Kapelle
17,1     Landesweingut Silberberg         2020​ Weißburgunder Ried Annaberg

Hannes Harkamp © Weingut Harkamp
Josef Scharl mit seiner Familie © Weingut Josef Scharl
Reinhard Muster © Weingut MUSTER.gamlitz
Winzerfamilie Platzer, vlnr Katharina, Robert, Gabriela, Florian, Manfred und Maria © Foto Schleich
Carmen und Bernhard Frauwallner © Weingut Frauwallner
Stefan Krispel © Weingut Krispel
Alois Gollenz © www.kacy.at
Hans-Peter Temmel vom Weingut Felberjörgl © Johannes Sommer
Lisa & Fritz Frühwirth © Weingut Frühwirth
Harald Lieleg vom Kollerhof © Michael Körbler
Walter Skoff aus Gamlitz mit seiner Eva © Weingut Skoff Original
Stefan Müller © Weingut Müller Klöch
Sabine und Markus Pongratz © Karin Bergmann
Daniel Pfeifer & Lisa Krispel © The Flow | Alex Koch
Die Weinmacher von Silberberg, vlnr Karl Menhart, Reinhold Holler, Klaus Fischer © Apresvino
Stefan Potzinger © Weingut Potzinger