Neben den Lagenklassifikationen bekannter internationaler Weinbaugebiete haben sich des Themas private Winzervereine angenommen, vom VdP über ÖTW und STK bis zu den Eruptionswinzern.

Verband deutscher Prädikatsweingüter

In Deutschland regt sich schon seit Jahren Widerstand gegen die im Weingesetz verankerte Qualitätsklassifizierung nach Zuckergraden. Der Verband deutscher Prädikatsweingüter (VDP) hat als Verein reagiert und eine vierstufige Qualitätspyramide für trockene Weine eingeführt.

Die Basis bilden die Gutsweine. Darüber angesiedelt sind die Ortsweine, die aus gebietstypischen Rebsorten und guten Weinbergen innerhalb eines einzigen Ortes stammen. Die Angabe von Rieden ist Ersten und Großen Lagen vorbehalten, sie sind parzellengenau abgegrenzt.

Dazu die Prädikatsweingüter wörtlich: „Es sind die Böden, das Licht und der Schatten, der Wind, die Hitze oder Kühle, die Weine außergewöhnlich machen, ihnen Persönlichkeit und Charakter geben können. Die Winzer im VDP analysieren diese Gegebenheiten genau, ziehen dazu auch alte Lagenkarten zurate, suchen nach den jeweils passenden Rebsorten und bewerten auf dieser Grundlage die Weinberge.“ Und weiter heißt es dort, dass die Klassifikation keinen weingesetzlichen Status besitzt, sondern auf privatrechtlichen Regelungen des VDP beruht.

Österreichische Traditionsweingüter

Durch den Verein „Österreichische Traditionsweingüter“ (ÖTW) wurde die Lagenklassifizierung seit seiner Gründung im Jahr 1992 thematisiert. Von Anfang an ging es um das Zusammenspiel von Böden, Klima und Rebsorten.

Geologen, Önologen und Ampelografen werden beigezogen. Der VDP dürfte Vorbildwirkung gehabt haben. Fast 20 Jahre nach ihrer Gründung setzten die ÖTW im zweiten Anlauf einen für die Alpenrepublik markanten Schritt: Sie begannen mit der Lagenklassifizierung.

Neben den Ersten Lagen sehen die Statuten auch Große Erste Lagen vor, aber die wurden bislang nicht klassifiziert. Heute gehören dem Verein 62 Betriebe in den Weinbaugebieten entlang der Donau an. „Unser Ziel besteht in einem vergleichbaren System für den gesamten deutschsprachigen Raum. Die Kunden hätten es dann viel leichter“, erklärte Michael Mossbrugger von Schloss Gobelsburg.

Nach der Klassifikation von 2019 dürfen 81 Rieden das Prädikat „Erste Lage 1ÖTW“ führen. Es handelt sich um die traditionellsten Sorten des Donauraums, jeweils trocken ausgebaut. Die Bewertung der Lagen wird als dynamisches Vorhaben aufgefasst. Auf längere Sicht soll die Klassifikation im Weinrecht verankert werden.

Steirische Terroir- und Klassikweingüter

Als sich im Jahr 1986 die Gruppe der Steirischen Klassik-Winzer formierte, ging es primär um Qualitätskriterien mit dem Ziel, Regeln für herkunftstypische Weine festzulegen. Mittlerweile steht das Kürzel STK für „Steirische Terroir- und Klassikweingüter“.

Mit dieser Namensänderung verlieh man den Einzelrieden mehr Gewicht. Nach genau definierten Kriterien, denen sich jeder der zwölf Mitgliedsbetriebe vertraglich unterwirft, werden Erste STK Lagen (1STK) und Große STK Lagen (GSTK) festgelegt.

Mit „Große STK Ried“ gekennzeichnete Weine haben laut Vereinsstatuten eine Marktpräsenz seit mindestens zehn Jahren und sind für mehr als 20 Jahre lagerfähig. Sie dürfen frühestens nach 18 Monaten Ausbau in den Verkauf kommen, für 1STK-Weine sind es elf Monate. Sie müssen mindestens fünf Jahre auf dem Markt präsent sein, und die Lagerfähigkeit muss mit mehr als 15 Jahren prognostiziert werden. Welche Rieden in diesen imageträchtigen Kreis aufgenommen werden, entscheidet der Verein.

Vulkanland Steiermark

Den vorläufigen Schlusspunkt im Reigen der Lagenklassifikationen in Österreich setzten im Frühjahr 2021 die Eruptionswinzer, ein Verein von neun erfolgreichen Betrieben im Vulkanland Steiermark. Sie ließen Rieden vom Lacon-Institut zertifizieren, das in Deutschland und Österreich tätig ist und als Spezialist für Zertifizierungen im Landwirtschafts- und Ernährungsbereich gilt.

An der Spitze stehen die Großen Lagen, gefolgt von den Ersten Lagen, dann kommen die „normalen“ Rieden, die Basis der Produktpalette bilden die Orts- und Gebietsweine. Für die beiden obersten Riedenkategorien braucht es eine außergewöhnlich gute Bodenbeschaffenheit, es zählen Art und Alter der Rebstöcke, die geodätische Höhe der Riede, ihre Exposition und das Mesoklima – nebst der Arbeit des Winzers.

Im Bewertungsschema muss eine Große Lage mindestens 90 Punkte von 100 aufweisen, eine Erste Lage 75. Der Ertrag ist mit 3.750 Litern pro Hektar bei Großen Lagen limitiert, bei Ersten Lagen sind es 4.875 Liter. Jede Flasche trägt das entsprechende Siegel.

Rechtliche Bestimmungen

Was auf dem Etikett stehen muss oder darf, regelt in Österreich die Weinbezeichnungsvorordnung (WeinBVO). In § 1 Absatz 1 heißt es, dass Begriffe wie „Erste Lage“ oder „Große Lage“ Bezeichnungen für Qualitätswein aus Rieden sind, die den Bedingungen entsprechen, welche vom Nationalen Weinkomitee zu beschließen sind.

Sie müssen also von einer Körperschaft öffentlichen Rechts abgesegnet sein. Einen Ausweg bietet Absatz 7: Marken, die den Eindruck einer Pseudoherkunftsbezeichnung erwecken, sind dann erlaubt, „wenn sie nachweislich schon vor dem Jahr 2007 verwendet und bis zum Ende des Weinwirtschaftsjahres 2014/2015 (31. Juli 2015) zur Eintragung als Marke beim Patentamt angemeldet wurden und am Etikett entsprechend als Marke (®) gekennzeichnet sind“. Aus diesen Vorschriften ist abzuleiten, dass eine Lagenklassifizierung auf der Basis von Rechtsakten sinnvoll wäre.

Pro und Kontra

Es ist unbestritten, dass sich einige wenige Rieden qualitätsmäßig vom Gros der Weingärten abheben, zweifellos Lagen, die erstrangig oder groß sind. Gut informierte Zeitgenossen kennen sich aus und wissen auch ohne den Zusatz „Erste Lage“ oder „Große Lage“, welches Potenzial eine Riede hat.

Weniger gut informierte glauben vielleicht, eine Riede ohne einen solchen Zusatz sei weniger wert.

Die Vinea Wachau setzt auf dieses Wissen und verzichtet bislang auf eine Klassifikation. Dazu kommt, dass Qualität und Lagenstatus nicht immer Hand in Hand gehen. Wer sich bei den Weinen Burgunds auskennt, weiß, dass die Bezeichnung „Grand Cru“ noch lange keine Garantie für einen großen Wein ist, eher für einen hohen Preis. Als Marketing-Instrument taugt eine Lagenklassifizierung aber auf jeden Fall.