Eine veritable Stichprobe großer Süßweine aus Österreich und eines deutschen Flights konnte Vinaria kürzlich verkosten. Mit interessanten Rückschlüssen auf Haltbarkeit und Geschmacksbilder.

So zufällig die Auswahl erscheinen mochte, so sehr gab diese doch einen Überblick über die Entwicklung der Süßweine aus den wichtigsten österreichischen Herkünften seit Mitte der 1990er-Jahre. Damals - 1995 - wurden beispielsweise in der Wachau nach jahrzehntelanger Pause erstmals wieder Süßweine gefüllt. In den Jahren und Jahrzehnten danach besannen sich gute Winzer in fast allen Weinbauregionen der Faszination gut gemachter Süßweine.

In der Verkostung von gut 35 Süßweinen blieben nachhaltige Impressionen zurück, die nicht vorenthalten sein sollen:

So präsentierte sich eine ganze Phalanx an Weinen von Willi Bründlmayer durch die Jahrzehnte geradezu beeindruckend: Selbst alte Trockenbeerenauslesen vom Grünen Veltliner - sonst wegen seines im Alter eher schwachen Säuregerüsts eher gefürchtet bei Prädikatsweinfans - zeigten sich von ihrer besten Seite. TBA GV 1997, 1998, 2000 und 2004 boten nach wie vor hohen Trinkgenuss, sogar Frische und viel Animo bei guter Struktur und Länge. Diese Vertreter sind noch lange nicht am Ende ihres Weinlebens.

Gleiches gilt für eine Serie von Riesling-TBA vom Heiligenstein, 1998 bis 2009, aus dem Hause Bründlmayer und einem geradezu beeindruckenden 3er-Flight an Muskateller-TBA (2000, 2004, 2009). Etliche Flaschen mit Süßweinkunst in Vollendung. Ebenfalls interessant: Nur eine einzige Flasche der Bründlmayer-Serie hatte gekorkt.

Das konnte man bei den Vertretern aus der Wachau nicht gerade sagen, wiewohl es auch aus dieser Herkunft überraschend schöne, frische Süßweine älterer Jahrgänge mit noch beachtlicher Säurestruktur zu verkosten gab. Eine wunderbare Riesling Kellerberg-TBA 2006 etwa von F.X. Pichler, ein wahrhaft großer Wein mit allen Attributen eines solchen aus großem Jahrgang.

Oder eine Knoll-Serie Riesling Pfaffenberg-TBA (2004, 2009, 2013), wobei man nachsehen möge, dass dieser Wein die Herkunft Kremstal trägt, ist er doch der Nachbarweinberg vom Loibenberg, hart hinter der Grenzlinie zum Weinbaugebiet Wachau. Aber eben gemacht im Hause von Emmerich Knoll in Loiben. Die Wachauer Velltiner taten sich im Vergleich wesentlich schwerer, vor allem in Jahren mit ausgeprägter Botrytis hatten die meisten Sortenvertreter ihr Weinleben bereits hinter sich.

Im Burgenland war eine "Bank" von Süßwein-Zampano Kracher im Rennen: 1994 Beerenauslese Nouvelle Vague, die ihren Zenit schon deutlich überschritten hatte sowie zwei herrliche Welschriesling Trockenbeerenauslesen aus 2008 (No. 10) und 2013 (No. 8), die auch heute noch in jeder Prädikatsverkostung exzellente Figur gemacht hätten mit ihrer einmaligen Kombination aus Frucht, Frische, Strktur, Fluss und Länge.

Überraschend gut gehalten, wenn auch am Ende des Lebenszyklus angelangt: Die Spätlese Quartett 1997 (!) von Feiler-Artinger, ein Brot- und Butterwein, Lagencuvée aus Burgundersorten. Kurt Feilers bis heute günstigster Süßwein im Sortiment, abgefüllt in der 0,75 Liter-Flasche, immer ein Tipp.

Sattlerhof-TBA als Star der Verkostung

Die Steiermark brachte ebenfalls beachtliche Ergebnisse in die Kostgläser, wobei die Entwicklung des Süßwein-Know-hows im südlichsten Weinbaugebiet deutlich schmeckbar war. Die Vertreter aus den 1990er-Jahren waren großteils bereits "hinüber", während die Weine aus den Nullerjahren (ab 2000) durchaus Charme und Genussfreude versprühten.

Absoluter Star des Abends war zweifellos ein aktueller Winner: Die 2017 Sauvignon Blanc Trockenbeerenauslese vom Sattlerhof, Meisterwerk des jungen Andreas Sattler und zuletzt Sieger der großen Vinaria Prädikatsweinverkostung 2021; zudem Gesamtsieger Silber der Degustation "Die andere Steiermark, Weine abseits von DAC". Eine Weltklasse-TBA für unbegrenze Freude und ebensolches Potenzial.

Zu Gast aus Deutschland war ein Riesling-3er-Flight: Der 2009 Uhlen Auslese von Heymann-Löwenstein (Mosel) zeigte sich leider von Botrytis erschlagen, ist sonst eine Bank. Der Preis-Leistungs-Riesling Auslese 2017 Juffener Sonnenuhr von Frtz Haag (Mosel) präsentierte sich unkonventionell prächtig und vielseitig wie immer, echter Trinkgenuss aus der 0,75 Liter-Flasche. Eine Klasse für sich die 2018 Riesling Auslese Felseneck Großes Gewächs von Schäfer-Fröhlich (Nahe).

Verkostet haben unter anderen Christian Thiery (Schloss Dürnstein), Sepp Knorr (Kellermeister a.D., Bründlmayer), Franz-Josef Gritsch (Mauritiushof, Spitz), Jungwinzer Simon Gattinger (Loiben) und Erwin Goldfuss (Vinaria).