Einen großen Coup bereitet der Guide Michelin vor, der in diesem Jahr sein 125-jähriges Jubiläum als Restaurantführer feiert und ungebrochen im Besitz des französischen Reifenkonzerns Michelin steht: nach dem ersten weltweiten Hotelguide (mit den roten Keys) sollen bald Weinbewertungen folgen.

Das kündigte der Generaldirektor des Guide Michelin, Gwendal Poullennec, vor wenigen Tagen in Frankreich an. Gerechnet hatte man damit in Fachkreisen schon länger, zumal Michelin mittlerweile Alleineigentümer des wichtigsten Weinkritikers der Welt ist, der Robert Parker Wine Advocate Gruppe. Seit dem Jahr 2019 gehört Parker zum Michelin Reich.

Michelin ist auch Eigentümer von Robert Parker Wine Advocate

"Die Marke Michelin ist viel mächtiger", tönt es aus dem Michelin Management, das aber langfristig an der Marke Robert Parker und/oder des Wine Advocate (so nennen sich die Parker Publikationen) festgehalten will. Schliesslich habe die Marke RR (Robet Parker) einzigartigen Weltruf bei Weinbewertungen.

Michelin hat durchaus vor, mit seinen künftigen Weinbewertungen die Branche durcheinander zu wirbeln, die derzeit meist von starken nationalen Weinführern dominiert wird – etwa La Revue du Vins de France, Vinum in der Schweiz und Deutschland, Vinaria in Österreich, Gambero Rosso in Italien. Einen Weltweinführer gibt es hingegen nicht.

Bald Rote Gläser für die besten Weine?

Ob Michelin für künftige Weinbewertungen eher das 100 Punkte System von Parker heranziehen wird oder das System der 3 Roten Symbole (Sterne für Restaurants, Keys (Schlüssel) für Hotels) bleibt vorerst offen. Die Symbole würden zur Konzernstrategie passen. Vorstellbar, dass Michelin Symbole von 1 bis 3 verwendet, Parker bei seinen Punkten bleibt.

Der Reifenkonzern trimmt seine Guide-Gruppe ganz auf Expansion und Diversifizierung: im Jahr 2018 wurde Tablet Hotels, ein Spezialist für die Empfehlung und Buchung von Charme- und Luxushotels, übernommen. Daraus resultierend erfolgte Michelins Einstieg in den Hotelbuchungssektor im Jahr 2024. Was durchaus pikant ist, wenn eine auf gehobene Häuser spezialisierte Hotelbuchungs-Plattform denselben Eigentümer hat wie ein Hotel Guide, der global relevante Bewertungen vergibt. Unvereinbarkeiten werden bestritten, können sich aber leicht ergeben.

Im Restaurantbereich biete Michelin schon seit einigen Jahren Tischreservierungen an, die vor allem über die Michelin App genutzt werden. Im Gegenzug für gebuchte Reservierungen erhält der Führer eine Provision zwischen 10 und 15 Prozent, "niedriger als das, was die großen Hotelbuchungsplattformen verlangen", so Poullennec: aber viel interessanter als das, was Restaurantreservierungen in Zusammenarbeit mit Plattformen wie The Fork oder Open Table einbringen. Die Rankings ermöglichen es dem Guide auch, für sein Reservierungssystem zu werben, selbst wenn auf der Trennung zwischen den Verkaufsteams und den für die Auswahl Verantwortlichen ausdrücklich bestanden wird. Das Modell ist nicht frei von Kritik.

Partnerschaften mit Regierungen wie in Österreich

Der Guide Michelin geht Partnerschaften mit bestimmten Ländern, Metropolen oder Regionen ein (derzeit rund 40), "wenn die lokale kulinarische Szene als ziemlich reif gilt", erklärt Julianna Twiggs, Leiterin dieser internationalen Partnerschaften. Dies ist zum Beispiel auch in Österreich der Fall, wo der Guide Michelin 2025 nach 16 Jahren Pause wieder in den Markt eintrat. Über die Österreich Werbung und die Landestourismus Organisationen wurde ein Deal geschlossen, der Michelin über drei Jahre knapp eine Million Euro einbringt. Zukunft danach offen. Die nächste Länder-Kooperation steht in Saudi-Arabien, wo es Ende dieses Jahres eine erste Auswahl an Restaurants geben wird. 

Dabei soll die Zukunft online sein: "Wir behalten den Papierführer in historischen Ländern bei, aber er ist für unser Wirtschaftsmodell vernachlässigbar. Unsere beiden Haupteinnahmequellen sind heute Partnerschaften mit Regierungen, die ihre Reiseziele oder Marken und Reservierungen, insbesondere Hotels und Gastronomie, bewerben wollen", sagte Gwendal Poullennec. Nach mehreren Jahren der Schwierigkeiten zu Beginn der 2000er Jahre sei der Führer nun profitabel und ermögliche es, in seine Zukunft zu investieren. Michelin ist heute mit seinen Führern in 70 Ländern rund um den Globus präsent.

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