Rechtzeitig vor dem vergangenen Wochenende hat der traditionsreiche Wiener Feinkosttempel Meinl am Graben nach halbjährigem Umbau neu eröffnet. Kein Stein blieb am anderen, Stammkunden werden sich trotzdem wiederfinden.

Der größte Umbau beim Meinl seit 22 Jahren bringt ein grundsätzliches Facelifting mit sich. Das antiquierte Mobiliar wich modernster Ausstattung, viele Sortimentsbereiche wurden neu gewichtet, vergrößert (etwa Frischware, Fisch, Fleisch), aber auch verkleinert (etwa das Tiefkühlsortiment). Vieles findet sich an den über Jahrzehnte angestammten Plätzen wieder. Unter dem Motto „Alles wird besser“ nahm Meinl den Umbau in Angriff, der Erhaltung des Charmes dieses Geschäfts und des Meinl-Flair galt oberste Priorität.

Auf Dauer geschlossen bleiben das Restaurant im ersten Stock mit dem unvergleichlichen Blick über den Graben und die Weinbar im Untergeschoss, Eingang Naglergasse. Sieben Millionen Euro wurden investiert, aus Eigenmitteln, wie seitens Meinl-Vorstand Herbert Vlasaty und Meinl am Graben-Geschäftsführer Udo Kaubek betont wurde. Mit der Neueröffnung ging der ebenfalls neue Onlineshop ins Angebot. Die Dachmarke über alles ist künftig „House of Julius Meinl“.

Der Eingang wurde etwas nach links gerückt, wo zuvor der Schanigarten des Cafés platziert war; der Outdoorbereich bleibt aber bestehen. Der Eyecatcher Stiege vom Erdgeschoß ins Obergeschoss dominiert weiterhin die erste Etage, wurde aber völlig neu gestaltet. Der Wein übersiedelte in den ersten Stock. Das Take Away Angebot bleibt erhalten. Quer durch das Sortiment zieht sich mehr Regionalität mit noch mehr Spezialitäten von Nischenanbietern höchster Güte.

Der Mohr ist Geschichte

Das Facelifting macht auch vor Logo und Farbenwelt (viel Türkis, pardon: Petrol-Grün, davor Rot) nicht halt. Der aktuellen politischen Diskussion musste auch der jahrhundertealte Meinl-Mohr weichen. Verblieben ist lediglich die Strichzeichnung der orientalischen Kopfbedeckung Fez. Das mag dem gesellschaftspolitischen Trend geschuldet sein, in allem und jedem einen Hauch von Rassismus zu erkennen. Sachlich begründet ist es freilich nicht, stellte doch die alte Meinl-Marke eine wertvolle Benchmark dar und war historisch frei von jeder Belastung.

Match im Gourmet-Bermudadreieck

Der neue Meinl am Graben matcht sich künftig mit dem im Sommer eröffneten Nobel-Interspar am Schottentor, im Komplex der ehemaligen Hauptanstalt der Creditanstalt (CA; danach Bank Austria). Dritter Player ist der im Frühjahr umgeflaggte Billa Corso Hoher Markt, davor das Exklusiv-Outlet der Merkur-Märkte mit riesigem Feinkostbereich. Alle drei sind voneinender nur wenige hundert Meter Luftlinie entfernt.

Die Frischware und das Fleischsortiment bekamen mehr Platz. © Julius Meinl am Graben GmbH / APA-Fotoservice Rastegar
Heller, freundlicher, mehr Platz: das Innenleben beim Meinl am Graben. © Julius Meinl am Graben GmbH / APA-Fotoservice Rastegar
Der Wein ist nun im ersten Stock zu finden, die Weinbar wurde geschlossen. © Julius Meinl am Graben GmbH / APA-Fotoservice Rastegar
Neues Logo ohne Mohr, nur mit Fez: Vorstand Herbert Vlasaty, Wiens Wirtschaftsstadtrat Peter Hanke, Meinl am Graben-Geschäftsführer Udo Kaubek (v.l.) © Julius Meinl am Graben GmbH / APA-Fotoservice Rastegar
Die markante Stiege ist neu, aber am alten Platz. © Julius Meinl am Graben GmbH / APA-Fotoservice Rastegar
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